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Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman
Autoren: Jana Seidel
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dringend gebrauchen. Allen Gesichtern ist die gleiche Mischung aus aufgeregter Vorfreude und echter Bangigkeit abzulesen. Wird unser Plan funktionieren? Werden Gäste kommen und werden sie dies alles hier genauso genial finden wie wir?
    »Gute Idee, heute im Pub Werbung zu machen. Der wird schön voll sein«, sagt mein Vater. »Ich habe gehört, dass Seamus mit der Geige vorbeikommt.«
    Nachdem wir uns per Telefon versichert haben, dass es Henry schon viel besser geht, brechen wir bester Stimmung auf.

    Wie erwartet, ist es im Pub zum Bersten voll. Frederick und Nellie sind nicht da. Eine Feststellung, die mein Wohlbefinden merklich steigert. Seamus, Ian und Ronan geben an diesem Abend wirklich alles, so dass ich mich anstrengen muss, standzuhalten und nicht sentimental loszuplärren. Unser Auftrag ist fast erledigt, bald sind wir in alle Winde zerstreut. Colin sieht mich die ganze Zeit so warm an, dass ich mich an ihn klammern und glauben möchte, dass wir nicht nach ein paar Wochen nur noch aus Bequemlichkeit zusammen wären. Dass wir immer glücklich wären. Glaube ich aber nicht.
    »Oh, Louisa, nun gib dem armen Mann doch eine Chance. Du bist verliebt, er ist verliebt. Das sieht doch jedes Kind. Wenn ihr nicht zusammenkommt, wäre das echt dämlich.
Und du bist doch sonst so schlau!«, flüstert Juli mir zu, die mich besser kennt als alle anderen. Dann kichert sie: »Uff, ich habe vergessen, dass du inzwischen eine fiese Sex-Erpresserin und notorische Lügnerin bist. Vielleicht doch mehr, als der arme Colin verkraften kann.«
    Ich ramme Juli unsanft meinen Ellbogen in die Seite, bringe sie dann aber doch auf den neuesten Stand. Schließlich sind wir Frauen soziale Wesen und können nur in einer laufenden Konversation unsere Gedanken so richtig sortieren.
    »Hä?«, fragt Juli. »Kapier ich nicht. Das wäre doch echt die Gelegenheit, Irland zu testen. Du jammerst die ganze Zeit, dass du gar nicht mehr zurückwillst, und hast so ziemlich nichts in Deutschland, das dich hält. Wir würden dich zwar vermissen, aber ganz bestimmt all unsere Urlaube hier verbringen. Und die eine Hälfte deiner Familie lebt hier, und auf die andere Hälfte ist kein Verlass.« Juli kichert. Sie denkt dabei sicher an meine Mutter, die mit ihrem jugendlichen Hengst durch die Weltgeschichte gurkt.
    »Und dass Colin sich so viele Gedanken um eine gemeinsame Zukunft macht, zeigt doch eher, dass es ihm ernst ist?«
    »O.k., o.k., Juli, das ist es ja auch eigentlich gar nicht. Ich habe nur Angst, dass es wieder ein totales Desaster wird. Bei Martin dachte ich doch anfangs auch, dass er der ideale Mann für mich ist.«
    »Pff, Anfängerfehler. Einmal müssen wir alle auf einen Charmeur reinfallen. Hättest du mich gefragt, hätte ich dir gleich sagen können, dass Martin eine hirnfreie Nulpe ist.«
    »Das hättest du mir sagen können? Du meinst, als du damit beschäftigt warst, mit diesem totalen Langweiler Thomas Abend für Abend vor der Glotze abzuhängen, nur um auf alle herabzusehen, die nicht in einer resignierten Langzeitbeziehung
festhängen?« Das war fies von mir. Aber ich bin verzweifelt.
    Juli zuckt aber nur lässig mit den Achseln. »Es ist ja nicht so, dass ich selber sage, dass ich im Moment hundertprozentig glücklich bin mit meiner Beziehung. Ich meine ja nur, dass man unbedingt einmal so richtig danebengreifen muss, damit man danach den Richtigen auch wirklich zu schätzen weiß.«
    »Ach, du bist und bleibst Romantikerin. So einfach ist das nicht, Juli.«
    »Ach nein? So kompliziert muss es aber auch nicht sein.«
    Colin kommt auf mich zu und fordert mich zum Tanzen auf. Panisch sehe ich mich um. Kein Mensch sonst tanzt. Juli tritt mir brutal gegen die Wade und flüstert mir zu: »Sei doch nicht ausgerechnet dann dämlich, wenn es darauf ankommt! «
    Ich fühle mich irgendwie ein wenig unter Druck gesetzt und ergreife schon deshalb Colins Hand, damit Juli nicht weiter auf mich einreden kann. Als sich Colins Arme um mich schließen, muss ich an unseren letzten Tanz denken und wie sehr wir uns dabei gestritten haben. Das scheint schon wieder eine Ewigkeit her zu sein. Seltsam, wie die Zeit hier gleichzeitig nur so zu verfliegen und stillzustehen scheint. Ich bin immer noch etwas tatterig, wenn er mir so nahe ist. Auch kann ich ihm nicht lange in die Augen sehen, ohne rot zu werden, weil das Gefühl so intensiv ist. Aber es fühlt sich so natürlich an, von ihm gehalten zu werden. Ich muss noch besser aufpassen, mich nicht daran
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