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Typisch Mädchen

Typisch Mädchen

Titel: Typisch Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Grabrucker
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Sein Sein und Wesen ist das Maß aller Dinge. Auf eine Darstellung der Verwirklichung der Gleichheit der Frau im real bestehenden Sozialismus verzichte ich, da jeder-frau bekannt ist, daß einiges fehlt, um von einer Befreiung der Frau - außer' ihren doppelten Aufgaben - reden zu können.
Die umweltbedingte Ursachenerklärung
    Ich stelle diesen Ansatz ausführlicher dar, weil er mir nach dem in den ersten drei Lebensjahren mit Anneli Erfahrenen als die einzig relevante Erklärungsmöglichkeit für Geschlechtsdifferenzierungen erscheint. Zugleich kommt er feministischen Positionen am nächsten, da viele Wissenschaftlerinnen durch vertiefte und erweiternde Forschung an der Vielfältigkeit der Erklärungen arbeiteten. Danach sind Unterschiede im Verhalten der Geschlechter und die daraus folgende geschlechtsspezifische Arbeitsteilung einzig und allein auf gesellschaftlich bedingte Ursachen zurückzuführen. Der einzig wirklich aus der Biologie begründbare Unterschied liegt in der Gebärfähigkeit der Frau. Die sich daran anschließende Beschäftigung der Frau mit Pflege- und Erziehungsarbeiten wird als soziale Mutterschaft verstanden, die der Frau nicht von der Natur, sondern vom Patriarchat als ihre alleinige Aufgabe zudiktiert wurde. Alle Tätigkeiten und Verhaltensweisen, die in unserem Stand der Gesellschaft einem Geschlecht zugeordnet werden, sind umkehrbar und können jederzeit auch vom anderen Geschlecht ausgeübt werden. Beiden Geschlechtern steht die ganze Palette gesellschaftlich vorhandener Wesensäußerungen und Tätigkeiten zu. Auferlegte Beschränkungen sind durch die im
    Patriarchat herrschenden Gesetzmäßigkeiten von Produktion und Reproduktion verursacht, die zur Aufrechterhaltung und Entstehung von Uber- und Unterordnungsverhältnissen, von Herrschaft und Abhängigkeit beitragen. Um zu diesem kompromißlosen Ansatz zu kommen, waren die Arbeiten, die die berühmte amerikanische Ethnologin und Anthropologin Margaret Mead über ihre Forschungen in der Südsee veröffentlichte, von entscheidender Bedeutung. 45 »Sie hat durch ihre ethnologische Pioniertätigkeit Erkenntnisse gesammelt und uns gelehrt, Vergleiche mit Frauen anderer Kulturen vorzunehmen und Fragen über Sinn und Wert der jeweilig als >weiblich< propagierten Verhaltensweisen zu stellen, die uns ohne ihre Fragestellungen so leicht nicht in den Sinn gekommen wären.« 46
    Mead ging bei ihrer Arbeit zunächst davon aus, daß die Rolle der Kultur für die Entwicklung der Art, wie Kinder einer bestimmten Gesellschaft zu denken, fühlen und handeln lernen, äußerst wichtig ist. In ihrer Wissenschaft wußte man 1929 bereits, daß verschiedene Kulturen selektiv gewisse potentielle Fähigkeiten fördern und andere ablehnen. Mead definierte daher ihre Forschungstätigkeit in Neu-Guinea als den Versuch, die Art und Weise zu studieren, wie die Kultur die Rollen von Männern und Frauen stilisiert. Es war ihre erklärte Absicht, einen neuen Zugang zur Grundfrage nach den biologischen Unterschieden zu finden, die geschlechtsabhängig sind. Dazu mußte natürlich vorher das Problem der Wirkungen kultureller Stilisierungen auf männliche und weibliche Persönlichkeiten aus dem Weg geräumt werden. 47 Mead war also ausgezogen, biologisch begründete Unterschiede in den Geschlechtern bei mehr oder weniger noch unberührten, dem Steinzeitalter gemäß lebenden Stämmen zu finden. Bei der Beobachtung dreier Eingeborenenstämme stellte sich dann folgendes heraus: »Bei den Arapesh wurde sowohl von Männern als auch von Frauen erwartet, daß sie hilfreich und anhänglich waren und sich gleichermaßen an der Aufzucht der Kinder beteiligten. Jungen halfen, ihre kleinen, ihnen angetrauten Frauen zu füttern und aufzuziehen, und Männer und Frauen beachteten gemeinsam die Tabus, die ihre neugeborenen Kinder schützten. Das ganze Abenteuer des Lebens kreiste darum, Dinge wachsen zu lassen - Pflanzen, Schweine und vor allem Kinder ,.. Aggressives Verhalten - ein Verhal-ten, das die Rechte der anderen und auch die Regeln mißachtete, die es einem Mann verboten, seine eigenen Schweine, das Wild, das er erlegte oder die süßen Kartoffeln, die er selbst anbaute, zu essen - wurde sehr stark abgelehnt. Aber nicht der Aggressor wurde bestraft oder getadelt, sondern jeder, der eine andere Person zu Ärger oder Gewalt provozierte .. . bei gewalttätigen und unkontrollierten Menschen war das beste Rezept, sie nicht zu provozieren. ... Es herrschte die Erwartung, daß Männer

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