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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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Tschechen von uns gehört und uns eingeladen. Wir sollten die Lehre so schnell wie möglich in Polen verbreiten. Die Karmapa-Meditation ergriff die Leute sofort. Das Einswerden mit der Erleuchtung war wirklich ihr Weg. Ich gab auch eine mündliche Übertragung der Liebevolle Augen-Meditation mit drei verschiedenen Verschmelzungsphasen. Später, als die “übliche” Fassung verbreitet wurde, führte das leider zu viel Verwirrung. Das war ein Zeichen dafür, in Zukunft linienfremde Texte in unseren Zentren zu vermeiden. Auch wenn alle Wege im nördlichen Buddhismus das gleiche Ziel verfolgen - nämlich die volle Entwicklung unseres Geistes -, muss man sich für eine Übertragungslinie entscheiden, um das Ziel zu erreichen.
    Es wurde eine kraftvolle Woche, und niemals, zumindest nicht bis in Russland im Jahr 1989, ist so viel Wachstum aus der Hingabe einer einzigen Familie entstanden. Der zweite Besuch in Polen folgte, während Karmapa in Europa war. Als ich wegfahren wollte, zwinkerte er mir zu und fragte: “Wie lautet dein Zufluchtsname?” Ich antwortete: “Karma Lody Gyamtso.” Er fuhr fort: “Der Name des ersten Zentrums in der kommunistischen Welt wird Karma Lody Gyamtso Ling sein. Bring ihnen Freiheit und geh in den Osten, so oft du kannst.”

    Strahlender Lama

    Karmapas Ankunft in New York war für den 17. November 1976 geplant. Wir wollten ihn nicht länger missen, kauften ein paar billige Drei-Wochen-Tickets und flogen hin. Der Empfang dort war Welten von dem in Europa entfernt. Es warteten unglaublich lange, technisch veraltete Limousinen, die nur geradeaus fahren konnten, und Männer mit Anzug und Krawatte. Alles wirkte wie auf einem Begräbnis. Es gab auch ein paar lebendige Gesichter unter den Pinguinen wie Barry, die meisten jedoch waren ausdruckslos und steif. Wir konnten nicht unterscheiden, wer angeheuerter Fahrer, Polizist oder Mitglied von Trungpa Rinpoches Dharmadhatu-Organisation war.
    Karmapa kam durch den VIP-Ausgang, sah uns, rief “Ole, Hannah!” und gab uns einen solchen Segen, dass wir uns erst in einem Minibus auf den Straßen des schönen Long Island wieder fanden. Für Hannah war es der erste Besuch in Amerika, während ich schon 1958/59 als Austauschschüler dieses große Land genossen hatte.

    Mr. Chen, eine große Stütze für den Buddhismus in Amerika, lud uns nach Seatucket an der Nordküste von Long Island ein. Er war 1946 aus Hongkong gekommen. Seine “American Steam Ship Company” beherrschte die Frachtfahrt auf den großen Seen. Gemeinsam mit seiner Frau Nancy half er seinen vielen Verwandten in Rotchina und unterstützte gleichzeitig mehrere buddhistische Schulen. Er war damals Mitte fünfzig und gut in Form. Sein Einfluss reichte bis zur Westküste, an der er eine riesige ehemalige Nervenheilanstalt gekauft hatte. Dort wollte er die vielen chinesischen Mönche, die er vor allem aus Vietnam erwartete, unterbringen. Sie bekamen stattdessen von den neuen Machthabern eine Umerziehung verpasst. So große und gut erhaltene Gebäude hätten wir in Europa gebrauchen können, ebenso wie Dr. Chens Hilfe für die Herausgabe von Büchern und seine guten Vorträge. Auf putzige chinesische Weise gelang es ihm immer, ungewöhnliche Punkte in Buddhas Lehre hervorzuheben. Karmapa behandelte ihn wie einen Bruder, mehr muss ich nicht sagen.
    Im oberen Stockwerk saßen Akong Tulku, Ato Rinpoche und Dr. Chen auf dem Boden vor Karmapas Bett. Als wir eintraten, rief er freudestrahlend: “Jetzt sind alle da. Ruft Chime an.” Karmapa hörte diesem lange zu und runzelte immer mehr die Stirn. Dann sagte er leise: “Lama Chime hat keine Zeit zu kommen.” Wir plauderten über die Entwicklungen überall, bis ein kräftiger Mann in einem makellosen dunkelblauen Anzug hereinkam und sich als einziger auf das Bett neben Karmapa setzte. Es war Trungpa Tulku, den wir zuletzt in Schweden gesehen hatten. Wir fanden nicht, dass dies der angemessene Platz für ihn sei. Erst später erinnerten wir uns, dass er seit einem Unfall behindert war und vielleicht deshalb nicht auf dem Boden sitzen konnte. Karmapa redete ernsthaft auf ihn ein. Er bat ihn, die Aussagen über Akong Tulku aus seinem Buch “Born in Tibet” herauszunehmen, in dem er ihn als paranoid und berechnend bezeichnet. Die dritte Ausgabe wurde dann mit einem weniger deutlichen Nachwort gedruckt.

    Wir genossen die Vielfalt Amerikas. Die Gegend, in der wir wohnten, war sehr idyllisch. Dr. Chen lieh uns freundlicherweise ein Auto, und wir

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