Ueber Den Deister
gerutscht ist.«
Während Vera sprach, war sie ruhiger geworden. Sie hatte den letzten Teil ihrer Beschreibung fast mit der Neutralität einer Nachrichtensprecherin abgeliefert, so als sei es nicht ihre eigene Geschichte. Hatte sie sich vielleicht doch auf dieses Gespräch vorbereitet? Sie hatte ja nicht völlig ausschließen können, dass das Auto von Volkert gefunden und man sie mit seinem Tod in Verbindung bringen würde. Es war zwar möglich, dass sich Volkerts Tod genauso abgespielt hatte, wie Vera es geschildert hatte, aber es erschien Marder nicht zwingend logisch, dass es der einzig mögliche Ablauf der Ereignisse gewesen sein musste.
»Warum haben Sie die Leiche von Volkert nicht irgendwo am See oder in den Wäldern um das Haus in Schweden versteckt? Es war ein Risiko für Sie, den Körper durch drei Länder zu transportieren, und danach noch das Umladen Ihres Gepäcks im Hafen von Holzminden. Da hätte Sie doch jemand beobachten können, oder es hätte irgendetwas passieren können, was Sie nicht voraussehen konnten.«
»Natürlich war ein Risiko dabei. Aber wenn man Volkerts Leiche durch einen Zufall in Schweden im Wald gefunden hätte, würde man die Person suchen, die den Körper dort versteckt hatte. Ich habe befürchtet, dass man mich in diesem Fall irgendwie mit dem Toten in Verbindung bringen würde. Volkert hat mir zwar gesagt, dass er das Haus für sich und ›Ehefrau‹ gebucht hatte, und ich war davon ausgegangen, dass er meinen Namen nicht angegeben hatte. Aber ich wollte sichergehen und vermeiden, dass der Körper überhaupt entdeckt würde, weil ich Angst hatte, dass man herausfinden würde, dass ich die ›Ehefrau‹ war.«
Als Marder den Tod von Alfred Matuschek untersucht und deshalb mit Vera mehrmals gesprochen hatte, war er zu dem Schluss gekommen, dass sie eine berechnende Person war, die nichts dem Zufall überließ. Sie legte Wert darauf, sich und ihr Umfeld zu kontrollieren. An dieser Eigenart von Vera hatte sich augenscheinlich nichts geändert.
»Sie wissen offenbar nicht, dass Herr Volkert das Haus unter dem Namen ›Matuschek‹ gemietet hatte. Man wäre durch den Namen schnell auf Sie gekommen.«
»Nein, davon hatte ich keine Ahnung. Das hat er mir nie erzählt.«
»Können Sie sich vorstellen, warum er Ihren Namen angegeben hat?«
»Nicht wirklich. Vielleicht war es eine sentimentale Sache. Ja … da bin ich mir ziemlich sicher, dass es so war. Ich kann mir vorstellen, dass er damit die Erinnerung an seine erste Frau auslöschen wollte, mit der er früher häufiger dort gewesen war. Er hat wohl unsere Reise nach Schweden als einen Neuanfang in seinem Leben angesehen.«
»Wie kamen Sie auf die Idee, dass man den Wagen in dem alten Hafenbecken nicht entdecken würde?«
»Wenn ich Volkert in Holzminden besucht habe, sind wir abends manchmal spazieren gegangen. Dabei haben wir auch über seinen Beruf gesprochen, und er hat mir von interessanten Fällen erzählt, an denen er gearbeitet hatte. An einem Abend sind wir an dem alten Hafen vorbeigekommen, und da hat er gesagt, wenn er ein Verbrecher wäre und eine Leiche verschwinden lassen wollte, dann würde er sie in einem Auto festschnallen und hier versenken. Die würde für Jahrzehnte nicht wieder auftauchen, denn das Becken sei ziemlich tief und es würde schon seit Jahren nicht mehr benutzt. Ich dachte deswegen, wenn man das Auto später einmal finden würde, wäre ich entweder schon tot, oder es würde mich niemand damit in Verbindung bringen, weil niemand wusste, dass ich mit Volkert zusammen verreist war. Wie haben Sie eigentlich herausgefunden, dass Volkert und ich befreundet waren?«
»Ich habe nur das getan, was ein guter Kriminalbeamter tun muss. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.«
Vera hatte den angeblichen Ablauf der Ereignisse ohne Stocken berichtet, als brauche sie nur ihren Erinnerungen freien Lauf zu lassen. Dennoch konnte sich Marder immer noch nicht festlegen, wieweit er ihr glauben konnte. Darüber würde er nachdenken müssen, wenn er allein war.
»Wohin sind Sie gefahren, nachdem Sie das Auto versenkt hatten? Ihre Tochter hat sich große Sorgen um Sie gemacht, weil sie so lange nichts von Ihnen gehört hat.«
»Ich weiß gar nicht, was Anja das angeht, dass ich mal etwas länger weg bin. Ich bin ihr doch keine Rechenschaft schuldig, wir reden sowieso nicht oft miteinander.«
Veras Stimme klang wütend. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen.
»Wie Sie sich sicherlich vorstellen können, war ich die
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