Über Alle Grenzen
Auf dem Weg hielten wir in Pretoria, der Hauptstadt des Landes, und standen auf den Treppen des Parlaments, während die Buren gerade Geschichte machten. Sie verwarfen in einer Stunde eine ganze Hand voll ernsthafter UNO-Resolutionen. Ich dachte mehrmals, dass die restlichen Bewohner Afrikas schnell im Mittelmeer schwimmen würden, wenn diese paar Millionen Leute mal richtig sauer wären. Es gab eine unfassbare, starrköpfige Kraft bei den Buren, meistens ohne jeden mildernden Humor.
Noch am selben Tag zog ich alleine los, um eine der uralten Bergwände zu besteigen. Ich hatte schon entdeckt, dass sie der Traum eines jeden Bergsteigers sein mussten: Der Fels war so hart, dass man sein ganzes Gewicht an einem einzigen Punkt abstützen konnte. Also war es möglich, ganz schnell hinaufzuklettern. Nach etwa hundert Metern gab es plötzlich nichts zu greifen über mir, weder links noch rechts. Ich dachte: “Nach unten gehst du nicht, das wäre zu schwach.” Doch dann entdeckte ich, dass ich gar nicht nach unten gehen konnte. Mehrmals auf dem Weg hoch war ich ein Stück gesprungen, um den nächsten Halt zu erwischen, und ich würde unweigerlich daran vorbei in den Abgrund stürzen. Das war wahre Spannung. Ich konnte nirgendwohin und wurde auch etwas müde. Nur Bewohner aus flachen Ländern wie Dänemark bringen sich in eine so dumme Lage. Ich hatte auch gehört, dass man nie nach unten schauen sollte, dachte aber: “Wenn du nicht guckst, dann lernst du nichts über deinen Geist.” Ich stellte mir also vor, wie platt ich sein würde, wenn ich unten ankäme, und überlegte, ob zuerst die Menschen oder die Schakale meinen Körper finden würden. Meine Kräfte waren ernsthaft dabei nachzulassen, als ich die Nähe von etwas unendlich Liebevollem spürte. Es war hell, weiblich mild und fühlte sich an wie eine leichte Brise. Sie drückte mich gegen die Bergwand und gleichzeitig etwa zehn Zentimeter nach oben, wo es eine Spalte für meine Finger gab, die ich von unten nicht hatte sehen können. Der Rest ging leicht, und als ich mich nach wenigen Minuten auf das Plateau hochwälzte, waren - gebe ich gerne zu - meine Augen feucht. “Ich verspreche, härter zu arbeiten”, war das einzige, was ich sagen konnte. Ich versprach es immer und immer wieder.
Es war die Weiße Befreierin, die eingegriffen hatte, das wusste ich. Als ich danach auf dem uralten Plateau herumging und ihr Mantra sprach, segnete sie auch meinen Geist. Alles nahm die Farbe von Rosenquarz an, und als ich auf den Boden schaute, wurden die Steine zu Glocken , Dorjes und Lotusblüten, Sinnbildern des tibetischen Buddhismus. Ich musste einige Stunden in ihrem Reinen Land verbracht haben. Als ich wieder in die normale Welt zurückkehrte, war ich so glücklich, dass ich eine Universitätsklasse von Mulatten, die mir beim Abstieg begegnete, nach Hause zum Tee einlud. Sie waren sonst bei den einheimischen Bauern nicht sehr beliebt. Der Grund war ihre Angewohnheit, Stücke von Plastiktüten als Opferung in die Luft zu werfen. Da die Kühe der Buren Plastik liebten, es jedoch nicht verdauen konnten, starben viele jedes Jahr an Verstopfung.
Etwas unendlich Liebevolles
Ein anderer Höhepunkt war die Reise nach Rhodesien (heute Simbabwe), wo es in Salisbury (heute Harare) eine kleine Meditations-Gruppe gab. Die treibende Kraft war George, ein weiterer Ex-Polizist aus Hongkong, der auch in der Versicherungsbranche gelandet war. Er fuhr umher und schätzte die Schäden, die die Terroristen verursacht hatten. Geoff hatte ihm eines Tages von seinem Interesse für die Lehre Buddhas erzählt, und George hatte nur den Kopf geschüttelt und seinen alten Freund fast abgeschrieben. Ein paar Wochen später während einer Autofahrt sah er plötzlich einen Buddha auf der Motorhaube sitzen. Er leuchtete so intensiv, dass George geblendet im Graben landete. Während er da saß und sich erholte, fuhr ein Bus mit Eingeborenen auf eine Landmine, die hundert Meter weiter für ihn gelegt worden war. Das war seine Einführung in den Buddhismus.
Am Tag, nachdem Mugabes Leute ein Zivilflugzeug mit einer SAM-Rakete abgeschossen und die Überlebenden massakriert hatten, flogen wir also nach Salisbury. Wir hatten gehofft, ein billiges Ticket zu bekommen. Es klappte zwar nicht, aber wir hatten dafür das ganze Flugzeug für uns. Als die Hauptstadt sichtbar wurde, stiegen zwei uralte englische Hawker-Hunter-Jets auf und flankierten uns, während sie abwechselnd ihre Motoren an- und
Weitere Kostenlose Bücher