Über Alle Grenzen
zweite lange Pilgerfahrt zu Karmapa. Es war wieder Zeit, etwas Fleisch auf die Knochen der bloßen Belehrungen zu bringen. Buddhistisches Wissen soll untermauert werden durch handfeste Erfahrung der Leiden der Welt, ihrer Ursachen, ihres Endes - die Erleuchtung - und der Mittel, die dazu führen. Genau das boten unsere Pilgerfahrten immer.
----
Ayang Rinpoche / Chöje Ayang Tulku (geb. 1941)
Geboren in einer Nomadenfamilie in Ost-Tibet, erhielt Chöje Ayang seine Grundausbildung in Drikung Til, dem bedeutendsten Kloster der Drikung Kagyü Linie Tibets. Von verschiedenen hohen Lehrern bekam er sehr umfangreiche Übertragungen der Drikung Kagyü sowie der Karma Kagyü Traditionen, daneben auch Einweihungen aus der Nyingma-Linie des Tibetischen Buddhismus. Nach seiner Flucht aus Tibet baute er in Südindien zwei Klöster auf. Er ist Halter mehrerer unterschiedlicher Übertragungen des Phowa (Bewusstes Sterben) und hat diese Praxis in vielen Ländern gelehrt.
Die Drikung Kagyü Linie im Tibetischen Buddhismus geht zurück auf Lama Jigten Sumgön (1143-1217). Er war einer der Hauptschüler von Phagmodrupa (1110-1170), der wiederum Schüler des großen Gampopa (1079-1153) war. Als das gegenwärtige Oberhaupt der Drikung Kagyü Linie gilt Drikung Kyabgön Chetsang Rinpoche (geb. 1940).
Zu Besuch bei Karmapa
Das Jahr 1979
12.9. Die NATO beschließt die Stationierung 108 neuer atomarer Mittelstreckenraketen Pershing 2 und 464 Cruise Missiles (“NATO-Doppel-Beschluss”) in Europa.
Massive sowjetische Intervention in Afghanistan führt zum Sturz der Regierung Hafizullah Amin und schwerem Bürgerkrieg.
Unter dem Druck der Opposition muss Schah Reza Pahlewi (*1919, †1980) den Iran verlassen, er geht in ägyptisches Exil. Schiitenführer Ajatollah Khomeini kehrt aus französischem Exil zurück und ruft die islamische Republik Iran aus. Es kommt zu Ausschreitungen gegen Vertreter der als teuflisch angesehenen westlichen Zivilisation, die am 4.11. in der Besetzung der US-Botschaft durch radikale Studenten mündet. Khomeini stellt sich hinter den Völkerrechtsbruch und fordert ultimativ Austausch der Geiseln gegen Transfer des Schah- Vermögens und dessen eigene Auslieferung. Der Nervenkrieg wird 14 Monate lang dauern (bis 20.1.1981).
Aber hundert Leute kamen mit, von denen viele heute unsere nahen Freunde sind. Die meisten waren Deutsche, was eine bessere Ordnung versprach als mit den Dänen, die auf der letzten Fahrt dabei gewesen waren. Niels hatte alles bestens vorbereitet. Bevor wir abreisten, gab ich noch ein paar Tage Belehrungen in Kopenhagen, während unsere Schützer mal wieder für uns einsprangen. Sie hielten den Besitzer des Reisebüros davon ab, mit dem Geld, das er bereits für die Tickets bekommen hatte, zu verschwinden. Das tat er statt dessen einige Wochen später; er lebte danach in Südamerika. Damals gab es leider keine andere Wahl, als mit den Arabern zu fliegen, die wir sonst nur ungern unterstützten. Es war zu offensichtlich, wie sie ihr Geld für Unterdrückung und Kriege verwendeten. Kaufbewusstsein ist eine einfache Weise, die Lehre ins Leben umzusetzen, und ich fuhr gerne einen Umweg, um nicht ihr Benzin tanken zu müssen.
Wir landeten mit einigen Tagen Verspätung in Delhi. Die Freunde, die die Strecke über Land vorausgefahren waren, atmeten auf, als sie uns endlich sahen. Während Niels die Busse mietete, hatte die Gruppe ein paar Tage Zeit, sich an das indische Durcheinander zu gewöhnen.
Unser erstes Ziel war der Lotus-See Tsok Pema. Dort wollten wir Drikung Khandro Arznei für ihre Tuberkulose bringen, doch zu unserem großen Bedauern war sie ein paar Wochen zuvor gestorben.
Tsok Pema
Die Verwirklicherhöhlen am Pass lagen diesmal im Schnee. Die Schilfinseln auf dem See bewegten sich häufig dorthin, wo wir meditierten. Einheimische bemerkten das, es gilt als wirkliches Zeichen von Segen. Als wir angekommen waren, trieben alle neun Inseln auf den Tempel zu, in dem wir wohnen sollten.
Tsok Pema war ein wunderschöner Ort. Stundenlang umwanderten die Besucher den See, wie üblich im Uhrzeigersinn. Unsere Gruppe sagte dabei das Mantra “Karmapa Tschenno”. Es ist unser wichtigstes Mantra und bedeutet “Tatkraft aller Buddhas, arbeite durch mich”. Abends übersetzte Hannah für den verheirateten Lama, der dort lebte, und ich unterrichtete.
Auf dem Rückweg nach Delhi verbrachten wir zwei Tage in Clementtown weiter westlich am Fuß des Himalaya. Dort fand gerade ein sehr
Weitere Kostenlose Bücher