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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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wurden, und das machte sie fügsam. Erst nach einer gewissen Anzahl konnten sie zu der nächsten Stufe einer künstlich geschaffenen Leiter weitergehen.

    Trungpa Tulku zu Pferd

    Meiner tibetischen Schulung gemäß fand ich zunächst einige recht schmeichelhafte Worte. Danach folgten die Belehrungen über Weg und Ziel, die alle brauchen. Die folgenden Stunden ging ich wirklich auf die Zuhörer ein und beendete den Vortrag mit klaren Antworten auf oft gestelzte Fragen, einer Karmapa-Meditation und Segnungen, die die Menschen regelrecht in sich aufsogen. Auf dem Weg nach Hause waren Wendy und ich richtig froh. Wir hatten einen Wunsch Karmapas erfüllt.
    Die nächsten Tage behielt ich den eingeschlagenen Kurs bei. Wenn mich Dharmadhatu-Leute - an ihrem gezähmten Benehmen leicht erkennbar - fragten, ob sie mir folgen sollten, war der Rat immer derselbe. Sie sollten bei dem bleiben, was sie schon kannten. Ich stellte auch die sexuellen und alkoholischen Schwächen ihrer Führung im bestmöglichen Licht dar. Dennoch gab es Anzeichen eines zukünftigen Streits. Boulder war dabei, meinen Einfluss zu entdecken, und Wendys Freund, einer ihrer obersten Leute, war auch nicht begeistert. Im Restaurant am letzten Abend, bei unserem großen Abschied von Amerika, gärte spürbar etwas.

    In Europa übersetzte Hannah für Beru Khyentse Rinpoche. Es war großartig, wieder mit ihr zusammen zu sein. Sie war wie immer erste Schützerin unserer Rinpoches und führte sie erstklassig in den Westen ein. Im März kam Siwaldi, den ich bei Karmapas Kronzeremonie 1974 “zusammengeklappt” hatte, nach Kopenhagen. Er sagte: “Ole, ich habe soeben von meiner Mutter etwas Geld geerbt. Bevor ich mich tot saufe, will ich wenigstens eine nützliche Sache in meinem Leben machen. Komm eine Woche mit nach Island und starte die Lehre dort. Ich bezahle den Flug.” Es gelang mir, fünf Tage frei zu bekommen, die sehr ungewöhnlich werden sollten.
    Seit der Landung in Island spielte das Wetter verrückt. Das geschieht übrigens häufig, wenn ich Karmapas Kraftkreis und den von Schwarzer Mantel in eine neue Gegend bringe. Jede Viertelstunde wechselte es zwischen Regen, Schnee, Wind, Sonne und Hagel. Die nordischen Götter nahmen zu der neuen höchsten Bewusstseinsebene Stellung, die hier ankam, obwohl Wotan (Odin), ihr oberster Gott, bestimmt einigen Buddhas begegnet war. Er hatte am Brunnen von Mimer für zeitlose Weisheit mit einem Auge bezahlt, und seine Raben Hugin und Mugin beobachteten für ihn die Welt.
    Da wir niemanden auf der Insel kannten, zogen wir in das billigste Hotel, das Seemannsheim. Die nächsten Tage lehrte ich für eine Handvoll Leute in der Universität und hängte handgeschriebene Plakate für meine Vorträge in den Geschäften der Stadt selbst auf, ein sonderbares Gefühl. Ich gab Interviews für Zeitungen und für alle, die auch nur die geringste Offenheit für die Sache zeigten, aber überwältigend war es nicht. Die geistige Ebene war nicht die höchste dort oben im Norden.
    Dafür hatte ich eines meiner größten Naturerlebnisse überhaupt. Einige Einheimische zeigten uns “ihr” Island. Wir kämpften uns bei rasendem Gegenwind einen kahlen Eispass hoch. Es war kaum möglich zu stehen, und die Eiskristalle schnitten in unsere Gesichter. Am anderen Ende der Hochebene angekommen, leiteten wir eine vulkanische Schwefelquelle und einen Eiswasserstrom zusammen und lagen stundenlang darin. Währenddessen fegte der Schnee über unsere Gesichter. Weit oben an einer Felswand waren schneefreie Flächen entstanden, die aussahen wie Karmapas Gesicht. Es war atemberaubend.
    Eine andere Naturerfahrung war ein bärenstarkes Mädchen in einer Diskothek. Sie wollte mich unbedingt mit nach Hause nehmen. Sie sah “gesund” aus und hatte mich schon über ihrer Schulter. Da sie aber so betrunken war, dass sie mich am nächsten Morgen nicht wieder erkannt hätte, machte ich mich lieber davon.
    Richtiger Nutzen für Island entstand erst in der allerletzten Nacht bei den Theosophen. Die Fragen endeten um zwei Uhr morgens, es war eine echte Begegnung. Wir hatten also nicht das Gefühl, nur herumgelaufen zu sein, als wir nach fünf Tagen wieder im Flugzeug saßen.

    Der Frühling 1984 brachte das Beste, was ich kenne: Zeit mit unseren unzähligen Freunden. Die meisten hatten die “Ayang-Sache” gut verdaut. Nur die alte Münchner Gruppe, die ihren eigenen Kurs fuhr, wollte ihre Unabhängigkeit beweisen. Also lud sie den Lama Pema Dorje ein,

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