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Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Titel: Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Bilton
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ihm vertrauten und er daher ein geeigneter Übergangschef wäre, bis man einen dauerhaften Ersatz gefunden hätte. Doch den konnte man erst nach Evs Ausscheiden suchen.
    In der Twitter-Zentrale ahnte Ev nichts von den Putschplänen gegen ihn. Er strotzte vor Stolz über die jüngsten Twitter-Zahlen: Die Nutzer verschickten über den Dienst mehr als zwei Milliarden Tweets pro Monat, jede Woche wurden Millionen neuer Konten eingerichtet. Außerdem war er von dem neuen, verbesserten Twitter-Design, dessen Einführung für den 14. September 2010 geplant war, begeistert. Intern trug es den Codenamen »Phoenix«, extern sollte es »#NewTwitter« genannt werden und Medienschnipsel einschließen, die sich direkt in die Tweets einbetten ließen. So würde man sich nicht mehr zu anderen Webseiten durchklicken müssen, um Fotos, Videos oder Links zu sehen, die andere gesendet hatten; all das würde auf Twitter in kleinen Seitenleisten auftauchen. Der Tweet von 140 Zeichen wurde so zu einer Hülle, die weitere Informationen enthielt.
    Twitter verdiente nun mehr Geld mit seinen Werbeprodukten, allerdings machte sich Ev über die Ertragsseite des Unternehmens keine allzu großen Sorgen – was dem aufkeimenden Wunsch desVerwaltungsrats, ihn abzusägen, nur mehr Nahrung gab. Umgekehrt hatte sich Dick das vorrangige Ziel auf die Fahne geschrieben, Twitter in die Profitabilität zu führen, wodurch er sich als idealer Kandidat für den Posten des Interimschefs empfahl, sobald man Ev losgeworden war.
    Unterdessen verlief in Evs Leben alles nach Plan. Er und Sara wünschten sich ein zweites Kind. Er versilberte einen kleinen Teil seiner Twitter-Anteile, was ihm etliche Millionen Dollar einbrachte, die er für den Kauf eines neuen Hauses in San Francisco und eines Ferienhauses in einem Skigebiet drei Autostunden nordöstlich der Stadt verwendete. Wie gewohnt half Ev anderen weiterhin, wo er konnte, und verschenkte Geld in ungenannter Menge. Bei der Vernissage eines befreundeten Künstlers kaufte er anonym dessen Werke. Er spendete großzügige Summen für wohltätige Zwecke und verschenkte heimlich Hundertausende von Dollar. Und er kümmerte sich um seine Freunde und Familie und bezahlte die Schulden der Menschen, die ihm am nächsten standen.
    Ev hatte nicht den geringsten Schimmer von den Unterredungen hinter seinem Rücken. Er ahnte nicht, dass seine Untergebenen mit dem Verwaltungsrat sprachen und seine Unterhaltungen mit seinem Coach erst Fenton und dann Jack zu Ohren kamen.
    Soweit Ev wusste, machte er einen »scheißgeilen Job«.

Chaoten mit Goldmine
    Es war Mitte September 2010. Die Sonne strahlte in das Büro, in dem Ev auf seinem Whiteboard Ideen zu Twitter sammelte. Vor seiner Tür hörte man, unterlegt von Mausklicks und dem Klacken der Tastaturen, das geschäftige Murmeln der Mitarbeiter in ihren Arbeitsnischen. Unten auf der Straße schoben sich die Autos durch den dichten Verkehr.
    Ev schaute auf und erblickte Campbell, der mit seiner massigen Gestalt fast den ganzen Türrahmen ausfüllte.
    Ev lächelte, froh, den Coach zu ihrer wöchentlichen Sitzung zu begrüßen. Er fühlte sich geradezu beschwingt angesichts der guten Kritiken, die das neue Twitter-Design in der Fachpresse einheimste. Außerdem war für den Abend als krönender Abschluss eines Monats harter Arbeit eine Party mit den Mitarbeitern geplant, auf die er sich besonders freute. Obendrein bereitete die Sonntagsausgabe der New York Times ein ausführliches Porträt von ihm vor: der Milliardär vom Land, der geholfen hatte, Blogger und Twitter zu schaffen, der Mann hinter zwei Unternehmen, die die Medien und die Art verändert hatten, wie Menschen miteinander kommunizierten.
    Doch Campbell runzelte sorgenvoll die Stirn. »Setzen Sie sich«, sagte er in feierlichem Ton. »Das wird jetzt hart für Sie. Wir müssen ein schweres Gespräch führen.«
    Ev ließ sich auf die Couch sinken, unsicher, was Campbell ihm wohl mitzuteilen hatte. Rasend spielte er im Geist die Möglichkeiten durch, bis ihn der nächste Satz Campbells wie ein dumpferSchlag traf: »Der Verwaltungsrat möchte, dass Sie in die Rolle des Vorsitzenden aufsteigen.«
    »Was soll das heißen?!«
    »Der Verwaltungsrat wird Dick zum Vorstandschef machen«, erwiderte Campbell. »Er möchte, dass Sie zurücktreten.«
    Campbell macht sicher einen blöden Witz, dachte Ev und lachte nervös. Aber Campbell scherzte nicht.
    »Ist das Ihr Ernst?«, fragte Ev mit schneller werdendem Puls. »Ich bin verwirrt.

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