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Ueber Den Deister

Ueber Den Deister

Titel: Ueber Den Deister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Teltscher
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mehr du vorher über die tatsächlichen Vorgänge in Schweden von ihr erfahren kannst, umso besser. Wenn sie erst einmal einen Anwalt eingeschaltet hat, wird es schwieriger, Informationen oder sogar ein Geständnis von ihr zu bekommen, falls sie am Tod von Volkert Schuld hat – wovon wir beide überzeugt sind.«
    Die Sonne hatte den höchsten Punkt auf ihrer erbarmungslosen Tour durch den Tag erreicht. Der Schatten des Baumes, unter dem Marder saß, war auf ein Minimum geschmolzen. Schweißtropfen bildeten sich an Marders Hals und liefen zwischen Kragen und Haut hinab. Er zog seinen Stuhl mit einer Hand näher an den Stamm des Baumes, bis er wieder im Schatten saß, während er in der anderen sein Handy hielt.
    »Erich, noch eine Frage: Hat die schwedische Polizei etwas Brauchbares bei ihren Untersuchungen in dem Ferienhaus gefunden?«
    »Ich habe heute Morgen schon mit denen gesprochen. Was sie bisher festgestellt haben, wird uns nicht viel weiterbringen. Es gibt keine Spuren, die auf eine gewalttätige Auseinandersetzung schließen lassen. Aber sie haben zwei frische Fingerabdrücke sowie zwei etwas ältere gefunden. Sie schicken mir die Unterlagen noch heute rüber.«
    »Das ist nicht besonders aufregend, ich weiß, von wem die Abdrücke stammen. Die beiden frischen sind von Jörg Warmbold und mir und die älteren von Volkert und Vera. Alles andere wäre eine Überraschung. Bis bald, Erich.«
    Als Marder wieder bei Vera klingelte, hatte sie sich umgezogen. Sie sah nicht länger wie eine lässige Gärtnerin aus, sondern war wieder als Dame gekleidet. Sie saß am Tisch im Esszimmer, hatte ein halbvolles Glas mit einer hellbraunen Flüssigkeit und eine Schüssel mit Cornflakes vor sich stehen.
    »Was wollen Sie noch fragen, Herr Marder? Ich habe alles gesagt, was es zu sagen gibt.«
    »Ich möchte wissen, warum Sie gelogen haben.«
    »Was soll der Unsinn? Wieso soll ich gelogen haben? Ich habe Ihnen die Wahrheit erzählt.«
    Veras Hände begannen zu zittern, sie schaute verstört auf ihre Fingernägel. Marder erinnerte sich daran, dass sie das auch vor zwei Jahren getan hatte, wenn er sie mit ihren eigenen Unwahrheiten konfrontiert hatte.
    »Volkert kann nicht so umgekommen sein, wie Sie es geschildert haben. Es gibt keine Verletzungen am Kopf oder an der Wirbelsäule, deswegen kann er nicht wegen eines Kopfsprungs auf einen Felsen gestorben sein.«
    Veras Hände begannen, stärker zu zittern.
    »Verstehen Sie mich, Frau Matuschek? Herr Volkert kann nicht so gestorben sein, wie Sie es berichtet haben. Diese Behauptung nimmt Ihnen kein Gericht ab.«
    Das Glas fiel um, der Inhalt floss über den Tisch. Es roch nach Alkohol, hochprozentig. Vera schien keine Kontrolle mehr über die Bewegung ihrer Hände zu haben.
    »Frau Matuschek, verstehen Sie, was ich sage? Frau Matuschek?«
    Die letzten Worte hatte Marder geradezu geschrien. Er war erregt, wie er es in seiner Karriere selten gewesen war, während Vera Matuschek, so wie an diesem Tag schon einmal, wieder um Jahre gealtert schien. Sie war in sich zusammengesunken, ihre Hände zitterten unaufhörlich, sie war offensichtlich nicht in der Lage, Worte zu finden. Marder fragte sich, inwieweit dieser Zustand echt war, er traute ihr zu, dass sie wieder schauspielerte. Er ließ nicht locker.
    »Ich sage Ihnen, Frau Matuschek, was passiert ist. Sie haben Herrn Volkert in Schweden getötet. Um das zu verbergen, haben Sie seinen Körper nach Deutschland zurückgebracht und im Hafenbecken in Holzminden versenkt. Sie haben gehofft, dass ihn dort niemand findet, nach dem Motto: Wo es kein Opfer gibt, kann es auch keinen Täter geben. Das trockene Wetter in diesem Sommer hat Ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sie konnten nicht damit rechnen, dass der Wasserstand der Weser so tief fallen würde.«
    Keine Reaktion. Vera starrte vor sich hin. Erwiderte nichts. Schaute Marder nicht an. Der pensionierte Kommissar wusste nicht, was er als Nächstes tun sollte, um Vera Matuschek dazu zu bringen, endlich mit der Wahrheit herauszurücken. Er merkte plötzlich, dass er Durst hatte, großen Durst, sein Mund war trocken wie die Felder, auf die es seit Wochen nicht geregnet hatte. Er ging in die Küche, öffnete Schranktüren, bis er ein Wasserglas fand, füllte es bis zum Rand und trank es mit gierigen Schlücken aus. Dann ein zweites Glas.
    »So wie Sie es sagen, war es nicht.«
    Die Worte kamen leise aus Veras Richtung, während er noch in der Küche stand und das Glas unter dem

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