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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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bläulich verfärbt und
die Finger zu verdrehten Klauen versteift – das konnte allerdings kaum die
Folge der Bestrafung sein, es sah eher nach einer schlimmen Form von Arthritis
aus. Der offenstehende Mund war schlaff.
    „Atmet er noch?“, fragte die Frau – James hätte nicht
sagen können, ob die Angst oder die Wut in ihrer Stimme überwog.
    Er atmete noch, aber flach. Sein Puls war ebenfalls
schwach, aber immerhin regelmäßig. Da seine Haut vom Sonnenbrand glühte, war es
schwer zu sagen, ob er Fieber hatte oder nicht. James sah die bläulichen
Striemen, die wie Armbänder um die Handgelenke verliefen. Wütendes Mitleid
überrollte seinen Ekel. Und irgendwie fühlte er sich auch schuldig, weil er von
dem Pranger gewusst, aber keinen weiteren Gedanken mehr daran verschwendet
hatte. Blödsinn, dachte er dann. Was hätte ich dagegen tun sollen?!
    „Weg mit ihm!“, wiederholte der Keltani und schubste
die geschorene Anwärterin zurück, die sich zum Gaffen zu weit vorgebeugt hatte.
    Und der werde ich auch nicht helfen, dachte James. Ich
sehe zu, wie man eine Frau in Ketten legt, damit die Leute Dreck auf sie werfen
können, und ich geh meiner Wege.
    Aber bevor er seiner Wege gehen konnte, versuchten sie
noch minutenlang, Freddie wenigstens so weit zu Bewusstsein zu bringen, dass er
auf seinen Füßen stehen konnte. Vergeblich. Das Ende vom Lied war, dass James
ihn halb trug, halb schleifte, während seine Frau voranging und ihn zu ihrem
Wagen lotste. Die Leute, an denen sie vorbeikamen, glotzten, und obwohl er
vollauf beschäftigt war mit dem stinkenden Klotz, hatte James doch Zeit zu
bemerken, dass sie nicht gerade freundlich glotzten. Zum Glück ging es erst
einmal bergab. Dünner Waldboden über hartem Klippengestein, immer weniger schattenspendende
Erlen, über eine Klippenzunge, die schon ein ganzes Stück in den Strand
hineinreichte. Nur vereinzelte Wagen lagerten hier, wo es wenig ebenen Platz
gab, und der allerletzte von ihnen stand da, wo kein Baum und kaum ein Strauch
mehr wuchs und das Flüsschen zu einem dünnen, tief eingeschnittenen Strom im
Sand wurde. Er musste sich unter einer Wäscheleine mit flatternden Tüchern
hindurchducken, dann standen sie endlich vor dem Wagen, der einmal dunkelrot angestrichen
gewesen war. Jetzt blätterte überall die Farbe ab. Freddie Tagallian lässt
die Puppen tanzen !, stand in ehemals wohl narzissengelben, jetzt
verblassten Buchstaben an der Wand. Zwei Hunde kamen bellend angesprungen, aber
ein Zischen der Frau bewirkte, dass sie sich winselnd unter den Wagen
verkrochen. Ein Kochfeuer gab es auch hier, und um den Kessel drückten sich
zwei magere, wachsam aussehende Jungen herum, die zu jung wirkten, um die
Kinder der Tagallians sein zu können.
    „Was steht ihr da und glotzt!“, keifte die Frau, als
die beiden ihnen nur entgegenstarrten. „Habt ihr Wasser geholt? Dann kocht
jetzt Kaffee, aber richtigen, schön stark, wie Freddie ihn mag! Also, trag ihn
mal da rauf, Hakemi! Dass er endlich ins Bett kommt, mein armer Alter!“
    Unter Mobilisierung seiner letzten Kräfte warf sich
James den Alten über die Schulter und hievte ihn die drei Stufen hinauf.
Drinnen – in einer muffigen, schmuddeligen Höhle von einem Wagen – knallte ihm
etwas ins Gesicht, das er nicht genau erkennen konnte. Keuchend ließ er seine Last
auf einen Kasten mit Decken im hinteren Bereich des Wagens fallen, der wohl das
Bett sein sollte.
    Von einem Gitter unter der Wagendecke hingen
mindestens zehn geschnitzte Marionetten herunter, sodass man den Kopf einziehen
musste, wenn man sich im Wagen bewegte. Eine von denen hatte ihn eben erwischt,
sie schwang immer noch hin und her. Es gab einen kleinen Tisch, an dem höchstens
zwei Personen Platz hatten. Becher mit Kaffeerändern standen in eingetrockneten
Pfützen, daneben ein Teller mit Zemmesresten, in denen vier, fünf
Zigarettenstummel steckten. Vor dem kleinen Fenster hing ein Vorhang, der so
vergilbt und verstaubt war, dass man seine Farbe nicht mehr erraten konnte. Der
Anblick traf ihn unerwartet und heftig – Orla! Wie sie hinter dem blauweiß gestreiften
Vorhang ihres neuen Heims stand und wartete … Lass es da nicht so aussehen wie
hier!, dachte er. Lass Petare Gordien nicht so ein Schwein sein!
    Dann wurde ihm bewusst, dass die Frau – Robinet
Tagallian, erinnerte er sich – ihn mit einem zugleich verschlagenen und
hoffnungsvollen Blick ansah.
    „Kriegst du ihn wieder hin?“ Und praktisch im gleichen
Atemzug, über die

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