Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman
lachen schallend.
»Für die Messe muss der Priester aus dem Nachbarort kommen, der hat nicht jeden Tag Zeit«, erklärt Teresa lässig. Als Italienerin ist sie sicher ebenfalls Katholikin und kennt sich mit solch finsteren Gepflogenheiten aus. Wie nur schaffen es diese alten Leute, dass ich mich pausenlos wie meine eigene Mutter vor ihrer Verwandlung, also wie eine stinklangweilige Puritanerin. fühle?
»Ist Nellie hier zufällig auch irgendwo?«
Misstrauisch schaut Violet mich aus ihren sanften Augen an. »Was möchtest du denn von ihr?«
»Ach, ich habe mich vorhin mit Frederick unterhalten. Ich war nur neugierig auf seine Mutter.«
»Ach so«, sagt Violet, aus irgendeinem Grund erleichtert. »Da vorne.« Sie zeigt auf eine ältere Dame, die mit zwei anderen Frauen an einem der vorderen Tische sitzt. Die Damen in der Runde wirken allerdings allesamt etwas verkniffen. Da bin ich dann doch froh, dass ich nicht mit denen Bingo spielen muss. Ich vermute, dass Nellie früher auf eine sexy Art attraktiv gewesen ist. Aber eher von jener verruchten Attraktivität, die nicht so haltbar ist, wie die zarten Züge von Moira oder Violet. Für einen hormongesteuerten, jungen Dichter kommt eine jüngere Ausgabe dieser Nellie als Inspiration sicher in Frage. Ich bin ganz aufgeregt. Obwohl – in gewisser Hinsicht ist sie eine Enttäuschung. Ich hatte mir eine gefährliche Fee irgendwie anders vorgestellt. Nicht ganz so gewöhnlich. Mit nicht ganz so schwarz gefärbten Haaren. Dennoch sticht Nellie von nun an für mich aus der Menge heraus. Diese Frau hat ein Geheimnis, und sie wurde in Gedichten verewigt. Und wer weiß schon, wie sie gewesen
sein mag, als sie jung war? Wenn man sich heute Elizabeth Taylor ansieht, würde ja auch niemand denken, dass sie sich mal mühelos Ehemänner ohne Ende geangelt hat. Nellie wird schon irgendwo eine zarte Seite verborgen haben. Und die hat Zuckermann ja auch erst sehr spät entdeckt, das würde zumindest den Stimmungsumschwung in den Gedichten erklären. Obwohl sie ihm am Ende dann doch das Herz gebrochen hat.
Oh, ich hätte sie vielleicht nicht zu lange anstarren sollen. Sie sieht zu mir herüber und grinst. Mir wird tatsächlich ein bisschen unheimlich zu Mute. Puh, ihr Blick ist stechend und ziemlich intensiv. Sie hat doch etwas von einer finsteren Fee. Ich habe mal gehört, die irischen Feen seien ohnehin alle hinterhältig und gemein und gar nicht die ätherischen Wesen, für die man sie hält. Da gibt es Todesfeen, Wasserfrauen und noch viel schlimmere.
Moira stößt mir in die Rippen und reißt meinen Arm in die Höhe. »Bingo!«, ruft sie an meiner Stelle. Ich habe gewonnen! Ich habe tatsächlich gewonnen. Ich habe ... einen riesengroßen Schinken gewonnen.
»Na, dann müssen wir uns nachher im Wagen dicht aneinanderquetschen, damit wir vier und der Schinken hineinpassen«, sagt Moira. Violet kichert aber natürlich ganz dezent mit der Hand vor dem Mund. Beim Rausgehen treffen wir auf Nellie und ihre beiden Freundinnen. Die Begrüßung der beiden Frauentrupps fällt unterkühlt aus. Niemals hätte ich gedacht, dass die bodenständige Moira so überheblich aussehen kann. Auf einmal ist sie ganz Aristokratin. »Hallo«, sagt sie knapp.
Aber ich bin ja neu hier. Ich darf so tun, als bemerke ich nichts von der tödlichen Feindschaft. »Guten Tag, Mrs. Finnegan.
Ich bin Louisa, die Tochter von Gerhard Wolff. Ihr Sohn spielt manchmal mit meinem Vater Karten. Frederick ist wirklich sehr nett. Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich morgen mal bei ihnen reinschaue? Ich stelle mich gerade allen vor, weil ich wohl eine Weile bleiben werde.« Ich rede rasend schnell. Ob man mir so viel Unbefangenheit wohl abnimmt? Nellie kneift die Augen leicht zusammen und schaut spöttisch zu meinen Begleiterinnen. Offenbar hat mein Verhalten die Machtverhältnisse durcheinandergebracht. Violet sieht jetzt geradezu ängstlich drein.
Und Nellie nimmt meine Hand und sieht mich wieder so durchdringend an, dass ich es fast bereue, mich selbst eingeladen zu haben.
»Sehr gerne. Mir gehört der kleine Laden im Ort.«
Ich bin auf der richtigen Fährte, das spüre ich. Und ich fühle auch, dass ich dabei bin, mich in das Innere eines Tornados zu begeben. Irgendetwas verbergen diese Frauen – alle miteinander. Teresa nehme ich davon aus, die ist 20 Jahre zu jung.
Moira packt meinen Arm ziemlich fest. »Sehr gut. Und jetzt müssen wir leider gehen.«
»Autsch«, rufe ich, als wir draußen sind, »was habt ihr
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