Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)
zuhause, Alter!“
Zuhause, wo die Suppenkellen fliegen und deine Alte
kreischt, dass die Spucke an die Wände sprüht, dachte James. Aber Freddie war
so animiert, dass er sogar versuchte, sich aufzusetzen.
„Du musst liegenbleiben. Viel trinken … Wasser trinken“, präzisierte James, es schien ihm nötig zu sein. „Und Ruhe halten.
Deine Frau weiß, was zu tun ist.“ Hoffte er.
„Wer is der?“, krächzte Freddie und brach dann in ein
Gehuste aus, das ganze Gestankwolken aus seinen Klamotten trieb.
„Bleib schön liegen, Freddie! Der ist ein Hakemi, sagt
er. Aber den hast du gar nicht gebraucht, mein Alter, das hab ich mir doch
gedacht, dass du es ganz allein schaffst! Und deshalb kann er jetzt auch wieder
gehen, der Hakemi – der ist sowieso noch ’n bisschen jung, um wirklich einer zu
sein, denk ich!“
„Du weißt, was zu tun ist?“, hakte James nach und zog
seine Füße aus der Flugbahn des Schleims, den Freddie jetzt auf den Boden
rotzte. „Halt ihn kühl! Gib ihm zu trinken! Reib ihn mit dem –“
„Jaja, ich weiß schon, mit dem guten Quin soll ich ihn
einreiben – als würd uns das Geld dafür aus dem Hintern fallen! Ist gut,
Hakemi, du kannst jetzt gehen, wir kommen klar!“
„Und er braucht Ruhe. Er soll nicht aufstehen.“ James
war angewidert, von der Frau, dem Wagen, dem Gestank, dem Elend, an dem er
nichts ändern konnte. Wenigstens für die beiden Jungs da hätte man was tun
müssen.
„Ist er wirklich bei euch aufgewachsen? Firn, meine
ich?“, fragte er.
„Das hast du verpasst, Freddie! Du glaubst nicht, wer
es gewagt hat, seine Nase hier blicken zu lassen! Firn Marrin war hier! Nach
all den Jahren!“
„Firn!“, grunzte der Alte. „Der kleine Messerjunge? Is
nich wahr!“
„Kannst du ruhig glauben. Jetzt isser ’n Mann, aber
noch genauso ’n birkalassi wie damals!“
„Wir hatten nie wieder einen wie Firn, das muss ich
sagen“, murmelte Freddie. „Konnte alles, was er anpackte …“ Seine Stimme wurde
schwächer, er hustete, dann trank er gierig aus dem Becher, den James ihm
hinhielt. „Und der war hier? Was ist, will er wieder bei uns anfangen?“
„Wach auf, Freddie!“, keifte seine Frau. „Er war hier,
um zu stänkern! Wozu sonst!“
„Er hat immer mehr eingebracht als andere, die nicht
viel schlechter waren als er … die Leute ham ihn einfach gern angesehn,
deshalb. War unser bester Fang –“
„Hör auf! Willst du dem etwa nachjammern? Ein Dieb
ohne Ehre, das war er! Hatte keine trivke , nicht mal denen gegenüber,
die für ihn gesorgt haben!“
Freddie nickte, er sah aus, als wäre er noch halb in
den düsteren Tiefen seiner Ohnmacht verloren. „War wie ’n wildes Tier, als wir
ihn aufnahmen“, sagte er dann, „aber er mit Messern, da konnt er umgehen.
Konnte werfen wie kein zweiter, damals schon. Wir ham ihn aufgepäppelt, ihm ’n
Zuhause gegeben un alles, ham ihm sogar ’ne Nummer mit seinen Messern gegeben,
obwohl das eigentlich gar nicht in unser Programm passte.“
„Ja, da hörst du’s, Hakemi, wir ham alles für den
Drecksack gemacht! Und da kommt er daher und will uns ans Bein pissen! Der! Der
wollte uns beklauen damals, nach allem, was wir für ihn getan haben! Ich sag
dir, ich war froh, als der weg war! Man wusste nie, ob er nicht irgendwann
nachts neben einem auftaucht und einem die Kehle aufschlitzt!“ Auf einmal
rückte sie ihm ganz dicht vors Gesicht, sodass er ihre zerstörten Zahnstummel
sehen konnte und die Schuppen, die weißlich auf ihrer Kopfhaut und in ihren
Haarsträhnen klebten. „Und nie ham wir was gehört von ’nem Trupp, der so ’nen
kleinen Wunderknaben verloren hätt. Ist das nicht seltsam? Gibt einem das nicht
zu denken, hm? Sagt das nicht alles über Firn Marrin, was man wissen muss, wie?
Dass den nämlich keiner wiederhaben wollt, obwohl er doch so ’n richtiger
Goldesel sein konnte, hä? Wenn du mich fragst: Der hat irgendwen umgelegt …
vielleicht sogar seine Alten. Oder sonst jemanden da, wo er herkam. Der is so
einer. Sieh ihm in die Augen, und du weißt es.“ Und einen Atemzug weiter: „Ist
der Kaffee jetzt bald mal fertig, Lorin? Und wehe, du nimmst dir was davon! Der
ist ganz allein für Freddie! Ihr hattet euer Frühstück schon, und zwar mehr,
als euch zusteht, da bin ich sicher!“
Das war sein Stichwort. James stand auf. „Ihr kommt
zurecht, glaub ich. Wenn nicht, du weißt ja, wo du mich findest.“
„Jaja, würdest zu gern doch noch was aus uns
rausholen, obwohl du doch
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