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Über den Fluß und in die Wälder

Über den Fluß und in die Wälder

Titel: Über den Fluß und in die Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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sah, daß mit dem alles okay war. Jetzt schoß er einen linken Haken ab. Dann versetzte er ihm mit der Rechten einen ordentlichen Körperschlag, als er hochkam. Er versetzte ihm noch einen Linkshaken und wandte sich ab und ging auf das Mädchen zu, weil er nicht hören wollte, wie der Kopf auf das Pflaster aufschlug.
    Er besah sich den, der es zuerst abbekommen hatte, und stellte fest, daß er friedlich, mit dem Kinn runter schlief. Das Blut lief ihm aus dem Mund. Aber es hatte noch die richtige Farbe, stellte der Colonel fest. «Na, da geht meine Karriere flöten», sagte er zu dem Mädchen. «Was immer das war. Aber die Kerls da tragen wahrhaftig komische Hosen.»
    «Wie geht’s dir?» fragte das Mädchen.
    «Ausgezeichnet. Hast du zugesehen?»
    «Ja.»
    «Morgen früh werden die Hände schlimm sein», sagte er geistesabwesend. «Aber ich glaube, wir können uns unbesorgt auf den Weg machen. Aber wir wollen langsam gehen.»
    «Bitte, geh ganz langsam.»
    «So hab ich’s nicht gemeint. Ich meinte nur, wir wollen uns mit dem Davongehen nicht beeilen.»
    «Wir wollen so langsam gehen, wie zwei Leute nur gehen können.»
    Sie gingen so.
    «Willst du ein Experiment machen?»
    «Natürlich.»
    «Wir wollen so gehen, daß selbst unsere Beine von hinten gefährlich aussehen.»
    «Ich will’s versuchen. Aber ich glaub nicht, daß ich das kann.»
    «Gut, dann wollen wir einfach gehen.»
    «Aber haben sie dich denn nicht getroffen?»
    «Einer hat mich ganz ordentlich hinterm Ohr getroffen – der zweite Junge, als er dazukam.»
    «Ist eine Schlägerei immer so?»
    «Wenn man Glück hat.»
    «Und wenn man kein Glück hat?»
    «Dann versagen dir auch die Knie, und du sackst entweder nach vorn oder nach hinten zusammen.»
    «Magst du mich noch nach deiner Schlägerei?»
    «Ich liebe dich viel mehr als vorher, wenn das möglich wäre.»
    «Wäre das nicht möglich? Es wäre schön. Ich liebe dich mehr, seit ich das gesehen habe. Geh ich langsam genug?»
    «Du gehst wie ein Champion, bevor er der Champion ist. Wenn du ein Pferd wärst, würde ich dich kaufen, und wenn ich mir das Geld dafür mit 20 Prozent im Monat pumpen müßte.»
    «Du brauchst mich nicht zu kaufen.»
    «Das weiß ich. Das stand nicht zur Diskussion. Wir sprachen über deinen Gang.»
    «Sag mir», sagte sie, «was geschieht denn mit den Männern da? Das gehört zu den Dingen bei einer Schlägerei, von denen ich nichts weiß. Hätte ich nicht bleiben und mich um sie kümmern sollen?»
    «Keinesfalls», sagte der Colonel zu ihr. «Merk dir das. Niemals. Ich hoffe, sie teilen sich eine ordentliche Gehirnerschütterung. Von mir aus können sie verrecken. Sie haben den Unfall verschuldet. Sie können mich nicht privat belangen, kommt gar nicht in Frage. Wir sind alle versichert. Wenn ich dir eine Sache hierzu sagen darf, Renata…»
    «Bitte, sag’s mir.»
    «Wenn man boxt oder kämpft, muß man siegen. Das ist das einzige, worauf es ankommt. Der ganze Rest ist Kohl, wie mein alter Freund, Dr. Rommel, sagte.»
    «Mochtest du Rommel wirklich gern?»
    «Sehr.»
    «Aber er war doch dein Feind.»
    «Manchmal liebe ich meine Feinde mehr als meine Freunde. Und die Marine, weißt du, die siegt immer. Das hab ich in einem Gebäude gelernt, das Pentagon heißt, als mir noch gestattet war, es durch den Vordereingang zu betreten. Wenn du willst, können wir diese Straße hier entlang zurückschlendern oder auch schnell gehen und die beiden befragen.»
    «Weißt du, Richard, ganz ehrlich, ich hab für heute abend genug vom Boxen.»
    «Um die Wahrheit zu sagen, ich auch», sagte der Colonel. Aber er sagte es auf italienisch, und es begann mit Anche io. «Wir wollen zu Harry gehen und einen kippen, und dann bringe ich dich nach Hause.»
    «Hast du deiner schlimmen Hand sehr weh getan?»
    «Nein», erklärte er. «Ich hab ihm nur einen Kopfschlag damit versetzt. Sonst hab ich ihn damit nur in den Körper gepuncht.»
    «Darf ich sie anfassen?»
    «Wenn du sie sehr vorsichtig anfaßt.»
    «Aber sie ist ja furchtbar geschwollen.»
    «Es ist aber nichts gebrochen, und die Art von Schwellung geht wieder weg.»
    «Liebst du mich?»
    «Ja. Ich liebe dich mit zwei mäßig geschwollenen Händen und von ganzem Herzen.»

41
    Also das war das gewesen, und vielleicht war es jener Tag oder vielleicht war’s auch ein anderer, der das Wunder bewirkte. Das wußte man nie, dachte er. Das große Wunder war da, und er hatte es nicht bewußt darauf abgesehen. Aber, dachte er, du hast dich auch

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