Ueber Den Deister
über die Telefongesellschaften feststellen können, wo sich das Handy befindet. Ich hoffe, das wird nicht zu lange dauern. Wenn ich etwas erfahre, sage ich dir sofort Bescheid.«
Die Autobahn in Dänemark war irgendwie anders als in Deutschland. Eigentlich war es auch nur eine breite Straße ohne Kreuzungen und ohne Gegenverkehr. Aber alles, was links und rechts der Strecke zu sehen war, vermittelte das Gefühl des Andersseins: die Schilder für Höchstgeschwindigkeiten (von den niedrigeren Tempolimits ganz zu schweigen), die Begrenzungspfosten an den Seiten, die Hinweistafeln auf die Ausfahrten, die Ausstattung der Rastplätze, die Pflanzen auf den Mittelstreifen – selbst die Art, wie sie beschnitten waren. Alles sah anders aus. Vor allem waren weniger Fahrzeuge unterwegs, und sie fuhren bedächtiger und mit größeren Abständen als ihre Artgenossen im südlichen Nachbarland.
Es fing an zu nieseln. Die weißen Wolken hatten sich zu einer grauen Wolkendecke zusammengeschoben. Marder genoss den Anblick und hoffte, dass nun endlich auch die Temperaturen sinken würden.
Sind Vera und Volkert über diese Straße gefahren? Oder haben sie die direkte Fähre von Travemünde nach Schweden genommen? Mit welchem Auto sind Vera und Volkert in den Norden gefahren? Mit seinem oder mit ihrem? Es könnte hilfreich sein, das zu wissen, wenn er sie in Schweden suchte. Warum hatte er sich diese Frage nicht gestellt, bevor er abgereist war? Ein Versäumnis, das ihm zu seiner aktiven Zeit bei der Kriminalpolizei nicht unterlaufen wäre.
Marder versuchte, sich den Moment in sein Gedächtnis zurückzurufen, als er den Garten vor Veras Haus betreten hatte, um die Blumen zu wässern. Auf der Suche nach einer Gießkanne war er durch den offenen Carport gegangen. Dort stand kein Wagen, das hatte er deutlich vor Augen. Wahrscheinlich war Vera mit ihrem Auto nach Holzminden gefahren, von wo aus sie wahrscheinlich mit Volkerts Wagen in den Norden gestartet waren.
Marder brauchte einen Kaffee und hielt an einer Raststätte an. Sie war in die Jahre gekommen, aber der Kaffee war hervorragend. Nichts anderes hatte Marder erwartet, er hatte in Dänemark selten schlechten oder schwachen Kaffee getrunken. Bevor er weiterfuhr, rief er bei der Polizei in Holzminden an.
»Frau Bistorf-Kuntze, hier ist Marder.«
Frau Bistorf-Kuntze antwortete, sie freue sich, von ihm zu hören. Das fand Marder gut, aber er hatte keinen Sinn für Nettigkeiten und kam sofort zum Grund seines Anrufes.
»Können Sie mir sagen, was für ein Auto Kommissar Volkert fährt?«
»Einen roten Audi. Warum wollen Sie das wissen?«
»Das weiß ich noch nicht, aber es könnte helfen, Ihren Chef zu finden, falls er verloren gegangen ist. Kennen Sie zufällig die Nummer des Autos?«
»Nicht auswendig. Aber die steht auf den Spesenbelegen, die er einreicht, wenn er seinen Wagen dienstlich benutzt. Warten Sie eine Sekunde, ich hole kurz den Ordner.«
Nach siebenundzwanzig Sekunden kannte Marder das Kennzeichen.
»Ich nehme an, dass Herr Volkert mit seinem Auto nach Schweden gefahren ist.«
»Beschwören kann ich es nicht, aber ich bin mir da ziemlich sicher. Normalerweise parkt er den Wagen hier auf dem Hof, selbst wenn er zu Hause ist, weil in der Altstadt die Parkplätze knapp sind. Auf jeden Fall aber lässt er ihn hier stehen, wenn er ohne Auto verreist. Der Wagen ist im Moment nicht da, also muss er damit weggefahren sein.«
In der unordentlichen Ablage in seinem Handschuhfach fand Marder den Zettel mit der Telefonnummer von Olga Wahlberg.
»Frau Wahlberg, hier ist Marder. Sie erinnern sich hoffentlich an mich, ich habe vor ein paar Tagen mit Ihnen in der Wohnung von Herrn Volkert gesprochen.«
»Natürlich, Sie haben auf mich einen unvergesslichen Eindruck gemacht. Ich freue mich, von Ihnen zu hören. Womit kann ich Ihnen dienen?«
Die Frauen in Holzminden schienen ihn zu mögen. Das war schon die zweite innerhalb weniger Minuten, die sich über seinen Anruf freute.
Auch am Telefon klang Frau Wahlbergs Akzent so charmant, wie Marder ihn im Gedächtnis hatte. Die Idee, dass sie ihm dienen wollte, hatte seinen Reiz, aber Marder wollte ihr lediglich einige Fragen stellen, von denen er sich nicht einmal sicher war, ob sie von Bedeutung waren.
»Frau Wahlberg, können Sie mir sagen, ob Herr Volkert und seine Freundin am Freitagabend oder erst am Sonnabend in die Ferien gefahren sind?«
»Da bin ich mir hundertprozentig sicher, dass es Freitagabend war. Ich habe am
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