Über Alle Grenzen
Da ich Hannah mitbrachte, waren wir diesmal bei Guru Han und seiner Frau eingeladen. Sie wohnten in einem Reihenhaus für höhere Beamte, mitten in der Stadt. Mrs. Wong aus dem Zentrum wunderte sich, dass schon wieder ein Lehrer geflüchtet war. Ich gab einigen Splittergruppen Belehrungen.
Alle wollen zur Einweihung
Ich hatte mich schon das letzte Mal über Guru Han gefreut. Er vermied jede Politik und war ein selten reifer und ausgeglichener Chinese. Mir gefiel vor allem, wie er das Wachstum seiner Frau förderte und für sie einstand. In der chinesischen Kultur ist es für viele begabte Frauen sehr schwierig, weil sie nicht mit ihren Männern leben, sondern neben ihnen. Beide erfüllen die Erwartungen, die die Gesellschaft und die Rollenmuster an sie stellen, ohne sich jemals dabei richtig zu begegnen. Während die Männer weniger Nähe brauchen oder sich zu Geschäftszeiten ausleben können, gehen die Frauen allmählich kaputt. Wo eine Umarmung und etwas geteiltes Vertrauen Wunder wirken würden, werden sie nur daran gemessen, wie sauber ihre Häuser sind und wie gut die Kinder, vor allem die Jungen, ihre Prüfungen bestehen. Es tat weh, das mit anzusehen. Wie immer arbeitete ich dieser Einstellung so weit entgegen, wie die Kultur es erlaubte. Ich ging auf die Frauen ein und gab ihnen meine Kraft und Anerkennung.
Mit der Frau von Guru Han
Die Taiwaner erinnerten sich noch an die Kraft meines Segens; sie kamen ständig. Wir konnten auch breit arbeiten, da sich die Schüler vom letzten Mal noch nicht selbst zu Gurus ernannt hatten. Das geschah sonst sehr schnell unter den Chinesen und zerstörte gründlich jede Zusammenarbeit. Alles Wachstum ist vorbei, wenn eine Gruppe von zehn Leuten in fünf Grüppchen von je zweien zerfällt, die sich dazu noch streiten.
Als Karmapas Vertreter mussten wir diesmal den Einladungen der ganzen Insel folgen. Ich war mit der Vorstellung gekommen, an ein paar Plätzen in die Tiefe der Lehre zu gehen. Gerade jetzt wäre die Zeit gewesen, einigen Laien mit starken Verbindungen zur Linie Anerkennung und Vertrauen zu geben, wenn wir bloß welche hätten finden können.
Lebendiger Buddhismus braucht Menschen mit der Fähigkeit, andere zu begeistern; solche, die während des Lernens schon zu lehren wagen. Nichts ist überzeugender als erfahrene und selbständige Menschen. Sie prägen jede große Entwicklung viel stärker als die nur schulmäßig ausgebildeten Lehrer und sind auch heute die Kraftquellen unserer Zentren rund um die Welt. Bei der ausgeprägten geistigen Verbrauchereinstellung in Taiwan hätte es wohl mehr Zeit erfordert, dort eine größere Anzahl davon zu finden. Die Leute wählten das Seltene und Fremde, wünschten sich Roben und Weihrauch. Die meisten verspürten kein Verlangen nach der Quelle schnellen Vorwärtskommens - die nahe Zusammenarbeit mit Lehrern und Freunden auf den inneren und geheimen Ebenen.
Der krönende Abschluss
Anstatt auf Talentsuche zu gehen, vertraten wir also Karmapa. Der Aufenthalt war trotzdem nicht langweilig. Die Buddha-Reliquien eines Tempels sahen unseren schwarzen Karmapa-Pillen ganz ähnlich. Bei dem malerischen Sonnen- und Mondsee kauften wir von den Ureinwohnern der Insel die begehrten hellroten Korallenmalas für unsere Freunde. Später weihte ich die erste Diamantweg-Stupa von Taiwan ein. Sie steht heute an der Nordspitze der Insel mit einer herrlichen Aussicht aufs Meer. Da Sun I, unser nächster Vertrauter, mich wirklich rührte, gab ich sogar Teile der Reliquien hinein, die ich von Karmapa selbst bekommen hatte. Es fühlte sich einfach richtig an. Als wir die letzten Fertigteile aus Beton mit dem Kran aufeinander stellten, war allen einen Augenblick lang bewusst, Geschichte gemacht zu haben.
Die letzten Tage in Taipeh verbrachten wir bei einigen Fernsehstars, die wie kleine Feen um uns herumhuschten. Wir wechselten auch das Geld, das ich bekommen hatte. Obwohl die Chinesen üblicherweise nur an Mönche spenden, hatten sich die kleinen roten Umschläge täglich vor mir gestapelt. Die Chinesen besitzen zwar fast keine Verwirklicherübertragung, wissen aber auch, dass der Lehrer, der Frauen hat, besondere Kräfte entwickelt. Ihre Spenden bezahlten unsere gesamte Reise von Europa nach Indien und den Aufenthalt dort. Es reichte sogar noch für einen gebrauchten Motor für unseren Passat. Diese Großzügigkeit wurde schnell bekannt, und seitdem die tibetische Regierung Besuche nach Taiwan nicht mehr als Verrat ächtet, holt eine
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