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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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Adressbuch war wie so oft ein verlässlicher Freund, und kurz darauf hatten wir Lama Dorje am Telefon. Er lud mich ein, in Santa Fe zu unterrichten, und erzählte auch von einer Karmapa-Gruppe in Albuquerque. Sie war von Khenpo Kathar aus Woodstock gegründet worden. Dahin sollte der Wagen sowieso abgeschleppt werden.
    Die roten, von Wind und Wetter gezeichneten Berge und der strahlend blaue Himmel waren atemberaubend. Obwohl der Sprung vom harten, dort üblichen “Redneck”-Bewusstsein zur psychologischen Ebene von Buddhas Belehrungen riesig war, hatte sich in Albuquerque eine erste Gruppe entwickelt, die leider mit den Jahren - und das schaffen nur die Amerikaner - dem “Lachkraut” verfiel und zugleich sehr eng und christlich-moralisch wurde. Santa Fe war voller “Gemischt-Geistiger”, die sowieso alles besser wussten, aber Lama Dorje war großartig. In Taos dagegen war alles eine Freude. Norbert, ein Freund aus den ersten Tagen in Kiel, wohnte dort. Er besaß eine gut gehende Schreinerei und hatte sich ein traumhaft gelegenes Kuppelhaus aus dreieckigen Holzverschalungen und Glasscheiben auf der weiten Hochebene gebaut. Auf dem Weg dorthin rutschten wir eher durch den Schnee, als dass wir fuhren. Alles war spannend, leuchtend klar und hundekalt.
    Das Auto brach trotz neuer Kurbelwelle gleich wieder zusammen. Ich flog also voraus, weil es Veranstaltungen an der Westküste gab. Die Freunde wollten nachkommen. In San Diego holten mich Robin und ihre Kinder in einem riesigen weißen Cadillac am Flughafen ab. Wieder konnte ich viele alte Bände stärken, und die Freunde in Südkalifornien genossen den neuen Schub für die Praxis. Verwirrtheit und Verunsicherung waren dort groß, und ständig gingen neue am Vertrauen nagende Gerüchte über einige Robenträger um. Die Westküste ist bestimmt am besten geeignet für Lehrer, die ihrer Einsicht statt äußeren Regeln folgen.
    Die Army-Street-Gruppe in San Francisco war einmalig. Ungefähr dreißig Familien und Paare hatten den Flur einer stillgelegten, aber gut erhaltenen Fabrik gemietet. Alle wohnten Seite an Seite ohne jegliche Abtrennung und waren so Tag und Nacht zu den Freuden der anderen eingeladen. Ein zugkräftiger Mann, der dann gestorben war, hatte sie ein paar Jahre vorher in Hawaii auf diesen Trip gebracht. Es war ein Fall für die Lehrbücher. Hier ging ein Lebensstil unter, der sich von der Hingabe guter Leute nährte, aber keine zeitlose Sicht kannte und gemeinsam mit der Ausstrahlung des Lehrers verblasste. Es wurde verständlich, warum man keine eigenen, lieb gewordenen Vorstellungen übertragen, sondern den Menschen Mittel geben soll, ihre zeitlosen Buddha-Eigenschaften zu erfahren.

    Mount Shasta ist ein schlafender Vulkan hoch im Norden Kaliforniens. Er wird von Indianern und Hippies als sehr heilig empfunden. An seinem Fuß hatte ein russischer Verwirklicher außergewöhnliche tibetische Kunstschätze gesammelt. Unter ihnen ist ein Rollbild, das den Freudenzustand Karmapas zeigt, vereinigt mit der Diamant Dakini. Das Rollbild ist eine große Seltenheit, und die Bilder davon, die der russische Verwirklicher uns schenkte, schmücken viele Zentren überall rund um die Welt.

    Der Freudenzustand der Karmapas

    In Berkeley, einem bunt zusammengewürfelten Teil San Franciscos, reifte kurz danach ein altes Karma heran, und ich stach dabei mitten in ein Wespennest. Eine keineswegs ungewöhnliche Ursache setzte schnell große Wellen in Gang. Wendy, ein fröhliches Mädchen dänischer Abstammung, hatte in der Dharmadhatu-Gruppe in Berkeley die Stellung inne, die sinnvoll “Ambassadeur” (Botschafterin) heißt. Sie lud mich zu einem Vortrag ein und fragte aber nicht im Hauptquartier in Boulder an, sondern folgte den Empfehlungen Karmapas und Künzig Shamarpas sowie ihrem gesunden Menschenverstand. Also rief sie das “Fußvolk” zusammen. Die Szene rührte mich. Umgeben von übergewichtigen Bodyguards mit Anzug, Schlips und roten Nasen saßen ein paar hundert Menschen vor mir, die sich jahrelang eine ständige Bevormundung ohne wirkliche Ausbildung hatten gefallen lassen. Viele hatten sich jahrelang mit wenig abgefunden: Durch Alkohol verwirrte Belehrungen, einige Prozessionen für das “Heer”, die “Flotte” und die “Luftwaffe” des Dharmadhatu oder japanisches Beschneiden von Büschen ersetzten weitgehend eine wirkliche Ausbildung. Ihre Hauptpraxis bestand darin, ohne viel Anleitung einfach zu sitzen, während ihre Meditationsstunden gezählt

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