Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
literarischen Interesse, dass sie die Texte, die auf Tontafeln überliefert sind, abschreiben ließ.
In Deir-el-Bahari westlich von Theben in der Nähe des berühmten Tals der Könige befindet sich einer der berühmtesten Totentempel des alten Ägypten. Eine Inschrift in Hieroglyphen verkündet, dass der ägyptische Gott Amun-Re die Gemahlin des Pharaos Thutmosis I. (1510–1491 v. Chr.), Ahmose, besucht und mit ihr ein Kind gezeugt habe. Dieses Kind erhielt die Namen Hatschepsut, „die das Antlitz der Edlen ist“, und Makare, „die Wahrheit ist das zweite Ich des Sonnengottes“. Der höchste Gott, Amun-Re, so berichtet die Inschrift weiter, „stellte dieses Mädchen den Göttern mit denWorten vor: „Seht meine Tochter Hatschepsut! Sie soll leben! Ich liebe sie, ich bin mit ihr zufrieden!“
Diese Frau, deren Abstammung auf einen Gott zurückgeführt wird, gehört neben Kleopatra zu den bekanntesten Herrscherinnen des alten Ägypten. Aber das Urteil der Historiker über diese Pharaonin fällt unterschiedlich aus. Es reicht von der Beschreibung als Thronräuberin, die sich nicht damit begnügte, nur Königin zu sein, sondern beabsichtigte, der König selbst zu sein, über die Darstellung als Marionette der Priester, deren persönliche Rolle nur gering war, bis hin zur Beurteilung als große Reformerin und Baumeisterin des alten Ägypten.
Ihre Geburt fiel in eine der unruhigsten Zeiten Ägyptens. Zwei Jahrhunderte lang hatten die Hyksos, ein Nomadenvolk aus Vorderasien, Ägypten beherrscht. Um 1550 v. Chr. waren diese fremden Eroberer endgültig aus Ägypten vertrieben worden, aber die Spuren der Verwüstung, die dieser Befreiungskampf hinterlassen hatte, waren noch nicht beseitigt worden. Als 1520 v. Chr. der Pharao Thutmosis I. starb, hinterließ er aus seiner Ehe mit Ahmose nur seine Tochter Hatschepsut, da seine Söhne und die jüngere Tochter früh verstorben waren. Da es die Tradition erforderte, dass der Pharao ein Mann war, der die Erbprinzessin heiratete, ehelichte Hatschepsut 1520 v. Chr. einen unehelichen Sohn ihres Vaters, der aus der Verbindung mit seiner Nebenfrau Mutnofret hervorgegangen war. Mit diesem Ehemann, Pharao Thutmosis II. hatte Hatschepsut die beiden Töchter Nofrure und Meritre-Hatschepsut. Wie bei ihrem Vater gab es aber einen Sohn von einer Nebenfrau. Damit die Macht in Hatschepsuts Händen blieb, musste die älteste Tochter Nofrure bereits im Kindesalter ihren Neffen und Hatschepsuts Stiefsohn, den späteren Thutmosis III., heiraten.
Wenn diese ehrgeizige, stolze und herrschsüchtige Frau den Thron Ägyptens als regierende Pharaonin einnehmen und an der Macht bleiben wollte, musste sie sich zunächst gegen zwei Rivalen aus ihrer Verwandtschaft durchsetzen und sie in den Schatten stellen. Dieses gewaltlose Bild der Erbfolge und der Regierungsübernahme wird von einigen Forschern in Frage gestellt. Sie verweisen darauf, dass die machtbesessene Hatschepsut lange um die Herrschaft hatte kämpfen müssen. Eine Inschrift von Thutmosis II. enthält vielleicht einen Hinweis auf die internen familiären Machtkämpfe, bei denen die rebellische Hatschepsut eine Schlüsselrolle spielte. Darin wird berichtet, dass der Fürst im nördlichen Nubien nach einem furchtbaren Gemetzel „die ins Gefängnis gehörende Pharaonin anerkennt“. Dieser Kampf um den ägyptischen Thron könnte so abgelaufen sein, dass zunächst Thutmosis I. von Hatschepsut im Bunde mit ihrem Schwiegersohn Thutmosis III. entmachtet wurde und danach dessen Schwiegermutter Alleinherrscherin wurde. Dem vertriebenen Thutmosis I. gelang es, mit seinem unehelichen Sohn Thutmosis II. für eine kurze Zeit den Thron zurückzuerobern, bis Hatschepsut den Machtkampf endgültig mit ihrem Schwiegersohn zu ihren Gunsten entschied. Sieger dieses königlichen Machtkampfes ist am Ende Thutmosis III., weil es ihm gelang, Hatschepsut zu entmachten. Wie auch immer die Wirren um die Thronfolge abliefen, Tatsache bleibt, dass Hatschepsut 20 Jahre lang entscheidend die Geschicke des ägyptischen Reiches bestimmte.
In ihre Jugendzeit fiel ein Ereignis, das die Geschichte nachhaltig beeinflusst hat. Einer der Ahnherren der Juden, der legendäre Moses, wurde, nach einer modernen Quelle, im Jahr 1531 v. Chr. im Nildelta geboren. Zu dieser Zeit war Hatschepsut fünf bis zehn Jahre alt. Es war nichts ungewöhnliches,dass sich fremde Volksgruppen im fruchtbaren Niltal niederließen und dort als eine untergeordnete Bevölkerungsschicht lebten. Eine
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