Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
kirchlichen Reformen ihres Vaters mitgeteilt wurden.
In diesen Jahren verlief das Leben Marias in ruhigen Bahnen, da sich die Beziehungen innerhalb der königlichen Familie entspannten. Sie lebte mit ihrer Halbschwester Elisabeth zusammen, zu der sie ein fast freundschaftliches Verhältnis entwickelt hatte. Auch die Anordnung ihres Vaters, dass sie den kleinen Prinzen Eduard erziehen solle, verrät eine Verbesserung ihres Verhältnisses.
Nach dem Tod von Jane Semour heiratete Heinrich die Prinzessin Anna von Cleve, eine Verwandte des Königs von Sachsen, der zu den führenden Häuptern der Protestanten in Deutschland gehörte. Aber schon 1540 trennte er sich von dieser Frau, die er offenbar nur geheiratet hatte, um sich die Rückendeckung der deutschen Protestanten in seiner Politik gegen den Kaiser und den Papst zu sichern. Seine fünfte Gemahlin war Katharina Howard, mit der er nur ein Jahr zusammenlebte. Sie wurde des Hochverrats angeklagt und wie Anna Boleyn hingerichtet. Mit diesen Frauen kam Maria nicht gut zurecht und sie vermied es, mit ihnen überhaupt zusammenzutreffen, um ihnen nicht die ihnen gebührende Ehre erweisen zu müssen. Nach diesen missglückten Versuchen entschloss sich Heinrich die Witwe Katharina Pfarr zu heiraten, die fast so häufig wie ihr königlicher Gemahl verheiratet gewesen war.
Maria war in den besten Jahren ihres Lebens noch unverheiratet. Dem Hofklatsch nach tauchten immer wieder Freier auf, die sich um ihre Hand bewarben. Im Gespräch waren portugiesische, deutsche und italienische Fürsten oder der Bruder des Königs von Dänemark. Aber alle Welt wusste, diese Namen waren nur Teil der diplomatischen Aktivitäten HeinrichsVIII. Wenn Maria gefragt wurde, ob sie sich für einen Mann entschieden hätte, pflegte sie zu sagen: „Das sind nur Namen! Solange mein Vater lebt, bleibe ich die Lady Maria, die unglücklichste Frau des ganzen Königreiches!“
Als im Jahre 1547 Heinrich VIII. an den Folgen einer Syphilis starb, bestieg sein Sohn Eduard den Thron. Nach dem Willen des verstorbenen Königs führte bis zu Eduards Volljährigkeit ein Staatsrat, ein Gremium von hohen Adligen, die Regierungsgeschäfte. Diese Vorsichtsmaßnahme konnte aber nicht verhindern, dass Lord Eduard Seymour, der Onkel des jungen Königs, eine beherrschende Position im Staatsrat einnahm. Sein schärfster Rivale im Rat war sein eigener Bruder Thomas. Um seine Stellung zu verbessern, suchte Thomas Seymour nach Möglichkeiten, sich enger mit der königlichen Familie zu verbinden. Maria lehnte eine Heirat mit dem protestantischen Adligen aus religiösen Gründen ab. Da ihm eine Ehe mit Marias jüngerer Schwester Elisabeth vom Staatsrat untersagt war, heiratete er Katharina Pfarr, die Witwe des verstorbenen Königs.
Diese Heirat betrachtete Maria als eine Kränkung ihres Vaters, dem sie in dessen letzten Lebensjahren trotz der zuvor erlittenen Demütigungen freundschaftlich zugetan war, besonders weil er durch seine Krankheit ihr Mitleid erregt hatte. Die Veränderung in ihrer Beziehung zu ihrem Vater drückte sich auch in der Thronfolgeregelung aus, die Maria und Elisabeth zu Thronerben machte, falls Eduard kinderlos sterben sollte. Zeitgenossen berichten, sie habe oft mit Sehnsucht an diese starke Persönlichkeit zurückgedacht.
Der Tod von Katharina Pfarr machte alle Pläne von Thomas Seymour zunichte. Sein Versuch, seine Pläne durch eine Heirat mit Elisabeth doch noch zum Erfolg zu führen, machteden Staatsrat misstrauisch, und seine Rivalen setzten seine Verhaftung und Hinrichtung durch.
Der neue starke Mann des Staatsrates war der Graf Warwick, der später den Titel Herzog von Northumberland erhielt. Er herrschte fast mit unumschränkter Macht und setzte mit großem Eifer die von Heinrich VIII. eingeleiteten Reformen fort. Als der Staatsrat weitere Gesetze erließ, die den Katholizismus endgültig vernichten sollten, wurde das Haus Marias eine Zufluchtsstätte für alle Verfolgten. Durch die neuen Gesetze durfte keine Messe mehr nach katholischem Ritus abgehalten werden. Der Staatsrat beobachtete mit großer Aufmerksamkeit, wie sich Maria als Schwester des Königs und mögliche Thronfolgerin verhielt. Rückhalt erhielt Maria vom deutschen Kaiser, der ihr durch seinen Gesandten mitteilen ließ, niemand könne sie zu einem Religionswechsel zwingen. Die Ankündigung neuer Gesetze, die auch die letzten Überbleibsel des Katholizismus aus den Kirchen verbannt hätten, brachten Maria zu der Überzeugung,
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