Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
wird das schlicht nicht laufen«, sagte er. »Wenn Sie Ev hinausdrängen, gehe ich auch. Ebenso Biz und die Hälfte der Mitarbeiter. Sie werden uns alle verlieren.«
Er hatte recht. Die meisten Twitter-Mitarbeiter standen hinter Ev. Mehr als die Hälfte von ihnen hätte bereitwillig seine digitalen Habseligkeiten auf einen USB-Stick gepackt und mit Ev die Firma verlassen, wenn er sie darum gebeten hätte. Er hatte sich die größte Mühe gegeben, ein guter Chef zu sein, und das war ihm geglückt. Doch so viel Geschick er bei der Führung seiner Untergebenen bewies, sein Verhältnis zum Management war etwas gänzlich anderes.
Es wurde reichlich geflucht, aber die Unterhaltungen fingen an, ins Leere zu laufen. Fenton ließ sich in der Zentrale blicken, wohl eher, um eine Nebelgranate zu zünden. »Die Sachte tut mir echt leid, aber ich hab Ihnen ja gesagt, Sie sollen Campbells Ego im Griff behalten«, hielt er Ev unter vier Augen vor.
»Was, verdammt noch mal, soll das denn mit Campbell zu tun haben?«, wollte Ev wissen und fluchte – wütend gestikulierend – vor sich hin. »Hören Sie, ich gebe sofort zu, dass ich nicht der beste denkbare Vorstandschef bin, aber Sie können nicht Dick auf den Posten setzen. Dick ist kein Produktentwickler, er ist ein Geschäftsführer.«
»Um die Produktseite kümmern wir uns später«, wiegelte Fenton ab.
»Wie bitte?«
»Äh, es findet sich da schon ein Weg. Sie werden auf höchster Ebene beteiligt. Vielleicht kann Jack ja zurückkommen und aushelfen.«
Das saß wie ein Schlag in die Magengrube. Der Name »Jack« hallte im Raum wider. »Moment mal, was haben Sie gerade gesagt?«, bellte Ev mit aufgerissenen Augen. »Sie wollen Jack zurückholen?«
»Nein, nein. Ich weiß nicht, ob Jack zurückkommen wird. Das ist nicht meine Entscheidung, darüber wird der neue Vorstandschef entscheiden«, wand sich Fenton heraus.
*
Einige Tage darauf gab es eine vertrauliche Unterredung zwischen Campbell, Ev und dem Rest des Verwaltungsrats. Dick saß unten in seinem Büro und kümmerte sich um den laufenden Betrieb.
Nach Rücksprache mit den Anwälten war Ev klar geworden, dass ihm keine Wahl blieb: Er musste als Vorstandschef zurücktreten. Aber er wusste auch, dass er den Übergang in die Länge ziehen konnte, um zum Wohl von Twitter einen guten Ersatz zu finden.
»Sollten wir uns auf die Suche nach einem externen Manager machen, den wir in die Firma holen, oder soll Dick Vorstandschef werden?«, fragte Campbell, der die Moderation der Sitzung an sich gezogen hatte, Ev.
Dick habe gute Arbeit für das Unternehmen geleistet, antwortete Ev, sei aber »als Firmenchef nicht der Richtige«.
»Wenn er also nicht der Richtige ist, sollten wir uns nicht von ihm trennen?«, fragte Campbell zurück.
Ev hielt inne. »Wenn ich als Vorstandschef zurücktrete, werde ich wahrscheinlich Dicks Rolle übernehmen, also ja, wir sollten uns von ihm trennen.«
»Okay!«, rief Campbell aus, schlug mit der Hand auf den Tisch und erhob sich, woraufhin ihm andere sofort Zeichen machten, er solle sich wieder hinsetzen.
»Sollten wir darüber nicht zuerst reden?«, warf Fenton verzweifelt ein.
»Nein. Leute, wir führen hier ein Start-up!«, trompetete Campbell, stürmte aus dem Raum und ließ einen schockierten Verwaltungsrat zurück. Augenblicke später saß er in Dicks Büro und erklärte ihm, er sei gefeuert, solle den Verwaltungsrat anrufen und ohne Abfindung zurücktreten.
»Was? Was sagen Sie da?«, fragte Dick perplex. »Soll das ein Witz sein?« Eben noch wurde ihm der Posten des Vorstandschefs von Twitter angetragen und im nächsten Augenblick wurde er entlassen?
Campbell beteuerte, dass man für Dick im Silicon Valley schon einen anderen Vorstandsposten bei einem anderen Unternehmen finden werde, machte auf dem Absatz kehrt und ließ ihn völlig baff zurück.
Kaum hatte der Verwaltungsrat davon erfahren, läutete Dicks Telefon, und Fred und Bijan gaben Entwarnung: »Bleiben Sie bloß, wo Sie sind! Sie sind nicht gefeuert!«
Als das Wochenende kam, beschlossen Dick und Ev, sich zum Brunch in Marin County zu treffen. Dick hatte zahllose Nächte nachgegrübelt, hin und her gerissen zwischen seiner Freundschaft und seinem Wunsch, Twitter mit all seinen Angestellten zu einem erfolgreichen Unternehmen zu formen.
»Hör mal, du hast mich hierher geholt, und ich hab dir von Anfang an gesagt, dass ich dich nie hintergehen werde, und dabei bleibt’s auch«, sagte Dick, als sie am
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