Über Alle Grenzen
Schuhen auf dem Tisch zwischen den Lamas saß. Ich riss einen großen jungen Mann vom Tisch herunter und fragte ihn, was er da mache. Mit einer mehr als menschlichen Stimme rief er auf Englisch: “Ich bin Seth und komme aus einer anderen Dimension.” “Dahin kehrst du jetzt auch zurück”, sagte ich und zog ihn aus dem Haus. Als wir auf der Treppe standen, erlaubte er sich, mir mit seinen Karate-Fähigkeiten zu drohen, und ich warf ihn mitsamt seinem Fahrrad im hohen Bogen hinaus. Ohne abergläubisch zu sein, spürte ich, dass dieser Herr eine ganz schlechte Energie trug. Das mit der anderen Dimension musste gar keine Lüge gewesen sein.
Karmapas Geist
Gegen Ende seines Aufenthaltes in Kopenhagen besuchte Karmapa meine Mutter, und auch Hannahs Vater kam. Sie wollten Karmapa von ganzem Herzen dafür danken, dass er ihre Ehepartner durch den Tod begleitet hatte. Ein Jahr zuvor war mein Vater sehr würdevoll gestorben. Mit ihm hatte uns ein mutiger und zutiefst liebevoller Mensch verlassen. Nach so vielen Jahren, die er zum Besten anderer gelebt hatte, ging er sofort in die Reinen Länder.
Anfang September fuhren wir mit Karmapa und dem Bus voll piepsender Vögel zur Insel Fünen. Alle waren von Axel in sein schönes Haus eingeladen worden. Doch Akong Tulku und er hatten keine gute Verbindung. Axels verfressener Schäferhund hielt die vielen Leute nicht aus, und als Akong Tulku zusätzlich noch äußerte, dass Axels Bett viel zu kurz für Karmapa sei, bat er uns, zu gehen. Bis heute haben es wohl nur die Mongolen, Mao und unser Gönner Axel geschafft, einen Karmapa zu vertreiben. Glücklicherweise hatten einige aus der Gruppe vor kurzer Zeit ein großes Haus gekauft, so dass niemand ins Hotel musste. Trotzdem missfiel uns Akong Tulkus Verhalten. Durch seine schottische Art hatten wir gerade unseren einzigen großzügigen Unterstützer verloren.
Auf dem Weg nach Holland wurde Hannah wegen starken Zugwindes im Bus krank. Bei der ersten Veranstaltung, einer Karma-Pakshi-Einweihung, konnte sie vor Schmerzen kaum stehen. Karmapa drückte sie an sich, pustete ihr kräftig über den Rücken und ließ sie dann während der Einweihung die Belehrungen über das Große Siegel genauestens übersetzen. Eine bessere Hilfe konnte keiner bekommen, und sie hält dies heute noch für eine ihrer größten Reinigungen.
Während eines Ausflugs zeigte ein bärtiger Lama echten Gleichmut. Er hielt damals bei den Zeremonien Karmapas Schwarze Krone und hält heute die Rote Krone von Gyaltsab Rinpoche. Er hatte mit Sicherheit zum ersten Mal ein Pornoblatt mit scharfen Nahaufnahmen in die Hände bekommen und blätterte nun Seite um Seite mit gleicher Geschwindigkeit um. Einige Menschen mögen solche Zeitschriften, während andere lieber selbst die Hauptrollen spielen. Jeder aber würde das eine oder andere etwas genauer anschauen oder vielleicht auch zurückblättern. Scheinbar war für ihn alles ebenso rein wie die vereinigten Buddha-Aspekte auf den Rollbildern. Er zeigte weder Anziehung noch Verlegenheit.
Karmapa gibe eine Einweihung, links Lama Tsültrim Namgyal
Karmapa gab Kronzeremonien, und nach einer Woche in Holland fuhren wir über Witten nach Königsstein. Der “Frankfurter Ring” hatte eine große Begegnung vorbereitet. Unter den ungefähr 1.000 Besuchern waren viele Berühmtheiten und ein schlecht gelaunter Journalist einer großen Zeitung. Er mochte den belehrenden Stil des Khenpo, der den Sinn der Kronzeremonie erklärte, nicht und machte ihn in seinem Artikel ziemlich nieder. Es war zwar schade, dass die Sache so herabgesetzt wurde, aber es machte auch Spaß. Was als abgehoben erlebt wird, darf auch lächerlich gemacht werden, und hier war es gut gelungen. Auch Karmapa lachte, als er den Artikel übersetzt bekam. Unsere Freunde Fritz und Lisa ließen die Gesellschaft in ihrem Haus in Königstein wohnen, und weil er soviel Zen praktiziert hatte, gab ich Fritz eine besondere Karmapa-Meditation. Alle fanden Frankfurt ziemlich konturlos, ohne klare Schwingung, auf die man hätte bauen können, anders als Preußen, Schwaben oder Bayern. Wir unterrichteten und knüpften Verbindungen zum Besten der Exil-Tibeter. Dann flogen Karmapa und Jamgön Kongtrul Rinpoche nach Berlin.
Kurt und ich fuhren die Lamas, die für die Kronzeremonien gebraucht wurden, durch die damalige Ostzone. Hannah blieb, um auf den Rest der Gruppe “aufzupassen”. Die Mönche waren entsetzt über die Mauer und die Todeszone und atmeten erleichtert
Weitere Kostenlose Bücher