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Ueber Den Deister

Ueber Den Deister

Titel: Ueber Den Deister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Teltscher
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Außenwänden und einem weiß abgesetzten Dach, groß genug für eine kleine Familie, und thronte auf einem Felsen, der schräg zum Wasser abfiel. Am Fuß des Felsens war ein Bootssteg aus Holzplanken verankert, an dessen äußerstem Pfeiler ein Ruderboot festgebunden war.
    Marder stand eine Weile vor dem Grundstück und ließ das Stillleben auf sich wirken. Nichts bewegte sich, das Haus döste in der Abendsonne, die Szene wirkte wie eine Idylle aus einem Ferienkatalog. Was würde er finden, wenn er es betrat? Vera und Volkert beim Abendessen? Zeichen oder Folgen eines Dramas? Nichts als ein verlassenes Nest?
    Von der Straße führte eine Zufahrt über das Grundstück zur Rückseite des Hauses. Marder ging um das Haus herum. Würde er hinter dem Gebäude einen roten Audi aus Holzminden finden? Nein, das Auto, das dort parkte, war weder rot noch ein Audi noch aus Holzminden – es war ein dunkelgrüner Volvo mit einem schwedischen Kennzeichen. Marder trat an den Wagen heran und schaute durch das Seitenfenster. Auf dem rechten Vordersitz lag ein Plastikbehälter von McDonald’s, auf dem Rücksitz war ein Kindersitz befestigt.
    »Was machen Sie da?«
    Marder fuhr herum. Er war zu überrascht, um sofort zu antworten.
    An der Hintertür stand ein junger Mann und blickte drohend auf den Eindringling. In der linken Hand hatte er eine Bierdose, das war kein Problem. Das Problem lag in der anderen Hand. In ihr hielt der Mann ein Jagdgewehr, das zwar nicht direkt auf Marder gerichtet war, aber es würde nur Sekundenbruchteile dauern, um es zu tun.
    »Sind Sie Herr Matuschek?«, fragte der Mann.
    »Entschuldigen Sie«, erwiderte Marder artig. »Ich bin nicht Herr Matuschek, mein Name ist Marder. Ich bin völlig ungefährlich, und Sie können das Gewehr unten lassen. Bitte.«
    »Was wollen Sie hier?«
    »Ich suche den Herrn Matuschek, den Sie eben erwähnt haben, aber der heißt nicht Matuschek, sondern Volkert.«
    Marder versuchte, harmlos und verbindlich zu wirken, das Gewehr war in seinem Bewusstsein präsent. Er redete weiter, um sein Gegenüber von der Waffe abzulenken. Er wollte es auf keinen Fall zu einem Schusswechsel kommen lassen, vor allem, da nur sein Gegenüber über eine Schusswaffe verfügte.
    »Wieso denken Sie, ich sei Matuschek, der in Wirklichkeit Volkert heißt?«
    »Ob Sie nun Matuschek, Volkert oder Marder heißen, ist mir egal. Auf jeden Fall haben Sie ein Auto mit einem deutschen Kennzeichen vor dem Haus abgestellt, deswegen dachte ich, dass Sie der Mieter aus Deutschland sind, der hier zuletzt gewohnt hat.«
    »Und der hieß Matuschek?«
    »Ja, der hieß Matuschek.«
    »Und Sie glauben, dass ich dieser Matuschek bin?«
    »Ich dachte, dass Sie … also dass Matuschek zurückgekommen ist, um aufzuräumen.«
    »Wieso aufräumen?«
    »Weil das Haus in einem chaotischen Zustand ist, als ob Matuschek oder Volkert Hals über Kopf abgereist ist. Nun sagen Sie erst mal, wer Sie genau sind und vor allem, warum Sie hier um das Haus herumschleichen. Bisher haben Sie mir nur erzählt, dass Sie Marder heißen. Oder haben Sie auch einen zweiten Namen, wie Matuschek, der Volkert heißen soll, oder wie Volkert, der Matuschek heißen soll.«
    Das ist ja irre, dachte Marder, eine völlig irre Unterhaltung. »Nein, ich heiße ausschließlich Marder, hinten, vorne Manfred. Was ich hier tue, das erkläre ich Ihnen gern, es ist etwas Dienstliches. Es wäre nett, wenn Sie mir vorher sagen könnten, wie Sie heißen und was Sie hier mit einem Gewehr tun.«
    »Es geht Sie nichts an, was ich auf meinem Grundstück tue, aber ich sage Ihnen trotzdem ausnahmsweise, wie ich heiße: Warmbold. Jörg Warmbold.«
    Langsam machte die Szene Sinn.
    »Dann habe ich vor ein paar Tagen mit Ihrer Frau in Braunschweig telefoniert.«
    »Mit meiner Frau haben Sie bestimmt nicht telefoniert, die spricht kaum Deutsch und wohnt in Stockholm. Sie haben sicher mit meiner Mutter geredet, die lebt in Braunschweig und kümmert sich um die Vermietung des Hauses.«
    »Wenn Ihre Frau in Stockholm wohnt, tun Sie es wahrscheinlich auch.«
    »Bevor ich Ihnen noch irgendetwas über mich erzähle, erklären Sie mir endlich, was Sie hier wollen. Warum suchen Sie Herrn Matuschek, und wieso soll der ›Volkert‹ heißen? Und wieso kommen Sie den ganzen Weg von Deutschland hierher, ohne dass meine Mutter Sie angekündigt hat?«
    Warmbold wurde ungeduldig, seine Stimme nahm erneut einen bedrohlichen Ton an. Marder suchte einen Weg, die Situation nicht eskalieren zu

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