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Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman
Autoren: Jana Seidel
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schiefgeht? Dann müsste ich noch mal von vorne anfangen. Zu einem Zeitpunkt, an dem es auf dem Arbeitsmarkt sicher kein Stück besser aussehen würde. Im Gegenteil. Ich wäre wieder ein paar Jahre älter und mein Lebenslauf würde eine gewaltige Lücke aufweisen. Ich bin vielleicht langweilig, aber ich brauche ein Stück Sicherheit. Zu der trägt auch der Gedanke an eine Beziehung mit Colin – umzingelt von hübschen Studentinnen – nichts bei. Wenn ich mir jetzt schon so viele Gedanken darum mache, werde ich sicher irgendwann zur eifersüchtigen Ehefrau mit dem Nudelholz mutieren. So will ich nicht sein. Nein, lieber frei und ungebunden! Ich kehre nach Deutschland zurück und kümmere mich um meine Karriere. Das ist auf lange Sicht viel erfüllender.
Was bleibt schließlich am Ende von der Liebe, wenn die erste große Verliebtheit vorbei ist? Bequemlichkeit, Langeweile, Stagnation. Und dass ich glaube, dass es mit Colin ganz anders wäre, ist doch bloß die übliche Illusion. Es ist immer alles ganz anders, wenn man sich kennenlernt. Und immer gleich, wenn man zusammenbleibt. Das lehrt die Erfahrung und die Beobachtung anderer langjähriger Paare. Aber weil ich ein Miststück bin, das nicht sofort auf Colins Küsse verzichten will, teile ich ihm meine Gedanken nicht sofort mit.
    »Ich wollte dich nicht anfauchen, aber ich muss darüber nachdenken«, sage ich stattdessen zaghaft.
    »Natürlich«, antwortet Colin. Sein Lächeln ist so verabscheuungswürdig siegessicher, dass ich mich nur ganz kurz schuldig fühle, als er mich wieder in seine Arme nimmt. Mein Entschluss steht fest. Solange ich hier bin, werden Colin und ich eine Art Paar sein, und dann gehe ich zurück nach Deutschland und suche mir einen Job.
    »Ich übernachte heute Abend hier im Schloss. Bleibst du auch?«
    »Nicht heute, Colin. Es gibt noch so viel zu planen. Außerdem reisen die anderen in ein paar Tagen ab. Da möchte ich noch etwas Zeit mit ihnen verbringen.«
    Quatsch, Colin, viel lieber würde ich bei dir übernachten. Aber dann hätte es gleich so etwas Offizielles, weil wir damit vor allen zugeben würden, dass bei uns etwas läuft. Und dann wird die Trennung noch schwieriger.
    »Das verstehe ich«, sagt er und lächelt.
    Und er ist sowieso zu gut für mich.
    »Sollen wir dann mal die anderen suchen gehen? Ich wette, sie testen gerade die Fritteuse«, sagt Colin und lacht wieder.

    Ich sehe ihn fragend an.
    »Als ich Christopher und Peter zum Auto begleitet habe, stieg ganz viel Qualm und ein merkwürdiger Geruch über der Bude auf.«
    »O Gott, meinst du es gibt Überlebende?«, frage ich schnell, halb entsetzt und halb lachend.
    »Dem Geruch nach zu urteilen eher nicht.«
    Langsam schlendern wir los, unsere Hände ganz fest ineinander verschlungen, bis wir die Bude sehen können. Vorsichtig lösen wir uns voneinander. Colin hatte Recht. Es qualmt und stinkt. Ich habe über das Ableben unserer Lieben gescherzt, aber das da sieht ernsthaft gefährlich aus. Plötzlich wirkt auch Colin besorgt. Die letzten paar Meter rennen wir so schnell wir nur können.
    Drinnen finden wir die anderen – bis auf Henry, Violet und Moira, die im Krankenhaus sind – mit aufgeregten, roten Gesichtern, in denen feuchte, wirre Haarsträhnen kleben. Alle scheinen wohlauf zu sein. Puh! Aber dieser unglaubliche Gestank.
    »Hey, Colin, hey, Louisa«, ruft Juli begeistert. »Was wollt ihr denn frittieren? Seid kreativ!« Sie deutet auf einen Tisch, der überfüllt mit Schokoriegeln, Gemüsesticks und anderen Utensilien ist. Überall kleben Eierschmiere und Mehl für die Panaden.
    »Wir haben uns überlegt, unser Angebot etwas zu erweitern«, juchzt mein Vater, dessen kulinarische Tüfteleien auf mich bislang einen ähnlichen Reiz ausgeübt haben wie männliche Geschlechtsorgane auf eine militante Lesbe.
    »Na ja. Man liest doch immer von diesen Schrecklichkeiten, die es in der Inselküche geben soll. Frittierte Bountys
und so. Das hat uns inspiriert. Außerdem wollten wir für unsere Tests nicht gleich die teuren Zutaten, den Fisch und so, vergeuden«, ergänzt Tanja. Sie sieht reumütig zu Boden. Vielleicht weil sie sich so engagiert für Biogemüse eingesetzt hat und nun ihr ganzer Mund mit einer Schokolademasse verschmiert ist, die von einem großen Süßwarenkonzern stammt, der sicher weder »Bio« noch »Fair Trade« buchstabieren kann.
    »Und bei genauem Überlegen haben wir festgestellt, dass es sich nur um ein Gerücht handelt und wir solche Dinge noch nie
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