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Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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handgeschriebenen Schild steht: »Zwischen 11 und 14 Uhr ist Mittagspause«. Eine Stunde muss ich noch abbummeln. Genügend Zeit, sich mal den Pub anzusehen und vielleicht ein kleines Bier zu trinken.
    Am Tresen sitzen zwei ältere Männer, die vor Schreck fast vom Barhocker fallen, als ich reinkomme. Ich erstarre mit ihnen und bleibe auf der Stelle stehen. Andere Länder, andere Sitten. Das hatte ich nicht bedacht. Was, wenn Frauen in Irland gar nicht in den Pub dürfen, zumindest nicht in den kleinen Dörfern? Dann kann ich mich jetzt schön draußen langweilen. »Sie haben doch geöffnet? Kann ich hier etwas trinken?«, frage ich kleinlaut. Versuchen kann ich es ja.
    »Kommen Sie rein«, ruft der Wirt freundlich. »Die Typen haben nur ewig keine Frau mehr gesehen, die jünger ist als ihre Söhne. Deswegen sind sie ein wenig aufgeregt.«
    »Gar nicht wahr«, brummelt der Dickere von beiden. »Erst letzte Woche hat mich diese ganz junge Kassiererin im Supermarkt richtig angebaggert. Ich sag euch, die ist so nahe an mich rangerückt, dass ich es beinahe mit der Angst bekommen habe.«
    »Aber nur weil sie dir ins Ohr brüllen musste, damit du überhaupt noch irgendetwas hörst«, protestiert der Dünne neben ihn. Dann prosten sie sich zu und trinken ihr Bier
weiter, obwohl es dafür eigentlich etwas früh am Tag ist. Na, wer sagt es denn. Hier kommt:
    Klischee Nummer 5:
    Die Iren sind ein trinkfreudiges Volk von Märchenerzählern.
    Die beiden Jungs haben ein bisschen was von Waldorf und Statler aus der Muppet-Show. Ich beschließe, dass sie merkwürdig aber ungefährlich sind und mich nicht für unsittliche Handlungen auf den Tresen werfen würden. Also setze ich mich zu ihnen, lasse aber sicherheitshalber einen Stuhl zwischen uns frei. Das ist meine Chance. Der Mann hinterm Tresen ist etwa so alt wie mein Vater, also zu jung, um etwas über Zuckermann zu wissen. Aber diese beiden Urgesteine hier werden schon mit ein paar Informationen rausrücken. Schließlich kann nicht das ganze Dorf durch irgendein düsteres Geheimnis an den Dichter gekettet sein und sich zu einem einzigen großen Schweigen verabredet haben! Bevor ich mit meinen Nachforschungen beginnen kann, muss aber erst der Höflichkeitsaustausch durchstanden werden. Ich erzähle also ein bisschen über mich; dass ich aus Hamburg komme und hier meinen Vater besuche. Ich vergesse auch nicht ausgiebig zu versichern, dass mir noch kein anderes Land jemals so gut gefallen habe wie diese einmalige, grüne Insel. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Eingeborenen nun optimal eingelullt sind, aber weil ich ja nicht endlos weiterplappern kann, komme ich direkt auf den Punkt.
    »Aber mir scheint, ich bin nicht die Einzige, der es hier gefällt. Offenbar lieben die Deutschen einfach Irland. Dieser
Dichter, wie hieß er noch gleich, Zuckermann, hat der nicht sogar eine ganze Weile hier gelebt?«
    Elegant war das nicht, aber zumindest fällt keiner der beiden vom Hocker. Sie sehen auch nicht die Spur argwöhnisch aus. Hervorragend. Hier bin ich richtig. Eigentlich könnte ich mir direkt auch ein Bier bestellen.
    »Der Hermann. Ja, der war lustig. Hat fast so viel vertragen wie wir«, sagt der dickliche Waldorf.
    »Musste er ja auch, schließlich ist er hier immer um unsere Nellie herumgeschlichen«, ergänzt Statler.
    Beide lachen.
    »Waren Sie miteinander befreundet?«, frage ich eifrig.
    »Nicht direkt. Zuerst saßen wir hier oft zusammen. Wie gesagt, er war ganz verrückt nach Nellie. Aber ich glaube, die hat nur ein wenig mit ihm geflirtet. Eigentlich war die ja auf Sir Henry scharf. Die war wohl nur nett zu Hermann, weil der so viel mit denen von da oben rumhing.«
    Ich denke, sie meinen die Herrenhausbewohner.
    »Aber ihre Schwester Violet war doch sicher auch mit denen befreundet?«
    »Ja, aber die haben sich wegen irgendetwas richtig zerstritten. Tippe mal, es ging um Sir Henry.«
    »Mögen sie den denn nicht?«
    »Doch, die da oben sind alle in Ordnung. Die waren nur nicht oft hier, lebten irgendwie in ihrer eigenen Welt und hielten sich viel in Dublin auf. Da konnten wir nicht mitziehen, wir mussten auf unseren Farmen arbeiten.«
    »Aber irgendwann muss es auch mit Zuckermann Streit gegeben haben, oder? Schließlich ist er ja wieder nach Deutschland gegangen.«
    Die beiden sehen sich ratlos an. Schließlich sagt der Dünne:
»Vielleicht hat es ihn doch mehr mitgenommen als wir alle dachten, dass Nellie ihn zurückgewiesen hat. Zuerst schien er sich recht

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