Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
eine Opposition, die lieber ihren Frieden mit dem Papst geschlossen hätte. Das leibhaftige Symbol dieser antipäpstlichen Politik war nicht Heinrich VIII., sondern seine Gemahlin Anna. Für diese dem Papst zugeneigten Kreise des englischen Adels war Maria weiterhin die legitime Thronfolgerin.
Um Maria weiter zu demütigen, ordnete Heinrich an, dass sie mit der ihr verhassten Halbschwester in einem Palais zusammenleben musste. Sie war jetzt nicht nur den Launen der Dienerinnen Elisabeths ausgesetzt, sondern ihre Freiheiten wurden derart eingeschränkt, dass sie von den ihr noch verbliebenen Freunden als eine Gefangene bezeichnet wurde. Dazu kam ein spürbarer Geldmangel, der sie zwang, eine Bittschrift an ihren Vater zu richten.
Das Jahr 1536 wurde zu einem der Wendepunkte im Leben von Maria. Als ihre Mutter schwer erkrankte und das Endeihres kummervollen Lebens kommen sah, bat sie Heinrich, einmal noch ihre Tochter sehen zu dürfen. Obwohl Heinrich ihr diesen Wunsch abschlug, diktierte sie einen Brief an ihn, in dem sie ihn als ihren „teuersten Herrn, König und Gemahl“ bezeichnete und ihm alles Unrecht, das er ihr und Maria zugefügt hatte, verzieh. Hinter dem Wunsch Katharinas stand auch die tiefe Sorge, dass ihrer Tochter etwas zustoßen könnte. Maria war nämlich plötzlich so erkrankt, dass das Gerücht auftauchte, man hätte sie vergiftet. Deshalb wollten ihre Freunde sie in die Residenz ihrer Mutter bringen, weil man deren spanischen Ärzten wohl kaum ein Giftmord unterstellen könnte.
Die Nachricht von Katharinas Tod rief bei Heinrich Trauer und Bestürzung hervor, während seine Gemahlin Anna sich in Gelb kleidete und ihre Freude über das Hinscheiden der ehemaligen Königin und ihrer persönlichen Rivalin nicht verbergen konnte. Aber sie hatte sich gründlich getäuscht. Als sie nämlich wenige Wochen später ein zweites Mal niederkam und eine Fehlgeburt erlitt, verlor sie endgültig die Gunst des Königs. Im vertrauten Kreis erzählte der König, er sei durch die schwarze Kunst veranlasst worden, diese Ehe mit Anna einzugehen. Die königlichen Juristen befragte er, ob bei einer Scheidung bezüglich der Thronfolge wieder die erste Ehe gültig sei. Der wahre Grund der zunehmenden Entfremdung der beiden Ehepartner war eine neue Geliebte, die den König in ihren Bann zog.
Da Heinrich durch eine zweite Scheidung sein Privatleben in den Blickpunkt der europäischen Hofwelt stellen wollte, entschloss er sich, sich Anna Boleyns durch ein Gerichtsverfahren zu entledigen. Seiner schönen und lebenslustigen Gattin Affären mit anderen Männern zu unterstellen, bereiteteihm keine Mühe. Sie wurde angeklagt mit fünf Männern, darunter ihrem eigenen Bruder, ein Verhältnis gehabt zu haben und sofort im Tower, dem Staatsgefängnis in London, gefangen gesetzt. Gleichzeitig verlobte sich Heinrich mit der Hofdame Jane Semour, die schon bei seiner ersten Gattin im Dienst gestanden hatte. Nachdem seine Gemahlin hingerichtet worden war, war für Heinrich der Weg frei für eine neue Ehe. Jane Semour gebar ihm 1537 den lang ersehnten Thronerben, den späteren Eduard VI. Doch sie selbst starb zwölf Tage nach der Niederkunft.
Aber auch Maria geriet in dieser Zeit in große Gefahr, weil sie sich weigerte, ein Schreiben zu unterzeichnen, in dem sie die Oberhoheit des Königs und den Verzicht auf alle Thronrechte anerkannte. Auch sollte sie nicht nur bestätigen, dass allein ihr Vater berechtigt sei, die englische Kirche zu leiten, sondern auch die Nichtigkeit seiner Ehe mit Katharina. Ihr Vater war über ihren Widerstand so erbost, dass er prüfen ließ, ob man juristisch wegen Unbotmäßigkeit gegen sie vorgehen könnte. Maria wusste aus unmittelbarer Erfahrung, wie ihr Vater notfalls den Widerstand seiner Gegner zu brechen wusste. Maria geriet in Panik, und aus Furcht unterschrieb sie das königliche Dokument. Aber es blieb eine tiefe Wunde in ihrer Seele zurück, da sie zeitlebens Gewissensbisse quälten, ihre eigene Mutter und die Kirche verraten zu haben. Nach dieser Unterwerfung besserte sich allerdings ihr Verhältnis zu ihrem Vater, aber sein Vertrauen konnte sie nicht gewinnen, weil er wusste, dass sie im Inneren ihres Herzens auf der Seite der Katholiken stand. Bevor sie von ihm einige Erleichterungen und Freiheiten wie ein Besuchsrecht am königlichen Hof gewährt bekam, musste sie ein Schreiben unterzeichnen, in dem dem Kaiser, dem Papst und dem König von Ungarn ihrThronverzicht und die Anerkennung der
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