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Über den Fluß und in die Wälder

Über den Fluß und in die Wälder

Titel: Über den Fluß und in die Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Wasser da?» fragte er den Bootsmann.
    «Kein Wasser», sagte der Bootsmann.
    «Kann man das Lagunenwasser trinken?»
    «Nein. Es ist ungesund.»
    Der Jäger war durstig von der anstrengenden Arbeit des Eisbrechens und dem Hineinschieben des Bootes, und er spürte, wie ihm die Wut hochkam, aber er unterdrückte sie und sagte: «Kann ich Ihnen da im Boot mit dem Eisaufbrechen helfen, um die Lockenten auszusetzen?»
    «Nein», sagte der Bootsmann und stieß das Boot heftig hinauf auf die dünne Eisschicht, die krachte und aufriß, als das Boot auf sie drauffuhr. Der Bootsmann begann mit dem Ruderblatt auf das Eis einzuschlagen, und dann fing er an, Lockenten seitwärts und hinter sich auszuwerfen.
    Der ist ja reizender Laune, dachte der Jäger. Und ein grober Flegel ist er auch. Ich hab beim Rauskommen wie ein Pferd geschuftet. Er hat gerade nur sein Teil getan und weiter nichts. Was ist denn dem über die Leber gelaufen, zum Teufel noch mal! Das ist doch sein Beruf, oder nicht?
    Er stellte den Jagdhocker so, daß er nach rechts und links den größtmöglichen Schußkreis hatte, öffnete eine Patronenschachtel und füllte seine Taschen und leerte eine zweite Schachtel mit Patronen in die Patronentasche, in die er leicht hineinlangen konnte. Gerade vor ihm, wo die Lagune glasig im ersten Licht lag, waren das schwarze Boot und der große, vierschrötige Bootsmann, der mit seinem Ruder auf das Eis einschlug und die Lockenten über Bord schleuderte, als ob er sich von etwas Widerlichem befreite.
    Jetzt wurde es heller, und der Jäger konnte über der Lagune die flache Linie der nahen Landzunge sehen. Er wußte, daß jenseits von jener Landzunge zwei weitere Anstände waren, und weit jenseits war wieder Marsch und dann das offene Meer. Er lud seine beiden Gewehre und merkte sich die Lage des Bootes, das die Lockenten auswarf.
    Hinter seinem Rücken hörte er das näher kommende Rauschen von Flügeln, und er duckte sich, ergriff, als er von unter dem Rand der Tonne aufblickte, mit der rechten Hand sein rechts stehendes Gewehr, dann richtete er sich auf, um auf die beiden Enten zu schießen, die mit zum Bremsen festgestellten Flügeln heruntersackten und die dunkel in dem grauen, trüben Himmel schräg auf die Lockvögel niedergingen.
    Mit eingezogenem Kopf schwang er das Gewehr in einer langen Schleife nach unten und hielt weit hinaus vor die zweite Ente, dann hob er, ohne auf das Ergebnis seines Schusses zu blicken, das Gewehr zügig hoch, hoch empor und links vor die andere Ente, die nach links aufstieg, und als er abzog, sah er sie im Flug zusammenklappen und in das aufgebrochene Eis zwischen die Lockvögel fallen. Er blickte nach rechts und sah die erste Ente als schwarzen Klumpen auf dem gleichen Stück Eis. Er wußte, er hatte sorgfältig auf die erste Ente geschossen, weit rechts von der Stelle, wo das Boot war, und auf die zweite hoch, weit hinaus und nach links, nachdem er die Ente hoch in die Höhe und nach links hatte steigen lassen, um sicher zu sein, daß das Boot auf alle Fälle außerhalb der Schußrichtung war. Es war ein fabelhafter Doppeltreffer; er hatte genau so geschossen, wie man schießen soll, unter völliger Einkalkulierung und Berücksichtigung der Lage des Bootes, und er war glänzender Stimmung, als er von neuem lud.
    «Heda», rief der Mann in dem Boot. «Schießen Sie nicht in der Richtung auf das Boot.»
    Da soll mir doch das große Kotzen kommen, sagte der Jäger zu sich, nein, so etwas.
    «Setzen Sie die Lockvögel aus», rief er dem Mann im Boot zu. «Aber ‘n bißchen fix. Ich werde nicht schießen, bevor Sie alle draußen haben, außer senkrecht in die Höhe.»
    Der Mann in dem Boot sagte nichts, was man hören konnte.
    Ich kann’s mir nicht erklären, dachte der Jäger bei sich. Er weiß doch Bescheid. Er weiß, daß ich die Arbeit auf der Herfahrt mit ihm geteilt habe, wenn nicht mehr. Ich hab mein Lebtag keinen sorgfältigeren Schuß auf eine Ente abgegeben als den eben. Was ist denn mit ihm los? Ich hab ihm sogar angeboten, die Lockenten mit ihm zusammen auszusetzen. Zum Teufel mit ihm!
    Draußen, jetzt weiter rechts, hieb der Bootsführer immer noch wütend auf das Eis ein und warf die hölzernen Enten mit einem Haß aus, der sich in jeder seiner Bewegungen kundtat.
    Laß dir’s nicht durch ihn verderben, sagte der Jäger zu sich. Bei diesem Eis hier wird es nicht viel zu schießen geben, falls es die Sonne nicht später noch schmilzt. Wahrscheinlich kriegst du nur ein paar Vögel,

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