Twin Souls - Die Rebellin: Band 2 (German Edition)
grinste und hob ein eingebildetes Glas zum Toast. » Also dann: auf die Freaks. «
Kapitel 10
Jackson blieb noch ein wenig länger, um zu quatschen, aber er war mit Christoph zum Mittagessen verabredet. Er verließ uns mit einem Lächeln auf den Lippen und den Worten: » Bist du sicher, dass du nicht mitkommen möchtest? « Es war verführerisch. Dass wir die Wohnung in den vergangenen zwei Tagen so oft verlassen hatten, hatte unsere Sehnsucht nach frischer Luft nicht gemildert. Wenn überhaupt, war sie dadurch nur noch größer geworden. Aber Emalia war bei Peter, nicht bei der Arbeit. Sie konnte jeden Moment nach Hause kommen und wir durften dann nicht verschwunden sein. Also zog Jackson allein los.
Addie war noch lange, nachdem er gegangen war, sehr still, ihre Bewegungen waren langsam, als wir duschten und uns anzogen. Der Dampf, der von dem heißen Wasser aufstieg, sorgte dafür, dass wir wieder schläfrig wurden und etwas benommen.
Wir kamen gerade aus dem Bad, als Addie sagte:
Schock durchrieselte mich.
Ich bemühte mich, meine Begeisterung niederzuringen – oder sie zumindest vor Addie zu verbergen. Ich wagte nicht zu fragen, warum sie ihre Meinung doch noch geändert hatte. Vielleicht hatte das Zusammentreffen mit Sabine und den anderen sie bewegt, so wie es mich bewegt hatte. Vielleicht war sie endlich so weit, ein neues Kapitel aufzuschlagen, sich eine noch unbekannte Art von Normalität zu erkämpfen.
Addie schob unser Kopfkissen ans Kopfende des Bettes und lehnte sich dagegen. Die feuchten Haare klebten in unserem Nacken. Unsere Brust hob und senkte sich mit einem bebenden Atemzug.
Aber ihre Stimme war leise, zögernd. Ängstlich, wurde mir klar, und ich hätte beinah gesagt: Nein, nein, tu es nicht, Addie. Tu es nicht, wenn du Angst davor hast. Das Letzte, was ich wollte, war, dass Addie Angst hatte. Unsere Zähne schabten an unserer Unterlippe. Als sie erneut sprach, klang ihre Stimme fester.
Als wir dreizehn waren? Ich war damals so wütend gewesen – ich hatte nicht einmal gewusst, was ich tat. Ich hatte einfach überall sonst sein wollen, nur nicht da, wo ich in diesem Augenblick war. Es war das Jahr gewesen, in dem Lyle krank geworden war. Addie und ich hatten uns gestritten und in jenem Moment war alles zu viel für mich geworden. Ich hatte mich danach gesehnt, rein gar nichts mehr zu fühlen, mich von der Welt loszusagen und mich wie morgendlicher Dunst in der Sonne aufzulösen.
Addie überließ mir die Kontrolle über unseren Körper, während ich mein Bestes gab, es ihr zu erklären. Mein Ringen darum, ruhig und gleichmäßig zu atmen, ließ unsere Brust erzittern.
Es wird wahrscheinlich gar nicht klappen, redete ich mir in dem Versuch, mich zu beruhigen, ein.
Was in Ordnung ging. Addie hatte sich einverstanden erklärt, es zu versuchen, und das war das, was zählte. Wir würden bei diesem Anlauf nichts erreichen, aber Addie hatte sich einverstanden erklärt, es zu versuchen, und es würde andere Gelegenheiten geben, und früher oder später würde sie …
Plötzlich hatte ich das Gefühl, in unserem Innern zerplatze ein Ballon.
Im nächsten Augenblick war Addie verschwunden.
Ich schrie ihren Namen nicht.
Das war die Reaktion, mit der ich gerechnet hatte, gegen die ich mich gestählt hatte: der Drang, aufzuschreien. Der Drang, nach ihr zu greifen, auf den Abgrund zuzukraxeln, wo Addie hätte sein sollen, und über seinen Rand zu starren, in der Dunkelheit nach ihr zu tasten.
Ich wurde in jene Sitzungen nach Schulschluss im Haus der Mullans zurückkatapultiert, in denen ich aufs Neue gelernt hatte, mich zu bewegen, während Addie in einem von Refcon herbeigeführten Schlaf dahingetrieben war. Refcon war eine Droge, die die stärkere Seele unterdrückte. Hally hatte etwas davon in dem Krankenhaus gestohlen, in dem ihre Mutter arbeitete, und Addie hatte es getrunken, um mir die Möglichkeit zu eröffnen, wieder an Stärke zu gewinnen.
Aber das hier war etwas anderes. Addie war aus freien Stücken gegangen, ohne die Hilfe von Drogen, von Medikamenten, von irgendwas.
Auf den ersten Wimpernschlag folgte der erste Atemzug. Dann der zweite. Der dritte.
Addie war verschwunden und ich war immer noch da und saß auf dem Bett.
Allein.
Das Wort schallte durch die leeren Kammern in meinem
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