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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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den ganzen Tag, während
sie zwischen Baumstämmen und Farnen dahinstapfte, immer weiter weg von Krai und
dem Meer. Ich komm da nie mehr hin, dachte sie überrascht und bestürzt. Die
anderen sind nächstes Jahr wieder da, und an Kawwadal schicken sie ihm dann
Lichter und irgendwelche Sachen aufs Meer. Aber ich bin dann nicht mehr bei
ihnen –
    Sie hatte ihn vor Augen: So, wie er auf den Kieseln
gelegen hatte, nachdem sein Vater ihn aus dem Wasser geholt hatte, so, wie sie
ihn an diesem letzten Morgen gesehen hatte, kurz bevor der Teppich über ihn
gebreitet worden war. Diese Bilder waren immer da. Um den lebendigen Halfast zu
sehen, musste sie sich schon konzentrieren. Wie er gesprochen hatte. Wie er
Geige gespielt und den Galiziak gefahren hatte. Immer rauchend. Sein Lächeln,
und wie ihm die Haare manchmal übers halbe Gesicht gefallen waren. Wie er
damals mit den beiden Wassereimern vor ihr hergegangen war. Anfangs hätte sie
diese Erinnerungen am liebsten aus sich herausgerissen, weil es so wehtat, und
sie brauchte bestimmt nicht noch mehr Probleme. Aber dann wäre er weg gewesen,
ganz weg. Wenn man es aufbewahren wollte, musste man irgendwie stillhalten und
behutsam sein. Das war die einzige Form der Zärtlichkeit, die sie ihm geben
konnte. Es vertrug sich schlecht mit Wut oder Protest, und irgendwie blieb in
ihr auch kein Platz mehr übrig für Angst. Ihr Leben fühlte sich auf einmal ganz
anders an, seltsamerweise nicht nur schlimmer. Es war so ruhig in ihr geworden.
    Und das war erstaunlich, wenn man bedachte, welche
Veränderungen es im Ulgullen-Wagen gegeben hatte. Dass Kate fort war, merkte
man ja kaum. Dass Orlas Platz leer war, fiel schon eher auf. Statt Orla hockte
jetzt Odette den ganzen Tag im Wagen, wie ein dumpfer Troll in seiner Höhle.
    Die hatte Halfasts Vater die Attacke mit dem
Geldbeutel nicht verziehen. Wenn sie Jakobe die Ohren volljammerte, was mehrmals
täglich passierte, kam das immer wieder raus. Sie wäre doch nicht schuld an
dem, was der dumme Junge getan hatte, aber alle würden sie so angucken, als ob
sie es doch wäre! Und sie selbst hätte Orla doch auch gehen lassen müssen! Und
so weiter, und so weiter. Beim Aufbruch in Krai hatte sie deshalb eine Szene
gemacht – draußen all die betäubten Montagus, und drinnen im Wagen Odette, am
Heulen und Schreien. Alle würden sie hassen, obwohl sie doch nur das Richtige
getan hätte! Sie wollte zurück zu ihrer alten Truppe! Jetzt! Sofort!
    Dann geh doch!, hatte Pix nur denken können, stumpf
vom Weinen und von all den Tränen, die noch hinterherwollten. Aber Jakobe
bequatschte sie, flüsternd, zischelnd, mit einer Energie, über die man sich nur
wundern konnte. Was dahintersteckte, war klar: Wenn Odette samt Wagen zu ihren
Leuten zurückging, dann stand Jakobe nämlich dumm da. Wieso ging die eigentlich
nicht gleich mit? Was hatte die hier noch zu verlieren, erst recht nach dieser
peinlichen Sache mit dem Messerwerfer, bei der sie sich doch vor allen bis auf
die Knochen blamiert hatte? Was die jetzt noch bei den Montagus hielt, das
konnte man wirklich nicht verstehen. Aber sie wollte bleiben, so viel war klar,
und sie schaffte es, Odette zu überzeugen. Beide hatten sich irgendwie
verändert, auf eine Weise, die man nicht leicht in Worte fassen konnte. Besser
war es jedenfalls nicht geworden. Und die heftigste Veränderung im Wagen, die
stand ihnen da noch bevor.
    Erst am Abend des ersten Reisetages bekam Pix mit,
dass diese Nilke doch mit dabei war. Sie trottete hinter dem Wagen her, in dem
ihre Schwester jetzt mit Stanwell lebte, und immer dann, wenn Stanwell einen
Galiziak fuhr, saß Nilke plötzlich neben Gahann auf dem Kutschbock. Wann war
die wieder aufgetaucht? Und warum? Der Mann, den sie hatte heiraten sollen, war
tot!
    Aber sie war da. Und an diesem ersten Abend im Wald,
an dem riesigen Fluss, da kam Taizia zu ihnen, mit Nilke an der Hand – was der
eindeutig gar nicht passte – und fragte Odette, ob sie nicht noch einen Platz
im Wagen hätten für sie. Die Frage war mehr ein Befehl, auch wenn sie ganz
freundlich klang, aber Taizia war die Frau vom Chef und die Mutter von Halfasts
Vater, und deshalb konnte sie wohl ankommen und so was anordnen. Sie erklärte, für
John und Raween wär‘s im Moment zu viel, auch noch eine Fremde bei sich aufzunehmen.
    Tja, und seitdem hatten sie eben Nilke am Hals, und
der Wagen war voller als je zuvor. Denn vor Nilke gab es kein Entkommen. Ihre Augen,
die grün waren wie Giftpilze,

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