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Ueber Den Deister

Ueber Den Deister

Titel: Ueber Den Deister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Teltscher
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Donnerstag mit ihm gesprochen, da hat er gesagt, er würde ›morgen‹ in den Urlaub fahren und ich soll am Sonnabend die Wohnung aufräumen. Ich habe das zwar erst am Montag getan, weil ich am Wochenende mit meinem Mann etwas vorhatte, aber auf jeden Fall wollte er am Sonnabend schon weg sein.«
    »Eine andere Frage: In welcher Stimmung war Herr Volkert, als er über seinen Urlaub gesprochen hat? War er aufgeregter oder glücklicher als sonst, wenn er in den Urlaub fuhr …, wenn Sie das überhaupt beurteilen können?«
    »Das ist schwer zu sagen, Herr Volkert macht nie einen glücklichen Eindruck. Vielleicht ist er ja trotzdem manchmal glücklich, und ich kann es nur nicht erkennen. Also, am Donnerstag war er nicht viel anders als sonst. Wenn überhaupt, würde ich eher sagen, er war ein bisschen angespannt, aber das ist vor einer Reise nichts Ungewöhnliches.«
    Marder verabschiedete sich von Olga Wahlberg und bat sie, unbekannterweise ihren Mann zu grüßen. Sie erwiderte, sie werde es tun. Bis Herr Wahlberg nach Hause kam, würde sie das sicher vergessen haben.
    Wo hatten Vera und Volkert auf ihrem Weg nach Schweden übernachtet? Marder entschied sich, dass das nicht wichtig genug war, um darüber nachzugrübeln. So wie wahrscheinlich die meisten Informationen nicht von Bedeutung waren, die er in den letzten Stunden gesammelt hatte. Aber man konnte im Voraus nie wissen, was sich im Verlauf einer Ermittlung als wichtig erweisen würde.
    Er hatte sich vor seiner Abreise aus dem Internet die Adresse eines Hotels in Kopenhagen mit Blick auf den Hafen herausgesucht. Nur wenige Gehminuten von der Kleinen Meerjungfrau stand in der Beschreibung. Das Haus hatte drei von sechs möglichen Sternen auf der Bewertungsskala, das reichte seinen Ansprüchen an Komfort und Luxus, damit würde er auch Falkenbergs Spesenkonto nicht übermäßig belasten. Die Hotelpreise in Kopenhagen lagen ein gutes Stück über denen in Deutschland. Sie wirkten schon deswegen hoch, weil sie in Dänischen Kronen angegeben wurden, und das war sieben Mal der gleiche Betrag in Euro. In der Hotelbar bestellte Marder ein Tuborg und ein Smörrebröd. Das Bier schmeckte skandinavisch herb, wie es schmecken musste, ein tolles Bier. Tuborg war für ihn pure Nostalgie, denn in seinen Teenagerzeiten hatte diese Marke bei den Jugendlichen den Ruf des ganz Besonderen und Exotischen gehabt, weil es aus dem fernen Ausland kam. Dabei war Dänemark nicht weiter von Stade entfernt als Dortmund.
    Smörrebröd war die dänische Delikatesse schlechthin. Eine Komposition aus Butter, Käse, Fisch oder Fleischwaren, auf einer Scheibe Brot kunstvoll gestapelt, darüber eine Gemü segarnitur. Als er zwei dieser aufwendigen Kunstwerke vernichtet hatte, war er satt und müde. Es war zehn Uhr, dennoch war es draußen taghell, der Kopenhagener Tag schien im Sommer kein Ende nehmen zu wollen. Marder beschloss, dennoch schlafen zu gehen, er war von der Reise zu müde, als dass ihn eine nächtliche Sightseeing-Tour durch die Stadt reizen konnte. Er war zum ersten Mal in Kopenhagen, aber die Stadt war ihm bei seiner Ankunft vertraut vorgekommen. Ihm war, als führe er durch Hamburg: Die Atmosphäre, die Architektur, die Art, wie die Leute sich kleideten, umhergingen, dabei voneinander Abstand hielten und sparsam gestikulierten, alles war unverkennbar hanseatisch – so als ob die beiden Städte Schwestern waren, vielleicht auch Brüder. Wer sich in Hamburg wohlfühlte, dem gefiel es auch in Kopen hagen. Marder schaute für ein paar Minuten aus seinem Zimmerfenster auf den Hafen der Stadt, wo sich um diese Tageszeit nicht mehr viel bewegte, legte sich dann ins Bett und schlief trotz der reichen Mahlzeit sofort ein. In dieser Nacht hatte er keinen schlechten Traum.
    Am Morgen waren die Wolken des Vortages verschwunden, der Sommer hatte auch Dänemark fest im Griff. Bevor Marder nach Schweden weiterfuhr, machte er einen Anstandsbesuch bei der Kleinen Meerjungfrau. Die Nixe aus dem Märchen des dänischen Erzählers Hans Christian Andersen war eine zierliche Statue, kleiner, als er sie sich vorgestellt hatte, beinahe unscheinbar auf ihrer Insel, die nur aus einem mittelgroßen Steinbrocken im Wasser bestand, wenige Meter vom Ufer entfernt. Marders Mutter hatte ihm als Kind das Märchen vorgelesen, er selbst hatte dies für seine Kinder und später für seine Enkel getan. Die kleine Nixe hatte dabei in seiner Vorstellung jedes Mal an Statur gewonnen, nun reduzierte die Wirklichkeit sie

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