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Twin Souls - Die Rebellin: Band 2 (German Edition)

Twin Souls - Die Rebellin: Band 2 (German Edition)

Titel: Twin Souls - Die Rebellin: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Zhang
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Dennoch hatte sie etwas an sich, das ich als tröstlich empfand. Vielleicht hing es mit dem zusammen, was Addie Emalia gegenüber erwähnt hatte – wir kannten Rebecca Lyanne. Wir hatten miterlebt, wie sie in Nornand niedergeschmettert dagesessen hatte, als ihre Welt mit einem Mal in Trümmern lag, und wie sie beschlossen hatte, sie Stück für Stück neu zusammenzusetzen. Wir hatten beobachtet, wie sie die Entscheidung traf, die sie hierherbrachte, die sie mit einer von ihrem Bruder angeführten Hybrid-Widerstandsbewegung zusammenbrachte.
    Es entsteht eine Verbindung, wenn jemand miterlebt, dass man am absoluten Tiefpunkt angekommen ist. Aber Verbindung hin oder her, Dr. Lyanne hatte uns versichert, die Regierung würde Nornand begraben, und in Jensons Ansprache hatte es sich ganz und gar nicht danach angehört.
    Unsere Stimme war ein Flüstern: » Sie lagen falsch. Mit Nornand. «
    Die Warnung in Dr. Lyannes Blick war laut und deutlich. Sie ging an uns vorbei. » Wir werden darüber nicht im Treppenhaus reden. «
    » Sie haben gesagt, sie würden die Sache ein für alle Mal begraben « , fauchte Addie und heftete sich an ihre Fersen. » Sie haben gesagt, sie hätten es als kompletten Reinfall eingestuft! «
    » Meine Einschätzung war falsch. So etwas kommt vor. «
    » Es kommt vor?! «
    Weiter oben knallte jemand eine Tür zu und wir zuckten beide zusammen. Gebrüll drang zu uns nach unten, wütende Stimmen, erhoben in einem Streit, der uns nichts anging. Dr. Lyanne warf uns einen vielsagenden Blick zu.
    » Ist er in Sicherheit? « Addie brauchte nicht genauer auszuführen, wer. Das hielt Dr. Lyannes Aufstieg schließlich auf. Einen Moment herrschte wieder Stille im Treppenhaus.
    Sie blickte über die Schulter zu uns herunter. » Soweit ich sie ihm gewähren kann. «
    Vertrauten wir ihr? Sie hatte schon einmal versagt. Sie hatte Jaime im Stich gelassen. Vielleicht würde sie es wieder tun.
    Es wäre grausam gewesen, sie darauf hinzuweisen. Aber vielleicht war Grausamkeit in Momenten wie diesen ja entschuldbar? Vielleicht war es in Ordnung, unbarmherzig zu sein, wenn es um etwas so Entscheidendes ging. Die Regierung würde vor nichts haltmachen, um Jaime wiederzubekommen. Einen Menschen wie ihn hatte es noch nie zuvor gegeben: einen Hybriden, dem mithilfe einer Operation die zweite Seele entrissen worden war. Ein dreizehnjähriger Junge, in dessen Gehirn die Ärzte herumgeschnippelt hatten, um es nach ihrem Gutdünken neu zusammenzusetzen.
    Aber am Ende brachten wir es doch nicht übers Herz.
    » Geht es ihm gut? « , fragte Addie.
    In den Wochen zwischen unserer Flucht aus Nornand und seinem Wegzug hatte sich Jaimes Zustand in mancherlei Hinsicht verbessert, in anderer jedoch verschlechtert. An guten Tagen hatte er mit Kitty ferngesehen, uns geholfen, Brote zu schmieren, und gelacht, als wäre Gelächter an sich bereits eine Sprache – eine, die ihm nicht verloren gegangen war. An schlechten Tagen war er so frustriert über sein Unvermögen gewesen, in Worte zu fassen, was er sagen wollte, dass er in Wutanfälle ausgebrochen war. An den schlimmsten Tagen verhielt er sich so, als wären wir anderen gar nicht da. Er sah uns nicht an, versuchte nicht zu sprechen, bewegte sich nicht einmal.
    Es wird ihm bald besser gehen, versicherten Addie und ich uns gegenseitig. Heute hat er nur einen schlechten Tag und er war nicht so schlimm wie der letzte schlimme Tag. Morgen wird es ihm besser gehen.
    Wir hatten uns die Alternative nicht einmal vorstellen wollen … dass Jaimes Zustand sich womöglich noch verschlechtern könnte. Dass, was immer die Ärzte in Nornand auch getan hatten, das volle Ausmaß des Schadens noch nicht zutage getreten war und Jaime weiter abbauen würde.
    » Er vermisst dich und die anderen « , sagte Dr. Lyanne. » Aber ja, insgesamt schlägt er sich gut. «
    Ich wünschte, wir hätten eine Antwort von Jaime selbst hören können. So viel war ihm bereits genommen worden. Ich wollte nicht, dass irgendwer vergaß, dass er ein Mensch war, dass er mehr als das Opfer einer grauenerregenden Operation war, mehr als der erste Überlebende der angeblichen Heilmethode. Mehr als eine Bürde und etwas, das man beschützen musste.
    Jahrelang war ich auf die rezessive Seele reduziert worden, die schlimmere Hälfte der beiden Mädchen, die einfach keinen Frieden fanden. Ich wusste, wie es war, nur als Etikett zu existieren. Und ich wusste, wie es war, keine Stimme zu haben.
    Addie und Dr. Lyanne gingen weiter die

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