Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)
Kanzlers steht auch die Stra ß enverkehrsordnung. Dort hei ßt es in Paragraf 35, »Sonderrechte«: »Von den Vorschriften dieser Verordnung sind die Bundeswehr, der Bundesgrenzschutz, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz, die Polizei und der Zolldienst befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.«
Die Öffentlichkeit lernt aus dem Knöllchenzwischenfall Folgendes: Der Kanzlertransport ist eine hoheitliche Aufgabe, und die Schmidt-Limousinen sind gar keine Staatskarossen, sondern Polizeifahrzeuge, schließlich werden sie ja von Männern des BKA gefahren.
Die Stadt Bonn muss das Knöllchen zurücknehmen. Der Daimler mit dem amtlichen Kennzeichen »0-2« parkt weiterhin, wo er will.
Als Helmut Schmidt einmal …
… dem Schiller eins auf die Glocke gab
1972. Willy Brandt interessiert sich für zwei Dinge überhaupt nicht: die Innere Sicherheit und die Weltwirtschaftskrise. In den Siebzigerjahren ist das ungünstig, prägen doch zwei Themen das politische Geschehen: die Innere Sicherheit und die Weltwirtschaftskrise.
Eigentlich ist klar: Schmidt muss ran. Der kennt sich mit beidem aus und mit noch viel mehr, eigentlich mit allem, wie er auch gern mal der Öffentlichkeit mitteilt: »Mir liegt es schon, mich in dem gesamten Bereich der Politik zu tummeln. Bis auf den Bereich der Landwirtschaft fühle ich mich durchaus nicht inkompetent dafür.«
Doch erst einmal wird Schmidt »Superminister«. Der Doppelposten für Finanzen und Wirtschaft ist zwar von Karl Schiller besetzt, doch der eitle, dandyhafte Mann bekommt seinen Narzissmus nicht mehr in den Griff. Und er mag Helmut Schmidt nicht.
Die beiden sind in der Währungspolitik aneinandergeraten. Aber eigentlich geht es um ganz anderes: Schiller ist ein Star. Und Helmut Schmidt, der bei dem Volkswirtschaftsprofessor in Hamburg studiert hat, ist ein bisschen neidisch.
1972 schlägt Schmidts Stunde – Schiller tritt nach wochenlangen Querelen zurück. Die Regierung ist in der Krise – was tun?
Willy Brandt weiß es. Er lässt sich eine Leitung nach Athen legen. Dort macht der einzige Retter der Sozi-Regierung gerade Urlaub. Wirtschaftslaie Brandt zu Schmidt: »Du, Helmut, kannst du nicht früher zurückkommen? Im ökonomischen Bereich ist was los.«
Und da im »ökonomischen Bereich« auch in den Jahren danach »was los« war, übernahm Helmut kurz danach den Job gleich ganz. Und Willy ging in die Ferien. Für immer.
Als Helmut Schmidt einmal …
… einen Schlips hatte –
und nicht mehr wusste, von wem
Ärger hat Schmidt zur Jahreswende 1980/81 mit vielen: Die Jugend rebelliert gegen Atomkraft und Atomraketen, die Parteilinke ebenso, und mit Willy läuft es so wie immer: schlecht.
Ärger mit der SPD, Ärger mit der FDP – und jetzt kommt auch noch Ärger mit der IBF dazu. Das Kürzel steht für »International Bar Flies«, die Vereinigung der Zecher, Barbesucher und intellektuellen Alkoholiker. Sie treffen sich bevorzugt in »Harry’s New York Bar«, dem berühmtesten Ort der Welt für gepflegtes Abstürzen.
Als der Kanzler im Dezember 1980 mit einer äußerst seltsamen Krawatte in der Öffentlichkeit auftritt, kommt es irgendwo zwischen Schlips und Schwips zum Streit. Auf die Frage, wo Helmut denn das seltsame Stück her habe, sagt Loki angesichts der auf dem Binder eingestickten Bienen: Der Schlips sei wohl aus dem New Yorker Naturkundemuseum.
Alles Quatsch. Der Binder ist die Klubkrawatte der IBF, die umgehend verlauten lässt: »Er wurde dem Bundeskanzler auf einem seiner letzten Feste von uns verliehen und verdeckt die Oberhemdknopfleiste fast aller europäischen Würdenträger, die sich dazu bekennen, auch mal einen hinter diesen Schlips zu gießen.«
Und auf dem Binder sind auch nicht Bienen abgebildet, sondern besoffene Fliegen.
Schmidt wurde nie mehr mit der Krawatte gesehen. Er trinkt am liebsten Cola.
Als Helmut Schmidt einmal …
… durch eine linke Kameramann
Verschwörung gewann
1976 gelingt Helmut Kohl etwas, wovon Sozialdemokraten schon lange nur noch träumen können: Er schrammt knapp an der absoluten Mehrheit vorbei. 48,8 Prozent fährt der CDU-Chef ein. Auch die Union wird dieses Ergebnis nur noch einmal – 1983 (48,8 %) – erreichen.
Das Problem: Schmidt bleibt trotzdem Kanzler. Die FDP hat noch keine Lust, mit der Union zusammenzugehen. Sie ist, wie Franz-Josef Strau ß meint, der »Wurmfortsatz der SPD«.
Die Konservativen, die mit dem Slogan »Freiheit statt
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