Typisch Mädchen
geknechtet, Sklavin seiner Lust und bloßes Werkzeug der Kinderzeugung.« 23 Was war dem vorangegangen? Wie konnte es dazu kommen? Engels schildert den Prozeß so: »Das Stadium der Urgeschichte führt uns Zustände vor, wo Männer in Vielweiberei und Weiber in Vielmännerei leben und die gemeinsamen Kinder daher auch ihnen allen gemeinsam gelten ...« Engels nannte diesen Zustand Gruppenehe. »Veränderungen sind der Art, daß der Kreis, den das gemeinsame Eheband umfaßt und der ursprünglich sehr weit war, sich mehr und mehr verengert, bis er schließlich nur das Einzelpaar übrig läßt, das heute vorherrscht.« 24 Der Übergang zu dieser Form der Einzelehe sei dadurch zustande gekommen bzw. erleichtert worden, daß die Frauen mit der Entwicklung der ökonomischen Lebensbedingungen, also des steigenden Wohlstands, und der zunehmenden Bevölkerungsdichte die herkömmlichen Geschlechtsverhältnisse - er nennt sie Sumpfzeugung - als erniedrigend und drückend empfinden mußten und das Recht auf Keuschheit, auf zeitweilige oder dauernde Ehe mit einem Mann als Erlösung aus ihrer Situation herbeigewünscht hatten. Die Einzelehe sei wesentlich durch die Frauen zustande gekommen. 25 In diesem Stadium herrschte noch kommunistische Haushaltung. Sie »bedeutet aber Herrschaft der Weiber im Hause, ... hohe Achtung der Weiber, das heißt der Mütter«. 26
Wie aber kamen die Weiber ins Haus? Dafür gibt es keine Ursache, die aus gesellschaftlichen Bedingungen zu erklären ist, sondern »die Teilung der Arbeit ist rein naturwüchsig: sie besteht nur zwischen den Geschlechtern. (Hervorhebung d. Verf.) Der Mann führt den Krieg, geht jagen und fischen, beschafft den Rohstoff der Nahrung und die dazu notwendigen Werkzeuge ... Die Frau besorgt das Haus und die Zubereitung der Nahrung und Kleidung, kocht, näht, webt. Jedes von beiden ist der Herr auf seinem Gebiet: der Mann im Walde, die Frau im Hause. Jeder ist Eigentümer der von ihm verfertigten und gebrauchten Werkzeuge .. .« 27 Diese Arbeitsteilung war nach Marx die »natürliche« Arbeitsteilung und »ursprünglich nichts als die Teilung der Arbeit im Geschlechtsakt«. Daraus folgert er dann die »Teilung der Arbeit, die sich vermöge der natürlichen Anlagen, z. B. Körperkraft, Bedürfnisse, Zufälle etc. von selbst oder naturwüchsig macht«, um zur »naturwüchsigen Arbeitsteilung der Familie zu kommen«. 28 Auch Bebel geht trotz seiner Schilderung der wunderbaren Frauen der Urzeit davon aus, daß »sie an Körperkraft und Gewandtheit den Männern kaum (Hervorhebung d. Verf.) nachstanden«, daß »im allgemeinen die physischen und geistigen Unterschiede zwischen Mann und Weib weit geringer (waren) als in unserer Gesellschaft«. 29 Auch besitzt die Frau größere Geduld, mehr Fingerfertigkeit, einen entwickelteren Geschmackssinn, Eigenschaften, die sie für eine Menge Arbeiten geschickter machen als der Mann. 30 Die Arbeitsteilung zwischen drinnen und draußen erfolgte also aufgrund körperlicher Unterschiede und mehr oder weniger zufällig.
Gleichzeitig mit der Entstehung der Einzelpaarung wurden nach Engels noch andere gesellschaftliche Triebkräfte wirksam, um daraus die neue, jetzt noch bestehende Familienform hervorgehen zu lassen. Dabei handelt es sich nun entsprechend der sozialistischen Theorie um ökonomische Gründe. Mit diesen neuen Triebkräften ist die Entstehung des Privateigentums, des neuen Reichtums durch Herdenhaltung und Züchtung von Haustieren durch die Männer gemeint. »Diese Reichtümer, in den Privatbesitz der Familie gelangt und rasch vermehrt, gaben der auf Paarungsehe und mutterrechtlichen Gens begründeten Gesellschaft einen mächtigen Stoß. Die Paarungsehe hatte ein neues Element in die Familie einge-führt. Neben die leibliche Mutter hatte sie den beglaubigten leiblichen Vater gestellt.. ,« 31 »Nach dem Brauch der damaligen Gesellschaft konnten die Kinder nicht von ihm erben; die Abstammung und das Erbe wurden nur in weiblicher Linie geregelt. Beim Tod des Herdenbesitzers wären seine Herden an seine weiblichen, von der mütterlichen Linie her stammenden Verwandten übergegangen; seine Kinder hätten nicht geerbt. Diese Erbfolge mußte nun von den Männern, die inzwischen aufgrund ihres Reichtums eine wichtigere Rolle in der Familie spielten, umgestoßen werden. Es wurden männliche Abstammungslinie und väterliches Erbrecht zum Prinzip gemacht.« 32 Das Mutterrecht verschwand, das Vaterrecht trat an seine Stelle.
Die Sozialisten
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