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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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und Bogotá war von allen Seiten abgeschnitten. Sie zeigten auch die hageren Gesichter einiger Engländer, die drei Monate lang Geiseln gewesen waren. Während die meisten getötet wurden, hatte man diese soeben für ein hohes Lösegeld freigelassen. Wir konnten uns aber nicht beschweren: Die Stunden mit den Guerillas hatten den letzten Seiten meines englischen Mahamudra-Buches einen besonderen Pfiff gegeben.

    Für Caracas blieben also nur zwei Tage übrig, die aber waren wichtig. Es war an der Zeit, die Zentrumsarbeit an diejenigen zu übergeben, die wirkliche Buddhisten sind und ein Band zu Karmapa spüren. New-Age-Anhänger genügten hier nicht. Wieder retteten Zentraleuropäer den Tag. Ihre geistige Kraft und Ausdauer ist sowieso das Rückgrat in einem Großteil unserer Zentren rund um die Welt. Die vier groß gewachsenen und beeindruckenden Hoogesteijn-Schwestern hatten genug von der “Mañana-Kultur” und wollten nun die Sache selbst in die Hand nehmen. Sie leiteten die Meditationen und veranstalteten zusammen mit Bogotá einen Kurs über das Bewusste Sterben im April des folgenden Jahres.
    Als wir für eine Nacht in Lima zwischenlandeten, war im Flughafengelände gerade eine Autobombe hochgegangen. Zum ersten Mal seit hundertfünfzig Jahren war die Cholera ausgebrochen, und die Hälfte des Stadtwassers war verseucht. Ein beliebtes Fischgericht sollte der Hauptträger der Krankheit sein. Um Aufstände wütender Fischer zu vermeiden, hatte der Präsident dem Gesundheitsminister befohlen, dieses Gericht im Fernsehen zu essen. Am darauf folgenden Tag wurde er mit verdächtigen Zeichen ins Krankenhaus eingeliefert. Wir hinterließen ungern Ricardo, Jota und unsere inzwischen dreißig Freunde in einer solchen Lage, aber sie konnten mit den Zuständen umgehen. Am Flughafen gab es eine letzte einheimische Färbung: Nachdem die Belegschaft von Aero Peru ewig keinen Lohn erhalten hatte, streikte sie seit Monaten jeden zweiten Tag. Mit unserem Glück hörten wir erst hier davon.

    Wieder in Miami, wollte Jack näheres zu meiner Einstellung gegenüber Dharmadhatu hören. Ich erklärte, dass ich die Erneuerer im Verein unterstützte und sie gegen eine künftige Ausbeutung impfen wolle. Danach besuchten wir Los Angeles. Einige Träger fußgeformter Schuhe mochten meine Ansichten des “schlagt Saddam” zum Golfkrieg nicht, mussten jedoch zugeben, dass ich wusste, wovon ich redete. Europa ist dem Mittleren Osten sehr nahe, und je mehr man über die zornigen Menschen dort weiß, desto weniger mag man sie.
    Eine Talk-Show früh morgens in einem alternativen Radiosender wurde reichlich bizarr. Unsere Europäer, die mit ins Studio gekommen waren, fragten sich ernsthaft, ob Amerikaner aus den Ghettos überhaupt zur Schule gingen. Wenn die Anrufer nicht gerade behaupteten, dass Dänen Mongolen seien, bestanden sie darauf, dass Buddha schwarz gewesen sei und dass jede Zivilisation aus Afrika stamme. Die überlieferten Texte beschreiben, dass Buddha blaue Augen hatte. Aber das sagte ich ihnen lieber nicht. Es hätte wohl ihren Zugang zur Lehre für viele weitere Lebenszeiten versperrt. Tatsächlich war es hier, wie bei anderen Auseinandersetzungen eine echte Wonne, Buddhist zu sein: Weil man tief im Mark der Knochen weiß, dass jeder die Buddhanatur hat und auch der Welt das Beste für die weitere Zukunft wünscht, muss man überhaupt kein schlechtes Gewissen haben, wenn man auf Missstände, Unterschiede und Herde des Leids zeigt. Auch zum Besten der Betroffenen selbst mache ich durchgehend auf die Gefahren von Islam, Frauenunterdrückung, Ghettos, fehlender Ausbildung und Überbevölkerung aufmerksam. Alle wollen Leid vermeiden, und wenn man dessen Ursachen kennt, ist das auch weitgehend möglich.

    Die Nydahls privat

    Im Zentrum nördlich von San Diego hatte man inzwischen verstanden, dass “heilig” voll tauglich zu sein heißt – und nicht exotisch. Somit konnten wir wieder anfangen, Südkalifornien ein zeitloses Angebot für klare Geister zu schenken. Schon am folgenden Tag begann der Kurs über das Bewusste Sterben in einer Herrschaftsvilla in Phoenix, und der Buddha des Grenzenlosen Lichtes erfüllte mir einen zweiten Wunsch. Dieses Mal segnete er die Wüste mit einem Tag und einer Nacht Regen.
    Mit Rolands Saab fuhren wir die Küstenstraße nach Norden bis San Luis Obispo. Mein Vetter Dudley hatte zu einem großen Vortrag in einer “Kirche der Einheit” eingeladen. Es kamen fast europäisch viele Zuhörer, und ihr

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