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Twig im Dunkelwald

Twig im Dunkelwald

Titel: Twig im Dunkelwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Stewart
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immer tiefer. Seine messinggelben Augen richteten sich auf das Vorratslager im Baum: so nah und doch so fern …
    Das Grün unter Twig wurde zu Braun. Er sah genauer hin. Der Wald hatte sich hier gelichtet und war über weite Strecken ganz abgestorben. Lange, ausgebleichte Baumskelette lagen quer über dem glitzernden Boden. Einige wenige Bäume standen noch. Ihre toten Äste ragten nach oben wie Knochenfinger, die sich in die Luft krallten.
    Ein ohrenbetäubendes Krachen ertönte. Der Kokon war gegen das Ende eines toten Asts geprallt. Twig wurde umgeworfen, sein Kopf schlug gegen die Schale und das Gehäuse fiel nach unten – immer tiefer und tiefer.
    Twig drehte sich der Magen um und seine Eingeweide drückten nach oben. Er kniff die Augen zu, holte tief Luft und machte sich auf den Aufprall gefasst.

    Doch mit einem nassen Schmatzen landete der Kokon auf etwas Weichem, das noch im selben Moment wie feinkörnige Schokolade durch die Risse hineinsickerte. Twig steckte einen Finger in die braune Substanz und hielt ihn an die Nase. Es war Schlamm. Dicker Schlamm. Er war mitten in einem Sumpf gelandet.
    Schwankend langte er nach oben, schob die Finger in den größten Spalt und zerrte daran um ihn zu verbreitern. Der Schlamm reichte ihm bereits bis zu den Knöcheln. Zunächst rührte sich nichts. Die teergetränkten Fasern des Kokons waren immer noch steinhart und der Schlamm ging Twig jetzt bis zu den Knien.
    »Mach schon!«, rief er.
    Die Ellbogen an die Wand gestützt, versuchte er den Riss aufzustemmen. Die Adern an seinen Schläfen schwollen an, seine Armmuskeln traten hervor. Dann plötzlich stand er im hellen Licht, die Schale war endlich auseinander gebrochen.
    »O nein«, rief er. Das größere Stück des Gehäuses hatte sich aufgerichtet und versank im Sumpf. »Was jetzt?«
    Seine letzte Hoffnung war das kleinere Stück, das noch flach auf der Oberfläche trieb. Vielleicht konnte er draufklettern und es als provisorisches Boot nutzen.
    Am Himmel über sich hörte Twig wütendes Kreischen. Er sah auf. Über seinem Kopf kreiste ein Ekel erregendes Geschöpf und starrte ihn aus gelb funkelnden Augen an. Schwarze, ledrige Schwingen, die schweißnass glänzten, schlugen knatternd in die Luft. Dann plötzlich setzte es zum Sturzflug an und im nächsten Moment spürte Twig, wie scharfe Klauen seinen Kopf streiften und einige Haarbüschel ausrissen.
    Der Vogel stieg auf, wendete und setzte erneut zum Sturzflug an. An seinem langen Rüssel hingen zähe grüne Speichelfäden. Diesmal duckte Twig sich rechtzeitig. Das Tier strich dicht über ihn hinweg, kreischte wieder und bespritzte ihn mit stinkender Galle.
    Twig würgte, doch sein Magen war leer. Er hörte, wie das Knattern der Flügel leiser wurde. Die widerwärtige Kreatur entfernte sich. Als er wieder aufblickte, hockte sie auf der Spitze eines abgestorbenen Baums, der sich schwarz vom milchigen Morgenhimmel abhob. An einem Ast des Baumes hingen zahlreiche Kokons, gefüllt mit faulender Nahrung. Twig seufzte erleichtert. Der Vogel hatte aufgegeben. Er würde nicht dasselbe Schicksal erleiden wie seine Vorgänger.

    Doch schon im nächsten Augenblick schlug seine Erleichterung in Panik um. »Ich versinke!«, schrie er.
    Er klammerte sich an das kleinere Stück der Schale und versuchte verzweifelt sich daran hochzuziehen. Doch jedes Mal, wenn er sich am Rand der Schale hochstemmte, drohte sie zu kippen und lief noch mehr mit Schlamm voll.
    Beim dritten Versuch versank sie ganz.
    Der Schlamm reichte ihm jetzt bis zum Bauch und stieg stetig weiter. Twig schlug mit den Armen um sich und strampelte mit den Beinen, was ihn nur noch tiefer in den Sumpf hinunterzog.
    »Ach, Schleimschmeichler!«, jammerte er. »Was soll ich denn tun?«
    »Ruhe bewahren, das ist das Wichtigste«, sagte eine Stimme.
    Twig stockte der Atem. Da war offenbar jemand und sah seelenruhig zu, wie er im Schlamm erstickte. »Hilfe!«, schrie er. »SO HILF MIR DOCH!«

    Er drehte sich um, so gut er konnte, eine Bewegung, die ihn wieder einige Zentimeter kostete. Der Schlamm reichte ihm jetzt über die Brust und kroch an seinem Hals hoch. Ein kleiner, knochiger Kobold mit flachem Kopf und gelber Haut lehnte an einem toten Baum und kaute auf einem Strohhalm.
    » Ich soll Euch helfen?«, sagte er in einem näselnden Singsang.
    »Ja, natürlich«, rief Twig. »Du musst mir helfen.« Der Morast lief ihm in den Mund und in den Hals und er musste husten.
    Der Kobold grinste einfältig und warf den

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