Twin Souls - Die Rebellin: Band 2 (German Edition)

eine Lichterkette hing. Das Kabelende lag neben der obersten Stufe, und Addie beugte sich hinunter, um sie einzustecken.
    Der ganze Dachboden wurde von einem sanften Schimmer erhellt. Zwei verknautschte, verblichene Sofas lehnten über Eck aneinander. Aus dem dunkelgrünen quoll gelbes Füllmaterial. Anfangs fragte ich mich, wie um alles in der Welt es jemandem gelungen war, sie hier hochzukriegen. Dann bemerkte ich Schrauben an den Stellen, wo man die Sofarahmen voneinander trennen konnte. Eine große Lampe stand in der Ecke gegenüber von einem kleinen Fenster, das auf die Straße hinausging. Der Vorhang, der davorhing, erschwerte uns die Sicht.
    Einer nach dem anderen stieg hinter uns her. Cordelia machte die Lampe an, wodurch es auf dem Dachboden noch heller wurde. Es war nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Es gab nur ein Zimmer, aber es war groß genug, um sehr viel mehr als unsere sechs Körper zu beherbergen. Die schwül-warme Luft war unangenehm, aber auszuhalten.
    » Also « , sagte Sabine, sobald wir uns alle einen Platz gesucht hatten. Sie saß im Schneidersitz auf dem grünen Sofa und besaß mehr Ähnlichkeit mit einer Tänzerin als je zuvor in ihren dunkelgrauen Leggins und dem verblichenen T-Shirt. Ihr Blick fiel auf Devon, dann auf Addie und mich. » Einer von euch macht den Anfang. Erzählt uns was von euch. «
    Natürlich sagte Devon nichts. Addie umfasste den Milchshake mit beiden Händen. » Wir sind beide aus Lupside. Ich … «
    » Lupside? « Cordelia kuschelte sich halb sitzend an Sabine. Ihr Lächeln war verträumt, aber ihr Blick hellwach. » Hast du da nicht auch eine Weile gewohnt, Christoph? «
    Christoph nickte. » Zwei Jahre lang, als ich in der Grundschule war. «
    Bevor Addie und ich dorthin zogen also. Zu der Zeit lebten wir immer noch in unserer alten Wohnung und begannen gerade erst zu realisieren, wie extrem merkwürdig es war – wie furchtbar schrecklich –, dass wir noch keinen Frieden gefunden hatten.
    » Warst du je im Geschichtsmuseum? « , fragte Addie.
    Christoph hatte ein liebes Gesicht, wenn er nicht gerade finster guckte. Er wirkte jünger, mit der schmalen Statur und den blassen Sommersprossen. Er hatte aufgehört, so herumzuzappeln, als sei er eine Bombe, die jeden Moment explodieren konnte.
    » Jedes Jahr. Hängt da immer noch dieses ätzende Plakat? Das angeblich echte von neunzehnhundertirgendwas mit den verdrehten Hybridkörpern drauf? « Er verzog das Gesicht, hob die Arme und krümmte die Hände zu Klauen und brachte Cordelia damit zum Lachen.
    Ich erinnerte mich an das Plakat. Christophs Darstellung war nicht besonders übertrieben. Das ganze Museum war dem Kampf zwischen Hybriden und Nicht-Hybriden gewidmet. Es deckte alles ab, von der Sklaverei, die den Einzelseelen aufgezwungen worden war, als sie mit Schiffen in die Americas verschleppt wurden, bis hin zur großen Revolution, die darauf folgte, und die Jahre der Schlachten auf amerikanischem Boden zu Beginn der Großen Kriege.
    Addie erzählte den anderen von der Überschwemmung und dem Feuer, die bei unserem letzten Besuch Teile des Museums zerstört hatten. Sie zögerte, dann erläuterte sie, wie alles einem hybriden Mann angelastet worden war. Sie beschrieb den Mob, der sich bei seiner Festnahme versammelt hatte, gedrängelt, getrampelt und getobt hatte wie Zuschauer bei einem blutigen Faustkampf.
    » Ich wollte schon immer mal an die Ostküste fahren « , sagte Cordelia. » Das Meer dort sehen, wisst ihr? «
    Sabine verdrehte die Augen, wenn auch nachsichtig. » Ich bin sicher, der Ozean dort sieht genauso aus wie hier. «
    » Nein, das glaube ich nicht « , sagte Cordelia. » Oder, Addie? «
    » Ich weiß es nicht « , gab Addie zu. » Lupside liegt nicht am Meer und ich bin nie dort gewesen. «
    » Eines Tages werde ich dorthin fahren. Sobald ich genug Geld für den Flug gespart habe. « Sie sah Jackson an. » Vielleicht kriege ich Peter dazu, mich hinzuschicken. Er hat dir schließlich auch den Flug nach Nornand spendiert. «
    » Er hat mir den Flug nach Nornand bezahlt, damit ich dort arbeite «, betonte Jackson.
    Cordelia zuckte träge mit den Achseln. » Klar. Tja, ich bin überzeugt, es gibt auch an der Ostküste Anstalten. Eines Tages fahre ich dorthin, egal, wie ich es anstelle. «
    » Willst du stattdessen nicht den … ich weiß auch nicht, den Indischen Ozean sehen? « , fragte Jackson. » Oder die Adria? « Er lächelte Cordelia mit hochgezogenen Augenbrauen an. » Das Adriatische