Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
würde.
Dieses Heiratsprojekt mit einem Spanier stieß jedoch auf scharfe Ablehnung bei vielen Engländern, bei Protestanten wie Katholiken und selbst bei denen, die sich mit der Waffe in der Hand für ihre Thronfolge eingesetzt hatten. Die Missstimmung wurde so groß, dass es für die unterlegenen Protestanten sehr leicht war, einen Aufstand zu entfachen. 1554 kam es auch in London zu Straßenunruhen. In Kent organisierte Thomas Wyatts, der Sohn eines bekannten englischen Dichters, einen Aufstand der Bauern.
Aber Maria und ihr Staatsrat blieben standhaft und gaben London nicht auf, so dass die königlichen Truppen die Aufstandsbewegung niederschlagen konnten. Maria ging mit aller Strenge gegen die Aufständischen und ihre Anführer vor. Die Anhänger des Herzogs von Northumberland und Jane Grey, die in den Wirren um Marias Thronfolge noch mit dem Leben davongekommen waren, wurden enthauptet. Da die Gefängnisse Londons überfüllt waren, musste man die Gefangenen in Kirchen festhalten. An jedem Tag wurden 82 Personen vernommen und meist sofort hingerichtet. Zehn Tage lang sah man in London überall Galgen mit Gehängten. Einige der zum Tode Verurteilten wurden nach Kent gebracht, damit auch die dortige Bevölkerung eingeschüchtert würde. Nach vierzehn Tagen ließ Maria schließlich die Gefängnisse räumen und die Inhaftierten, 400 an der Zahl, wurden gefesselt vor den Westminster Palast geführt, wo die Königin am offenen Fenster stand und das Schauspiel ansah. Die Inhaftierten fielen auf die Knie nieder und mussten um Gnade betteln, dieihnen auch gewährt wurde. Aber noch lange gingen die Verhöre und Hinrichtungen von vermeintlichen Anführern des Aufstands weiter.
Während des Aufstands hatte der Staatsrat angeordnet, dass Elisabeth nach London zurückkommen müsse. Als sie dieser Aufforderung nicht nachkam und mitteilen ließ, dass sie krank sei, wurde sie von Ärzten untersucht und für transportfähig erklärt. Dies nährte bei Maria den Verdacht, dass Elisabeth vielleicht die neue Königin werden sollte, wenn der Aufstand erfolgreich gewesen wäre. Elisabeth wurde in den Tower gebracht, und der Staatsrat nahm eine intensive Untersuchung auf, ob Elisabeth in den Aufstand verwickelt sei. Da sich keine Hinweise fanden, die für eine Anklageerhebung gereicht hätten, wurde Elisabeth aus dem Tower entlassen und unter Hausarrest gestellt. Zwei Monate später landete Philipp von Spanien in England und wurde mit Maria Tudor getraut.
Die Rekatholisierung Englands machte gute Fortschritte. Nachdem man dem Adel zugesichert hatte, er würde das ihm zugesprochene Kirchengut nicht verlieren, wurden alle antipäpstlichen und antikatholischen Gesetze aufgehoben, die zum Bruch mit dem Papst geführt hatten. Der Papst wurde ausdrücklich als kirchliches Oberhaupt anerkannt. 1554 kam der päpstliche Legat Kardinal Pole, der England nach dem Bruch Heinrichs VIII. mit dem Papst verlassen musste, wieder zurück und verkündete in einem feierlichen Akt vor der Königin und dem Parlament die päpstliche Freisprechung von den „Sünden der Reformation“.
Ab 1555 begann Maria einen regelrechten Feldzug gegen alle Protestanten. Die erste Maßnahme war die Wiedereinführung der Ketzergesetze, die auch heimliche religiöse Zirkel unter Strafe stellten. Mit dieser Politik hatte Maria ihr Versprechengebrochen, dass sie nur beabsichtige, die Rechte der alten Kirche wiederherzustellen. Ihr bisheriges Verhalten ihren Gegnern gegenüber kann als hart, aber nicht ungesetzlich bezeichnet werden, wenngleich sie auch beim Aufstand von Wyatt sehr viele Menschen hatte hinrichten lassen. Der hohen Zahl von Todesurteilen standen jedoch viele Begnadigungen von Gegnern gegenüber, die ihre erklärten Feinde waren. Doch plötzlich kam es zu einer regelrechten Hinrichtungswelle. Zuerst fielen dem Feldzug gegen die Protestanten zwei einfache Landpfarrer, dann der Bischof von Gloucester und sein Amtskollege von St. Davis zum Opfer. Im Herbst wurden zwei Bischöfe von Oxford, denen man den Vorwurf machte, ein Jahr zuvor in einem Streitgespräch ihren Glauben verteidigt zu haben, an einen Pfahl gekettet und verbrannt. In den drei Jahren bis zum Tod der Königin mussten über dreihundert Menschen wegen ihres Glaubens als verurteilte Ketzer ihr Leben lassen. Ihr Vater Heinrich hatte in den letzten acht Jahren seines Lebens, als er die kirchlichen Reformgesetze erheblich verschärfte, „nur“ 26 Menschen aus religiösen Gründen hinrichten lassen.
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