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Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte

Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte

Titel: Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Werner
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ein ehrenvolles und feierliches Begräbnis.

KAPITEL 12
Katharina II. –
Zarin der Lust und zynische Despotin
    In einer warmen Sommernacht des Jahres 1762 ritt im Galopp die 34-jährige Großfürstin Katharina von der Sommerresidenz der Zaren in das nahe gelegene Petersburg. Ihr Aufbruch war so überstürzt, dass sie nicht einmal Zeit hatte, ihre Toilette zu machen. In Petersburg standen die Garden bereit, sie zur Kaiserin auszurufen. Ihr Liebhaber, der Gardeoffizier Gregori Orlow, führte sie sofort in die Kaserne seines Regiments. Er und sein Bruder Alexej, zwei kaltblütige und grobschlächtige Landsknechte und Kriegshelden, spielten eine Schlüsselrolle bei der Durchführung dieses Staatsstreiches, mit dem sie den Zaren Peter III. und Gemahl Katharinas von der Macht verdrängen wollten. Der Staatsstreich war gut vorbereitet worden. In einem Manifest wurde Katharina als Kaiserin und Selbstherrscherin von ganz Russland bezeichnet. Der weitere Verlauf hing davon ab, ob man die Masse der Soldaten in Petersburg für sich gewann. Die Chancen standen gut, weil Zar Peter III. den Befehl erteilt hatte, einen großen Teil der Garderegimenter zu einem Feldzug gegen Dänemark einzuschiffen.
    Vor den versammelten Gardesoldaten rief Katharina: „Mein Mann hat den Befehl erteilt, mich und mein Kind töten zu lassen!“ Die Soldaten riefen ihr zu: „Es lebe unser Mütterchen Katharina!“ Dasselbe Schauspiel wiederholte sich in den anderen Kasernen. Ihrem Siegeszug durch Petersburg schlossen sich auch viele Geistliche an. Am nächsten Morgen wurde Katharina von den führenden Kirchenvertretern in der Kasan-Kathedrale als neue Zarin gesegnet. Den Treueeid der Würdenträger des russischen Reiches nahm sie im Winterpalais, dem Sitz der Zaren, entgegen.
    Nun begann die zweite Phase des Staatsstreiches. Zar Peter III. musste förmlich abgesetzt werden. An der Spitze der ihr ergebenen Garden ritt Katharina gemeinsam mit der Fürstin Daschkowa zu dem vermuteten Aufenthaltsort des Zaren. Unterwegs nahm Katharina die Huldigung der wichtigsten Beamten Peters III. entgegen, die sich unter Vorwänden aus seiner Umgebung entfernt hatten. Von seinen Vertrauten im Stich gelassen und fast wahnsinnig vor Angst, unterzeichnete der Zar seine Absetzungsurkunde, die seine Gemahlin entworfen und eigenhändig niedergeschrieben hatte. Darin musste er eingestehen, die Schwere und die Last der Regierungsgeschäfte nicht tragen zu können und für alle Zeiten auf seinen Anspruch auf den Zarentitel zu verzichten. Es wäre ein nahezu unblutiger Staatsstreich gewesen, wenn nicht der gestürzte Zar selbst den Tod gefunden hätte.
    Peter III., dem seine Uniform, der Degen und alle Orden abgenommen worden waren, wurde in einem Arrestwagen unter dem Kommando von neun Offizieren in das bei Petersburg gelegenen Schloss Ropscha gebracht, wo er sich so lange aufhalten sollte, bis in der Festung Schlüsselberg ein Gemach für ihn hergerichtet sei. Seine Bitte, dass ihm seine GeliebteWoronzowa, deren Vater sein Kanzler gewesen war, Gesellschaft leisten dürfe, wurde abgelehnt. Bereits eine Woche später wurde in einer Erklärung Katharinas der Tod des ehemaligen Zars bekannt gegeben. Es hieß, er sei an einer schweren Kolik gestorben. Schon kurz danach tauchten aber Gerüchte auf, er sei auf Veranlassung der neuen Zarin ermordet worden. Ein Giftmord wurde ausgeschlossen, wie eine von Katharina angeordnete Obduktion ergab. Um sich von jedem Verdacht zu reinigen, ließ sie seine Leiche sogar öffentlich ausstellen. Sein Gesicht war vollkommen schwarz und der Hals bis an die Ohren verdeckt, damit man, wie Zeitgenossen vermuteten, die Spuren einer Strangulation nicht sehen konnte. Selbst Katharinas Sohn Paul glaubte bis zum Tod seiner Mutter, sie habe seinen Vater umbringen lassen. Eine Version des Tathergangs schildert ein Brief von Alexej Orlow:
    „Mütterchen, gnadenreiche Kaiserin!
    Was soll ich aussprechen und beschreiben, was geschehen ist? Du wirst Deinem getreuen Sklaven keinen Glauben schenken. Aber ich werde die Wahrheit sagen, wie vor Gottes Angesicht. Mütterchen, ich bin bereit zu sterben, aber ich weiß nicht, wie das Unglück geschehen ist. Wir sind verloren, wenn du mir nicht Gnade schenkst. Mütterchen – er ist nicht mehr. Aber niemand hat es gedacht. Wie sollten wir es ausdenken, die Hand gegen den Zaren zu erheben. Aber, Zarin, das Unglück ist geschehen. Es kam bei Tisch zu einem Streit mit dem Fürsten Feodor, und ehe wir sie auseinander

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