Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
meinem Wagen zwischen der Valencia und der Fourteenth im Wagen saßen und quatschten«, nuschelte er. »Gib mal dein Handy. Ich melde dich an!« Noahs Zigarette hing in seinem Mundwinkel wie bei James Dean. Er drückte ein paar Tasten, gab das Handy zurück und erklärte, wie Twitter funktionierte.
»Looking4food«, twitterte Om, inhalierte einen letzten Zug und steckte das Handy wieder ein.
Nachdem Noah die Katze am Schwanz aus dem Sack gezogen hatte, hielt er es für das Beste, auch andere bei Twitter anzumelden, und spielte auf der Party den Handelsreisenden. »Gib mir dein Handy! Ich melde dich an!«, brüllte er Leute gegen die plärrende Countrymusik an. Ehe er es sich versah, stand er betrunken, mit einem kleinen Alkoholsee in seinem Plastikbecher auf der Party, umwirbelt von Leuten mit Cowboyhüten. Bald wurde ihm klar, dass er Jack und den anderen im Büro von seiner improvisierten Medienkonferenz erzählen musste.
Schon seit Wochen war Noahs Aufregung über Twitter deutlich spürbar gewesen. Einige Tage zuvor war der Verwaltungsrat von Odeo zur vierteljährlichen Sitzung in den Büros zusammengetreten und hatte sich auf den neuesten Stand über einen möglichenVerkauf des Podcast-Dienstes bringen lassen. Vor der Sitzung wollten Noah und Ev den Investoren Twitter demonstrieren. Jack kam zur Präsentation in den Konferenzraum – er nahm zum ersten Mal an einer Verwaltungsratssitzung teil – und saß stumm dabei, als Noah leidenschaftlich Twitter vorführte.
»Was halten Sie davon«, fragte Noah George Zachary, Odeos Hauptinvestor, nach der Demonstration. »Das ist doch erstaunlich, oder? Damit können Sie mit Ihren Freunden Kontakt aufnehmen!«
George starrte Noah verständnislos an und fragte sich im Stillen, wieso jemand mit »seinen Freunden Kontakt aufnehmen« sollte, wenn diese Freunde doch anwesend waren. Er hatte den Verdacht, die Programmierer hätten vor der Sitzung etwas geraucht, und sah sich unsicher um. Aber Noah führte weiter praktische Beispiele vor, wie Twitter Menschen verbinden könne.
Als Noah einige Tage später von der Party hereintorkelte und erklärte, er habe gerade die Bloggerszene eingeweiht, erklärte Jack, das sei nicht so wild, tat die Geschichte ab und machte sich wieder an die Arbeit. Er war ebenso konfliktscheu wie Ev, zumindest wenn es um Auseinandersetzungen in seinem unmittelbaren Umfeld ging.
Aber im Stillen war Jack wütend.
Seine Freundschaft mit Noah hatte sich vor kurzem nach einer Diskussion über Crystal merklich abgekühlt.
In den vergangenen Jahren war zwischen Noah, Jack und Crystal eine enge Freundschaft entstanden, mehrmals wöchentlich gingen sie gemeinsam zum Frühstück, Mittagessen oder Abendessen, unternahmen abends Sauftouren und tanzten am Wochenende bis in die frühen Morgenstunden. Im April waren sie gemeinsam mit Bekannten zu dem großen Musikfestival Coachella gefahren, das sieben Fahrstunden südlich von San Francisco stattfand. Dort hatten sie zur Musik von Chemical Brothers, Girl Talk und Imogen Heap getanzt und nebeneinander in der Wüste übernachtet. Aber Noah war aufgefallen, dass Jack sich immer mehr in seine Vernarrtheit in Crystal hineinsteigerte und er ihr während des Konzerts wie ein Bodyguard folgte.
Eines Abends nahm Noah Jack beiseite und sagte ihm, seine Besessenheit von Crystal sei ungesund und er solle ein bisschen »chillen«. Jack fühlte sich in die Defensive gedrängt und warf Noah vor, er wolle ihn nur aus dem Weg haben, um selbst bei Crystal zu landen. »Hä? Ich mag Crystal, aber ich will nichts von ihr«, protestierte Noah völlig verdutzt. Aber für Jack stand die Sache fest.
Als Noah nun betrunken im Büro saß und erzählte, dass er Leute bei Twitter angemeldet und das streng geheime Projekt enthüllt hatte, ärgerte Jack sich, dass Noah sich wieder einmal eingemischt hatte. Zuerst Crystal und jetzt Twitter. Jacks Gefühle für Noah schlugen von Zuneigung in Groll um.
Und damit stand er nicht allein.
Als die Mitarbeiter von Odeo und Twitter am nächsten Morgen zur Arbeit kamen, stellten sie fest, dass einige Blogposts diese seltsame Neuentwicklung namens Twitter diskutierten.
Mike Arrington, der das im Silicon Valley populäre IT-Blog TechCrunch betrieb, schrieb, Twitter sei offiziell gestartet und »einige auserwählte Insider spielten gestern Abend bei der Valleyschwag-Party in San Francisco mit dem Dienst«. Aber Arrington schien nicht sonderlich davon beeindruckt. Er hatte Datenschutzbedenken und
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