Über Alle Grenzen
je eine halbmetergroße Tonstatue von ihm durch die stockdunkle Nacht trugen - wir hatten sie heimlich in einem Hinterhof gekauft -, hatte ich vor Freude Tränen in den Augen. In Keksdosen fast unbeschädigt außer Landes gebracht, stehen sie heute in Kopenhagen, Schwarzenberg und im Frankfurter Zentrum.
Weiter Richtung Osten überquerten wir die erste Ketten-Hängebrücke Tibets über einen recht breiten Fluss. Sie war vor sechshundert Jahren von dem großen Verwirklicher Tangtong Gyalpo gebaut worden, dessen fruchtbarer Geist auch die Anrufung für Liebevolle Augen hervorgebracht hat, die auf Tibetisch in unseren Zentren gesungen wurde. Nachdem wir an einer riesigen weißen Stupa vom Rad der Zeit vorbeigekommen waren, hing links von der Straße noch lange eine einzige Wolke am tiefblauen Himmel. Sie sah aus wie ein blutroter Dorje. Pedro filmte etwas, das nach chinesischen Raketenbasen aussah, und bald darauf sahen wir Männer in der Landschaft. Sie arbeiteten hart mit Hacke und Schaufel, während Soldaten Gewehre auf sie gerichtet hielten. Das ganze Gebiet war offensichtlich ein Gefangenenlager, und auch die letzte tibetische Stadt, in der wir anhielten, bestand fast ausschließlich aus Männern. Pedros Video von der Reise schließt mit den Segnungen, die ich den Menschen dort gab.
Auf dem Pass, der zum Fluss und nach China herunterführt, warfen die Mitfahrenden im Bus Mengen kleiner bunter Zettel aus den Fenstern. Mit Pferden bedruckt, die Juwelen auf dem Rücken tragen, sollten sie eine Opferung sein, um Tibet zu schützen. Man spürte sehr deutlich, dass hier die eigentliche Grenze zwischen Tibet und China verlief.
Guru Rinpoche - einzigartig unter den Kulturhelden der Welt
Der billigste Flug von Chengdu ging nach Kanton, wo unser Boot damals angelegt hatte. Von dort nahmen wir Busse Richtung Süden durch die neuesten Wirtschaftszonen, in denen inzwischen fast alles erlaubt war. Kinderarbeit, fehlende Sicherheitsvorschriften, Ausbeutung und anderes lockte haufenweise Kapitalisten aus Hongkong in das große Mutterland. Wie eh und je in Asien beurteilten die Menschen einander nach dem, was sie besaßen - Mao musste sich in seinem Grab gewunden haben. Wir erreichten Hongkong über einen neuen Grenzübergang, an dem man sich wie im Käfig vorkam, aber glücklicherweise taugte die Technik nicht. Die Röntgengeräte “übersahen” sowohl die tibetischen Gegenstände, die wir am Körper versteckten, als auch die vielen Rüstungsstücke, die im Gepäck lagen. Sie stammen von dem tibetischen Nationalhelden Ling Gesar; ich hatte sie in den Trümmern Tsurphus aufgelesen. Er hatte Tibet freigehalten, indem er die moslemischen Heere einfrieren ließ. Ling Gesar besaß viele weitere magische Kräfte. Die flachen, verrosteten, durch Lederbänder zusammengehaltenen Eisenflächen tragen seinen Energiekreis und schützen die meisten unserer Zentren rund um die Welt.
In Hongkong verfasste Kalu Rinpoche einen Brief mit der Aufforderung, dass die Europäer unter meiner Führung arbeiten sollten. Nach ein paar Tagen in reinem Luxus bei Karin und Hans flog Hannah zu Shamarpa nach Nepal. Während der nächsten Monate sollte sie für uns beide an einer wichtigen Einweihungsreihe teilnehmen und ihm helfen. Wir anderen konnten es kaum erwarten, nach Europa zurückzukommen.
Es war großartig, wieder auf den schnellen Straßen Europas zu sein, und die Säle wurden von Vortrag zu Vortrag voller. Den Überblick über die vielen Anschriften zu behalten, wurde ständig schwieriger. Von Norden bis Süden folgten unsere Zentren den alten Nomadengewohnheiten: Sie zogen oft in immer größere Wohnungen um.
Nach einem fleißigen Mai in Kalifornien brachte der Sommer 1986 einen schönen Kurs mit Tenga Rinpoche. Wie immer übersetzte Hannah, und ich unterrichtete an den Abenden. Dies war üblich geworden und bewährte sich jedes Mal aufs Neue. Aus dem Austausch während der oft knisternden Abende wählte mein polnischer Vertrauensmann Wojtek einige Fragen für das Buch “108 Fragen an den Verwirklicher”, das hoffentlich bald auch auf Deutsch erscheint.
Nach Rödby trennten sich unsere Wege wieder. Hannah reiste zu Shamarpa in die Dordogne, Tenga Rinpoche und ich fuhren in das schwierige Schloss bei Bonn. Es enttäuschte uns nicht: Auch diesmal entstand eine Gerüchteküche. Wieder brachte der Ort die schlechtesten Eigenschaften der Menschen hervor, doch die Zeit passte genau. Die unangenehmen, aber notwendigen Erfahrungen ließen
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