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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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viele schnell heranreifen, und ich verstand besser die kräftige Wortwahl in Kalu Rinpoches Brief. Viele Mitteleuropäer entwickelten hier endlich die notwendige Empfindsamkeit für gebrochene Bände, das tödliche Gift für den Diamantweg. Während tiefes Vertrauen eine schnelle Entwicklung aller erleuchteten Eigenschaften erlaubt, ist nichts zerstörerischer - auch für ihre Verbreiter - als feindliche Gerüchte über die Lehrer anderer Leute.
    In meinen Belehrungen war ich selten auf diesen Bereich eingegangen. Ich hatte gehofft, dass es nie notwendig werden würde. Ich fand die Belehrungen dazu geschmacklos und hatte die auftauchenden Störfälle bis dahin von Mal zu Mal gelöst, ohne all die hochtrabenden Worte und Höllenverheißungen der Texte einzusetzen. Mit einem selbst geladenen Übersetzer aus England wurden die alten Belehrungen aber plötzlich ganz zeitgemäß. Er hätte gerne selbst gelehrt, wollte sich aber nicht bitten lassen, und Tenga Rinpoche hatte wie üblich die Abende mir überlassen. Das war die natürliche Fortsetzung seiner Arbeit. Der Übersetzer Edward verband sich erst mit den Mönchen im Schloss, die auch nichts durchführen konnten, und versuchte zuletzt, Druck auf Künzig Shamarpa in der Dordogne auszuüben, was aber nicht gelang. Dieser rief sofort zurück und bezeichnete den Übersetzer mehrmals als “such a bad man”.
    All das wurde halböffentlich ausgetragen und schmerzte vor allem die “Heile-Welt-Süchtigen”, aber ich tat nichts, um den Vorgang zu beschleunigen. Es sollte eine gründliche Impfung für die Zukunft sein, lang und peinlich. Wenn die Menschen ihren Erfahrungen nicht trauten, wären meine fünfzehn Jahre auf der Autobahn sowieso verschwendet gewesen. Und es ging! Den süßen Wahn abschüttelnd, dass man im geistigen Leben nicht wählen und denken muss, erwachte der deutsche Riese. Wie es sich in den frühen 90er Jahren zeigte, in denen unsere Linie unter schweren Druck von Rotchinesen und Blättern wie dem “Stern” kam, schlief er seither auch nicht wieder ein. Viele Zeitungen hatten den von den Chinesen eingesetzten Kandidaten fälschlicherweise als den 17. Karmapa dargestellt.

    Noch bevor Tenga Rinpoches Kurs zu Ende war, fuhren wir in den Osten. Da man auf den Straßen Osteuropas sowieso nur selten schnell fahren kann, füllten Maia und ich einen VW-Bus mit Freunden. In Krakau warteten 500 Leute in einem großen Zelt. Ein Kurs mit Tai Situpa war gerade vorbei, und nach dem sehr auf Stil bedachten Besuch erwarteten die Polen jetzt das Erlebnis unbegrenzter Kraft und die vollkommen offenen Nächte, in denen wir immer unsere Geister mischten.
    In Warschau wurden wir wenige Tage später von den erregten Stimmen unserer Freunde geweckt. Ihnen war gerade aufgefallen, dass sie pleite waren. Das Geld für den Aufbau des Zentrums Kuchary - sieben Hektar Land westlich von Warschau, das ich ein Jahr vorher für 300 Euro gekauft hatte - war für die Reisekosten der Rinpoches ausgegeben worden. Die Polen hatten zwar versucht, mit gutem rotem Wollstoff für Mönchsroben, der zu der Zeit in den meist leeren Staatsgeschäften aufgetaucht war, zu bezahlen. Aber Akong Tulku aus “Samye Ling” hatte nicht nachgelassen. Obwohl es kein Geheimnis sein konnte, wie schwierig es für dieses Ostland war, Westgeld zu beschaffen, nahm er den Stoff dankend an und forderte die Dollars noch zusätzlich.

    Kuchary, beim Kauf 1985

    Kuchary ist übrigens ein wunderbarer Ort, ein inzwischen völlig neu aufgebauter Herrensitz in einem schönen Park. Mit dem großen Misek als Leiter und Verbindung zu vielen tatkräftigen Leuten im Osten und Westen ergänzt das Zentrum die anderen spannenden Zurückziehungsstellen in Europa. Nach Warschau kamen auch in Danzig, einer anderen tapferen Stadt Polens, Hunderte zu den Vorträgen. Friedel unterrichtete sehr gut, und Claude gab Ratschläge aus der chinesischen Medizin. Obwohl der erstere später eine große Familie gründete und der zweite zu teuer und zu chinesisch beeinflusst wurde, waren sie die ersten Vorboten der vielen “jungen Löwen”, die ich heute zum Lehren um die Welt schicke.

    Geheime Reise in Tibet 1986

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14. Dalai Lama Tenzin Gyamtso (geb. 1935)
    Der Titel “Dalai Lama” wurde im 16. Jahrhundert vom mongolischen Herrscher Althan Khan verliehen. Er ehrte damit einen prominenten Lama der Gelugpa-Linie, den er zu sich eingeladen hatte. Seit der Zeit einer späteren Wiedergeburt, dem 5. Dalai Lama Lobsang Gyamtso (1617-1682),

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