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Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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schnell gefangen zu haben und wirkte sogar ganz fröhlich. Aber wir haben ihn dann auch nicht mehr so oft gesehen. Auf einmal war er weg.«
    Ich bin richtig gut. Nennt mich in Zukunft Louisa Holmes! Das erklärt den Hass der beiden Schwestern. Sie waren beide auf Henry scharf und haben sich deswegen gestritten. Und Moira war offenbar überzeugt davon, dass Violet die bessere Partie für ihren Bruder war und hat sich deshalb auf ihre Seite geschlagen. Und Zuckermann ist beleidigt abgedampft. Das ist die Lösung. Wenn da nur nicht dieses kaum greifbare Gefühl in meiner Bauchgegend wäre, dass das Bild schief ist. Dass ein paar entscheidende Teile im Puzzle fehlen, damit es sich zu einem Ganzen fügt. Wie kamen zum Beispiel das Buch und der Brief in Zuckermanns Haus? Waren das von Nellie zurückgewiesene und zurückgegebene Liebesgaben?
    »Oh, ich muss los. Ich wollte gleich bei Nellie sein«, stelle ich mit einem Blick auf die Uhr fest. Ich springe auf.
    Die beiden alten Jungs grinsen: »Aber nehmen Sie sich bloß vor ihrem Nachbarn Seamus in Acht, dass er Sie nicht unter die Haube gebracht hat, bevor Sie mit der Wimper gezuckt haben«, sagt der Dünne.
    Ich muss wohl die Farbe eines frisch überbrühten Hummers angenommen haben. »Brauchst nicht rot zu werden«, sagt nämlich der Dicke. »Wir beide sind leider aus dem Rennen. Unsere Frauen würden uns lynchen.«
    »Ich bin leider auch vergeben«, sagt Murphy und lacht. Bestens, womit wir das also auch geklärt hätten.

    Frederick ist offenbar in Dublin. Ich bin aber nur ein ganz klein wenig enttäuscht darüber, ihn nicht zu sehen. Nellie schenkt uns beiden Tee ein und plaudert eigentlich ganz nett mit mir. Behaglich wird mir trotzdem nicht zu Mute. Vielleicht bin ich voreingenommen, weil die anderen Frauen so ablehnend auf sie reagieren. Aber wenn Nellie lächelt, verzieht sie nur ihren Mund, die Augen bleiben ganz hart. Ihr Gesicht hat etwas Maskenhaftes. Wie ist sie nur zu so einem reizenden Sohn gekommen?
    »Wieso interessieren Sie sich eigentlich so für Zuckermann? «, will sie wissen, als ich vorsichtig die Sprache auf das Thema bringe.
    »Ach, ich habe zufällig ein paar seiner Gedichte gelesen. Er war ja wohl hin und weg von der Landschaft und den Menschen – und den Frauen?«
    Sie lacht hart.
    »Die Elfengedichte. Das ist so lange her. Aber es stimmt, die galten wohl mir. Er war verrückt nach mir. Aber ich habe mich nie sehr für ihn interessiert. Er war so verschroben. «
    Eigentlich könnte ich ihr gleich den Brief in die Hand drücken und sie fragen, was es damit auf sich hat. Aber sie redet so abfällig über ihn. Komisch, zumindest zwischenzeitlich muss sie ihn doch erhört haben? Der Brief klang überhaupt nicht so, als wäre er an eine abweisende Frau gerichtet. Er klang wie ein Brief an jemanden, der die Liebe des Schreibers erwidert. Als wäre der Schreiber sich zumindest sehr sicher, dass es eine beidseitige Liebesgeschichte sei. Andererseits: Die Ablehnung kann ja auch reine Maskerade sein. Warum sollte Nellie einer Fremden ihr ganzes
Innenleben offenbaren? Aber irgendetwas stimmt an der Geschichte, die sie mir erzählt – Dichter verliebt sich, Liebe wird nicht erwidert, Dichter verschwindet – trotzdem nicht. Ich muss dringend noch einmal die Gedichte nach Hinweisen absuchen und vielleicht jemanden finden, der mir weiterhilft. Jemand, der nicht involviert war und mich nicht bloß auf die falsche Spur bringen will, in die er die Vergangenheit am liebsten pressen würde. Jemanden, der dennoch nahe genug dran ist und sich am besten noch mit irischen Mythen auskennt. Toll, genauso gut könnte ich darauf warten, dass sich die nette Fee aus dem zweiten Teil des Bandes leibhaftig vor mir zeigt und mich in eine allwissende Kristallkugel schauen lässt. Vielleicht käme ich aber auch selbst hinter die Geheimnisse meiner drolligen Aristokraten, wenn ich nur die Gedichte vollständig verstünde.

    Als ich zuhause ankomme, sitzt mein Vater wie ein Häuflein Elend am Küchentisch. Hilflos schaut er zu Teresa, die den Kopf in ihren Händen verborgen hält. Er macht mehrfach Anstalten, seine Hand auf ihr Haar zu legen, lässt es dann aber doch bleiben. Nicht nur Teresas Schultern beben, ihr ganzer Körper wird von heftigen Schluchzern durchgeschüttelt. Italienisches Temperament? Mein Vater winkt mich zu sich und bittet so stumm um Unterstützung. Er denkt sicher, Frauen hätten ein eingebautes Trost-Gen. Nun, ich habe keines. Ich weiß in solchen

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