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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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wichtigen Beitrag vereitelte er immer wieder die schottischen Machtansprüche Akong Tulkus auf Europa.

    Als die Tibeter in die Dordogne fuhren, mussten Hannah und ich kurz nach Dänemark. Wir begegneten der Reisegesellschaft erneut auf einem Hof in der Nähe von Kiel, genannt “Karma Söpa Ling”, “Stelle der Geduld”, die man dort tatsächlich immer mehr brauchte. Die Bewohner steckten in der Sackgasse. Die steifen Neigungen, vor denen ich unsere Freunde stets warne, waren voll erblüht. Alles schaute fromm nach oben, anstatt selbst die gute Schwingung hervorzubringen.
    Einige Mädchen, die offenbar den Jugendaufstand der 60er Jahre verschlafen hatten, spielten Kirche und rieten anderen, durch das Vermeiden von Freude geistiger zu werden. Das schlimmste daran war: Jedes Mal, wenn so ein heiliger Zirkus anfing, kostete uns das vor allem die spannenden und frischen Leute. Ich war immer todunglücklich, an einen Ort zurückzukehren und zu hören, dass die selbständigen Freunde eine Gruppe kopfschüttelnd verlassen hatten.

    Ohne Worte …

    Da ich oft verquere Stimmungen vertreiben musste, was dem Ego der Leute nicht immer gefiel, war es wichtig, dass Karmapa mich so häufig “Lama” nannte. Unreife Menschen schenken Titeln mehr Vertrauen als dem, was vor ihrer eigenen Nase geschieht. Selbst die Tatsache, dass ich alle Zentren östlich des Rheins gegründet habe, genügte einigen nicht, um mich anzuerkennen. Eigentlich hatte ich mich schon schnell als Lama gefühlt, aber es war kein Geheimnis, dass dies der Arbeitsweise Kalu Rinpoches zuwiderlief. Er entzog seinen Schülern den Titel, sobald offensichtlich wurde, dass sie ihre Nächte nicht mehr alleine verbrachten. Meiner eigenen bescheidenen Meinung zufolge muss ein Tag-und-Nacht-Bodhisattva wenigstens ebenso gut sein wie einer, der nur tagsüber Freude bereitet. Ich war froh, dass Karmapa genauso dachte. Dies ist übrigens eine verlässliche Weise, um zwischen romanischem und germanisch-slawischem Einflussbereich zu unterscheiden: Im ersteren sind Roben und Zölibat höchst angesehen, während sie im letzteren eher Misstrauen erwecken.

    Für Norwegen und Schweden hatten wir jeweils fünf Tage Zeit. Diesmal mussten die schwedischen Zöllner nicht ausgetrickst werden, denn die Vögel waren mit Karmapas Vertrauten bei Tsultrim Namgyal in Kopenhagen geblieben. Bei Oslo sprang Karmapa von Fels zu Fels, mit einem so hohen Zuckerspiegel im Blut, dass man mit ihm den Tee hätte süßen können. Die Ärzte konnten nicht verstehen, dass er nicht im Koma lag. Alles in allem war es wunderbar zu erleben, wie Karmapa im wahrsten Sinne des Wortes “heilig” war. Er war in jeder Weise “heil”.

    Karmapa in Rödby

    Wenn nachts die Arbeit getan war und Karmapa keinen neuen Vögeln die Meditation beibrachte, schubste er mich oft augenzwinkernd mit den Schultern an: “Los, lass’ uns fahren!” Wenn dann die Räder des Wagens auf den kleinen Straßen nicht quietschten und wir nicht wenigstens das Doppelte der erlaubten Geschwindigkeit fuhren, war es ihm nicht gut genug. Karmapa war der lebende Beweis, dass die Einsicht in die Leerheit und gegenseitige Bedingtheit aller Dinge absolute Furchtlosigkeit bringt, und es war gut, dass er es zeigte. Andernfalls hätte er auch niemals die vielen starken und hingebungsvollen Menschen berühren können, die heute zahlreicher denn je überall auf der Welt in seinen Kraftkreis kommen.
    Wir genossen Kronzeremonien und Einweihungen, und unsere Gastgeber führten die geheimen Schätze von Sven Hedin im Völkerkundemuseum in Stockholm vor. Die “weißen Nächte” dort sind berauschend schön, und viele alte Freunde waren zusammengekommen.
    Im Schloss der Familie Tolstoi erwartete Akong Tulku ein weiterer Schock. Am Tisch sitzend machte er plötzlich hilfesuchende Gesten, während er von unsichtbaren Händen in ein Sofa hineingedrückt wurde. Die Dame ohne Kopf war offenbar von der altmodisch treuen Sorte.

    Da wir die Pläne machten, bekam Dänemark ganze drei Wochen von Karmapas Zeit. So ist halt die Welt! Das genügte, um wieder so lebendige Eindrücke von der Vielfalt unseres Landes zu vermitteln, dass sie noch lange Gesprächsstoff bei den Lamas in Sikkim blieben.
    Über das Zurückziehungszentrum in Rödby sagte Karmapa, dass dort 1.000 Buddhas erscheinen würden. Ihm gefiel dieses flache, aus dem Meer zurück gewonnene Stück Land. Er segnete es mit einer Kronzeremonie und einer Milarepa-Einweihung. Seit 1993 erlebt die Stelle

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