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Typisch Mädchen

Typisch Mädchen

Titel: Typisch Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Grabrucker
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Erziehung ist der des Mannes gleich, mit Ausnahme der Abweichungen, welche die Verschiedenheit des Geschlechts und ihre geschlechtlichen Funktionen bedingen. Sie wählt für ihre Tätigkeiten diejenigen Gebiete, die ihren Wünschen, Neigungen und Anlagen entsprechen und ist unter den gleichen Bedingungen wie der Mann tätig.« 36 »Es hat keine andere Ungleichheit Berechtigung als jene, welche die Natur in der Verschiedenheit des Wesens des einzelnen und zur Erreichung des Naturzwecks schuf. Die Naturschranken wird aber kein Geschlecht überschreiten, weil es damit seinen Naturzweck vernichtete.« 37
    Wo der Naturzweck der Frau im Sozialismus dann zu vermuten ist, läßt sich an verschiedenen Stellen von Bebels Werk erkennen. Auch er glaubt, »daß es eine zweckmäßige Arbeitsteilung ist, den Männern die Verteidigung des Landes zu überlassen, dagegen den Frauen die Sorge für Heimat und Herd«. 38
    »Aufgefordert ihre Stimmen abzugeben, werden sie (die Frauen) sich fragen: Wozu? Für wen? Mit diesem Augenblick werden zwischen Mann und Frau Anregungen gegeben ... Die ununterrichtetere Frau wird sich naturgemäß (Hervorhebung v. Verf.) an den unterrichteteren Mann wenden. Sie wird, wenn sie selbst durch Pflichten abgehalten ist, sich zu beteiligen, den Mann anspornen, seine Schuldigkeit zu tun.« 39 »Die Frau ist also frei, und Kinder, die sie besitzt, verkürzen ihr diese Freiheit nicht... Pflegerinnen, Erzieherinnen, befreundete Frauen, die heranwachsende weibliche Jugend stehen ihr in Fällen, in welchen sie Hilfe braucht, zur Seite.« 40 Die Naturschranken legen der Frau im Sozialismus also nahe, sich am Herd aufzuhalten, den Mann, der alles
    weiß, zu befragen, sich durch Pflichten von der Beteiligung am öffentlichen Leben abhalten zu lassen und zu guter Letzt sich um Pflege und Erziehung des sozialistischen Nachwuchses zu kümmern, sei es in Form der Kinder besitzenden Frau als Mutter oder als eine der zahlreichen, ausschließlich weiblichen Helferinnen.
    Der sozialistische Mann steht nicht am Herd, befragt nicht seine »naturgemäß« ununterrichtetere Frau, wird nicht von unbenannten Pflichten abgehalten und kümmert sich in keinem Stadium seines Lebens um den Nachwuchs, den auch er gezeugt hat. Dennoch »steht sie dem Manne als Freie und Gleiche gegenüber«. 41 Dies geschieht dadurch, daß die Erziehung für beide Geschlechter gleich und gemeinsam sein muß. 42 Angemessene geistige und körperliche Arbeit wird verbunden mit Übungsmärschen, Ringkämpfen und Exerzitien für beide Geschlechter. »Einführung in die verschiedenen praktischen Tätigkeiten, die Gartenkultur, den Ackerbau, das Fabrikwesen, die Technik des Produktionsprozesses folgt Schritt für Schritt.« 43 »Nunmehr sind beide Geschlech- / ter befähigt, in vollstem Maße, allen Rechten und Pflichten in jeder Richtung zu genügen.« 44 Wenn Bebel davon schreibt, wie beide Geschlechter erzogen werden, um alles zu können, dann meint er in Wirklichkeit - ohne sich dessen wohl bewußt zu sein -, wie Mädchen zu sogenannten Männerberufen erzogen werden sollen, daß also Maßstab der Erziehung für beide Geschlechter die Knabenerziehung ist. Ringen und Marschieren, Ackerbau, Fabrik und Technik der Produktion sind zu Bebels Zeiten Mädchen und Frauen verschlossene Bereiche. Im Sozialismus dürfen sie all das mit den Knaben und Männern lernen. Maßstab ist das männliche Prinzip; sie haben sich mit Hilfe der Erziehung dahingehend zu entwickeln. Und all dies geschieht auch tatsächlich jetzt in Ländern des Sozialismus.
    In diesem Erziehungssystem ist Kochen, Nähen, Pflegen, Haushaltsorganisation nicht vorgesehen für die Knaben und Männer. Sie haben offenbar nichts Wichtiges von den Frauen zu lernen. Deren Tätigkeiten sind nämlich dann zum Großteil wegrationalisiert oder durch Großeinrichtungen übernommen worden. Kurz auf einen Nenner gebracht: Die Frau in der sozialistischen Zukunft ist zu Veränderung aufgerufen. Sie wird auf das Niveau der Männer gehoben und lernt deren
    Tätigkeiten auszuüben. Zusätzlich verbleibt es aber bei Pflege und Erziehung der Kinder, bei Pflichten nicht näher genannten Inhalts, denn der Naturzweck der Frau darf nicht vernichtet werden. Ihre Andersartigkeit aufgrund des Geschlechts mit entsprechenden daraus folgenden Aufgaben ist ihr von den sozialistischen Männern verbürgt. Der Mann in der sozialistischen Zukunft bleibt, wie er ist. Für ihn ist nichts anzuheben, er hat von den Frauen nichts zu lernen.

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