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Typisch Mädchen

Typisch Mädchen

Titel: Typisch Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Grabrucker
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und Frauen gleichermaßen anhängliche und freundliche Menschen waren, die ängstlich auf die Bedürfnisse anderer reagierten ... Niemand verrichtete spezialisierte Arbeit.« 48
    Die Mundugumor unterschieden sich dagegen von den Ara-pesh in jeder nur denkbaren Art. »Wilde, besitzergreifende Männer und Frauen entsprachen dem bevorzugten Typ; warmherzige, liebevolle Männer und Frauen wurden von der Kultur abgelehnt. Eine Frau, die so großzügig war, das Baby einer anderen Frau zu stillen, fand keinen Mann mehr, wenn sie verwitwet war. Beide Geschlechter waren ausgesprochen auf Sexualität aus und dabei aggressiv. Üblicherweise lehnten beide Geschlechter Kinder ab, und was die Kinder anging, die überleben durften, so zogen erwachsene Männer und Frauen stark die Kinder des anderen Geschlechts vor... In Mundugumor kopulierten die Menschen in den Gärten der anderen, nur um ihre süßen Kartoffeln zu zerstören. Ich fand wieder eine starke kulturelle Prägung der Persönlichkeit, aber wie in Arapesh wurde von Männern und Frauen erwartet, daß sie einem Typ entsprachen: die Vorstellung von Verhaltensunterschieden, durch die sich Männer und Frauen voneinander absetzten, war hier ganz unbekannt. ... In diesem System gingen Rivalität, brutaler innergeschlechtlicher Wettbewerb und eine erbarmungslose Ausbeutung der Gefühle kleiner Kinder einher ... Beim Beischlaf kratzten und bissen sich die Menschen, und sie begingen Selbstmord, indem sie sich in einem Wutanfall im Kanu den Fluß hinuntertreiben ließen, um dann vom nächsten Stamm gefangen und aufgefressen zu werden ... Babies, die das falsche Geschlecht hatten, wurden lebend in Rindenstoff gewickelt und in den Fluß geworfen.« 49 »Bei den Tchambuli waren die erwarteten Beziehungen zwischen Männern und Frauen denen entgegengesetzt, die für unsere eigene Kultur charakteristisch sind. Denn bei den  Tchambuli waren die Frauen die lebhaften und kräftigen, erledigten die geschäftliche Seite des Lebens und arbeiteten gern in großen Gruppen zusammen ... Die kleinen Mädchen waren so klug und tüchtig wie ihre Mütter ... In Tchambuli waren die Mädchen klug und frei, während die kleinen Jungen schon in das rivalitätsreiche, kleinliche und von individuellem Wettbewerb geprägte Leben der Männer verwickelt waren ... die Frauen verwalteten die Wertgegenstände, kleideten die Männer und Kinder und gingen ihrer Arbeit ungeschmückt, geschäftsmäßig und kompetent nach. In der Zwischenzeit schnitzten, malten und schwätzten die Männer unten am See in ihren Zeremonienhäusern, bekamen Wutanfälle und wik-kelten ihre Rivalitäten ab.« 50
    Mit der Veröffentlichung dieser Entdeckungen konnte erstmals der Gedanke der Relativität unserer kulturellen Sitten und Gebräuche zwischen den Geschlechtern weiter als nur in Fachkreisen Verbreitung finden. Unsere in der westlichen Zivilisation herrschenden und für unverrückbar gehaltenen Verhaltenskodizes wurden in Frage gestellt. Anderes Verhalten war denkbar geworden.
    Den nächsten Schritt zur Weiterentwicklung dieser damals revolutionären Denkansätze ging die französische Philosophin Simone de Beauvoir in ihrem 1949 erstmals erschienenen Buch »Das andere Geschlecht«. Sie deckt darin die Machtstrukturen auf, die das in unserer Kultur bestehende Geschlechterverhältnis geschaffen hat und ständig am Weiterbestehen erhält, und prägte das Wort: »Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.« 51 In ihrem Werk legt sie als erste detailliert die unterschiedliche Behandlung männlicher und weiblicher Kinder durch Erziehung dar und beschreibt scharfsinnig die männlich dominierte Umgebung, in der die Kinder aufwachsen. Sie zieht daraus Schlußfolgerungen, die an ihrer Richtigkeit nichts eingebüßt haben, obwohl seither 40 Jahre vergangen sind. So charakterisiert sie den Grund für das Fortbestehen männlicher Dominanz, die von den Frauen nicht angefochten wird, in folgender Weise: »Unmittelbar wirken ... Großväter, ältere Brüder, Onkel... Männer faszinierend auf das kleine Mädchen. Die lebhafte Achtung, die erwachsene Frauen dem Mann als solchem erweisen, würde hinreichen, ihn auf ein Piedestal zu stellen ... Alles trägt dazu bei, in den Augen des kleinen Mädchens diese Rangordnung zu bestätigen. Ihre geschichtliche, ihre literarische Bildung, die Lieder, die Märchen, mit denen man sie einwiegt, sind eine Verherrlichung des Mannes.« 52
    Simone de Beauvoir verstand es, die Gefühle und das Erleben eines

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