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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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aufgemachten Brief halten sollten, den ihre Organisation über den Vertreter verschickte. Ich antwortete nur wahrheitsgemäß: “Kenne den Mann nicht.” Das genügte, und ihr Vorstoß verlief im Sand.
    Meine Schüler kochten. Hunderte kräftige Zentraleuropäer, die jeder ein Dutzend “Vajra-Wächter” vor dem Frühstück verspeisen konnten, wären am liebsten ins Flugzeug gestiegen, um Boulder auseinander zu nehmen. Edita hatte aber einen kostengünstigeren Vorschlag: meinen Vortrag von Berkeley, der der Anlass für ihren Angriff war, einfach zu veröffentlichen. Dann konnten die Zuhörer selbst urteilen. Gesagt, getan, und der Vortrag von Berkeley erschien schnell in Form des Buches “Basic Dharma” (“Dharmabelehrungen”). In unseren Zentren war es bis zum Erscheinen von “Wie die Dinge sind” in verschiedenen Sprachen erhältlich. Ich selbst wünschte bereits zu der Zeit keine weitere Verbindung mit Dharmadhatu. Ihre Vorgehensweise war ein viel zu deutliches Schwächezeichen. Kleine Hunde bellen, große haben das nicht nötig. Nach meinen vier Jahren als Boxer hatte ich ein sicheres Gefühl für die Belastbarkeit und die Grenzen der Menschen. Etwas warnte mich stark vor weiterer Einmischung, und so wurde Ole ein braver Buddhist, der sich nicht rächt.

    Während einiger Jahre hatten die von Sufis geleiteten gemischt-geistigen Sommerlager in den Alpen gezeigt, wie ergebnisreich längere Kurse sein können. Sie führen Menschen zusammen, geben Lehrern ein Gesicht und bringen Geld für die Veranstalter. Leute aus der alten Münchner Gruppe, die mit Lama Chime aus England verbunden waren, wollten jetzt etwas Ähnliches in Süddeutschland aufziehen. Sie hatten zwei bekannte Lehrer angekündigt, ohne sich ihre Zusage zu sichern. Mit Künzig Shamarpa hatten sie gar nicht geredet. Er kam also auch nicht, und Tenga Rinpoche konnten nur Hannah und ich dazu bewegen, seine Aufgaben in Nepal aufzuschieben. Er hatte überhaupt keine Zeit und auch versprochen, erst noch in Rödby zu lehren. Es war eher freundlich als nützlich, dass wir so die Veranstaltung unserer Widersacher retteten, aber Hannah ist halt nett! Ich schaute auf einen Sprung vorbei, fand jedoch wenig Sinn in der Aufmachung. Die vielen New-Age- und Yoga-Angebote machten alles bhagwanähnlich und unklar, noch dazu wurde offenbar sehr viel getratscht.

    Der brave Buddhist

    Edita, Sys und ich nutzten stattdessen die Tage für eine Blitzfahrt an die Südküste Spaniens. Wir waren von einer feinen Stuttgarter Dame mit dem Versprechen nach Motril eingeladen worden, dass dort reiche Leute unsere Zentren unterstützen wollten. Wie so oft blieb aber gerade dieser Menschenschlag unauffindbar, so besuchten wir lieber die freundlichen tibetischen Gelehrten des dortigen Gelugpa-Zentrums. Während meines Vortrags über das Große Siegel hätte man eine Stecknadel fallen hören können. So etwas lernen sie nicht. Die Gelugpas studieren hauptsächlich die Philosophie des “Mittleren Wegs”, eine recht kopflastige Angelegenheit.
    In Südspanien lebten auch die Eltern eines Kindes, dessen Geschichte später durch die Presse ging. Es soll die Inkarnation Lama Yeshes sein, der in Kalifornien vor einigen Jahren gestorben ist. Die Gegend besaß erstklassige Voraussetzungen für ein Zurückziehungszentrum, und ich machte starke Wünsche für eine Karmapa-Stelle. Tatsächlich kauften zu der Zeit meine späteren Freunde Pedro und Dorrit Gomez das Dorf in der Nähe von Malaga, das jetzt als Zurückziehungsort unser westlicher Pfeiler ist.
    Im Herbst 1984 stimmten wieder alle Bedingungen für eine Reise um die Welt. Wir hatten vereinbart, Niels und hundert Freunde im Januar in Kalkutta zu treffen. Sechs von uns flogen zuerst nach New York. Es war schön, Hannah wieder dabei zu haben. Jetzt sollte nachgeholt werden, was wir im Winter vorher aufschieben mussten, unter anderem ein Vortrag in Albany. Dort wurde mir ein Bärenzahn geschenkt, und wir lernten einige Riten der Indianer an ihren heiligen Stellen in einem Wald kennen. Es war reine Naturmystik, voll guten Willens, aber nicht befreiend: viele Erlebnisse, aber nichts über den Erleber selbst.
    Diesmal arbeitete ich nicht bei Barry. Inzwischen konnte ich das Nötigste durch die Vorträge verdienen, und meine wirkliche Aufgabe war es ja, den Menschen einen Zugang zu Karmapa zu vermitteln. Mit zwei Autos “pflügten” wir uns westwärts durch die Schneemassen und sahen zum ersten Mal das schöne Sedona-Tal südlich von

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