Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
dass die antiken Amazonen, die der Vernichtung durch Herakles entgangen wären, sich nach Südamerika gerettet hätten.
Der Jesuit Cristobal de Acuna, der das Amazonasgebiet bereist hatte, schmückte alle bekannten Berichte über diese sagenhaften Stämme mit viel Fantasie und wilden Spekulationen noch aus. Nach de Acuna lebten diese Frauen in völliger Abgeschiedenheit und wurden nur einmal im Jahr von den Männern eines benachbarten Stammes besucht, um sie zu schwängern. Die Mädchen, die aus diesen Verbindungen geboren wurden, zogen die Frauen auf. Ihre Söhne händigten sie im folgenden Jahr den Männern aus, wenn diese zu ihrem nächsten Besuch kamen. Doch gab es auch Gerüchte, dass sie ihre Söhne töteten, indem sie sie aussetzten.
Chinesische Chroniken aus dem ersten nachchristlichen Jahrtausend beschreiben Frauenreiche in den Grenzgebieten Chinas zu Indien. Eines dieser Reiche, Su-fa-la-na-chü-lo, was „das Land der schönen Königin“ bedeutet, erstreckte sich im ersten Jahrhundert n. Chr. über ganz Nordtibet. Es umfasste 80Städte, wurde von über 40000 Familien bewohnt und verfügte über eine Armee von 10000 Soldaten. Die Männer wurden gering geachtet und hatten als Diener nur eine untergeordnete Funktion. Sie mussten die Felder bewirtschaften und unter dem Kommando der Frauen den Kriegsdienst verrichten. Die Königin, die ständig von einer Schar von über hundert Frauen umgeben war, wurde aus der herrschenden Familie ausgewählt. Sie hatte immer eine Stellvertreterin, so dass im Falle ihres Todes nie die führende Stellung ihrer Familie in Frage gestellt war.
Chinesische Quellen berichten noch von einem weiteren Amazonenreich in der Nähe des Kaspischen Meeres. Es soll ausschließlich von Frauen bewohnt worden sein.
Die Existenz solcher Amazonenreiche wird auch durch Reisebeschreibungen aus dem 15. Jahrhundert bestätigt. So erwähnt Ruy Gonzales de Clavijo, dass er bei einer Gesandtschaftsreise nach Samarkand einen ausschließlich von Frauen bewohnten und regierten Staat kennen lernte. Da dieser Staat völlig männerlos war, besuchten die jungen Frauen einmal im Jahr das benachbarte Gebiet, um sich dort schwängern zu lassen. Von den neugeborenen Kindern behielten sie nur die Töchter, während sie die Söhne zu ihren Vätern zurückschickten. Diese Frauen behaupteten, sie stammten von den einst am Schwarzen Meer lebenden Amazonen ab und wären vertrieben worden, als ihre Vorfahren zusammen mit den Trojanern gegen die Griechen kämpften.
KAPITEL 3
Zwei orientalische Despotinnen:
Hatschepsut und Semiramis
In der Frühzeit der altorientalischen Reiche war der gesellschaftliche Status der Frauen bei weitem höher als in den späteren Epochen, wo ihr Einfluss in Staat und Gesellschaft allmählich geringer wurde. In der Frühzeit waren es auch hier weibliche Gottheiten, die die Religion bestimmten. Wie die Mythen zeigen, verschwanden aber die weiblichen Gottheiten nach und nach aus dem religiösen Bewusstsein der Menschen, wenn sie nicht die Gattin eines Gottes wurden. Lange Zeit noch war ausschließlich die Unterwelt, das Reich der Toten, das Herrschaftsgebiet einer Göttin.
Die Sumerer, die etwa seit 3000 v. Chr. im Südirak herrschten, kannten vermutlich die Vielmännerei. In einem sumerischen Rechtstext aus dem 2. Jahrtausend v. Chr. heißt es:
„Die Frauen der früheren Tage nahmen sich gewöhnlich zwei Ehemänner, aber die heutigen würden gesteinigt werden, wenn sie dies täten. Wenn ein Mann eine Frau zurückweist, die ein Kind geboren hat, so soll er aus dem Haus getrieben werden.“
In dem südlich des Herrschaftsgebiets gelegenen Reich von Elam gab es zur gleichen Zeit eine deutlich ausgeprägte mut- terrechtliche Gesellschaftsstruktur. So waren beispielsweise die Frauen die alleinigen Erben. In dem nachfolgenden Reich der Babylonier (ab 1600 v. Chr.) verloren die Frauen ihre herausragende Stellung in Staat und Gesellschaft. Doch im Vergleich zu den antiken Gesellschaften Griechenlands und Roms waren ihre Rechte noch beträchtlich. Sie konnten Eigentum erwerben, wie zum Beispiel einen eigenen Landbesitz, den sie nach ihrem Gutdünken verwalten konnten. Des Weiteren war ihnen gestattet, Klage vor Gericht zu erheben und Verträge abzuschließen. Jede Verfehlung gegen eine Frau wurde mit der Verbannung aus der Gemeinschaft bestraft, was ein sicherer Beweis alter mutterrechtlicher Vorstellungen ist. Frauen übten nicht nur das Amt von Priesterinnen aus, sondern sie waren auch als
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