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Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman
Autoren: Jana Seidel
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zu, dass Colin über den Tisch greift und meine Hand nimmt. Ich wusste irgendwie, dass ich mit der »Ich bin klein, mein Herz ist rein«- Nummer nicht durchkomme.
    »Endlich einmal allein«, sagt Colin und grinst.
    Ich lächle nicht.
    »Was ist los, Louisa? Es ist doch alles gut gelaufen?«
    »Ja, ist es wohl. Charlie hat wirklich sein Bestes gegeben.«

    »Warum guckst du dann so traurig?«
    »Ich habe nur daran gedacht, dass ich bald nach Deutschland zurückmuss. Und das alles hier wird mir so fehlen. Ich meine Moira und Henry und Violet und Teresa und ...« Ich breche schnell ab und werde rot.
    »Und?«
    »Die ganze Umgebung«, sage ich lahm.
    Er lacht. Dann zieht er mich an sich, um mich zu küssen. Kurz bevor seine Lippen meine berühren, fragt er: »Und mich würdest du wohl sofort vergessen?«
    »Bestimmt nicht«, sage ich leise und ziehe ihn an mich heran. Ich kann einfach nicht widerstehen.
    Er löst sich viel zu schnell von mir. »Wenn es dir hier so gut gefällt, dann bleib doch einfach hier. Wenn ich es richtig verstanden habe, wartet in Deutschland nichts auf dich. Du könntest dir genauso gut hier einen Job suchen und ausprobieren, ob dir Irland immer noch so gefällt, wenn du hier auch deinen Alltag verbringst.«
    »Meinen Alltag?«, echoe ich vorsichtig, um rauszufinden, ob er wirklich meint, was ich verstanden habe.
    »Nun, ich denke an eine eigene Wohnung, einen Job und einen Freund, dem du abends etwas kochen und morgens anschnauzen kannst, weil er die Zahnpastatube wieder offen gelassen hat.«
    Ich haue ihm gegen die Schulter.
    »O.k., ich koche selbst ganz passabel. Wir können uns also auch abwechseln. Und ich schließe die Zahnpastatube immer. Komme ich jetzt in die engere Wahl?« Er sagt es leichthin, aber es ist ihm eindeutig ernst.
    Der Gedanke gefällt mir gut. Zu gut. Weswegen ich eine akute Panikattacke mit Atemnot bekomme.

    »Ach, Colin, wir kennen uns doch fast gar nicht, wir haben eine einzige Nacht miteinander verbracht, und was sollte ich hier schon machen? Ich kann als Journalistin nicht in einer anderen Sprache schreiben.«
    Los, Colin, gib mir ein paar gute Gegenargumente. Welche, an die ich glauben kann. Überzeuge mich. Aber selbst, wenn er mich niemals mit einer Studentin betrügen würde – hat er nicht selbst gesagt, dass er vor allem deswegen geheiratet hätte, um schnell wieder eine Familie zu haben? Was, wenn er sich aus dem gleichen Grund einredet, dass ich ihm gefalle. Nur, weil ich gerade da bin. Dann wacht er eines Tages auf, blickt auf mich und unsere Bälger und stellt fest, dass dies ein riesengroßer Fehler war und er sich von seiner Sehnsucht nach einer heilen Familie hat fehlleiten lassen.
    »Ich würde es auch lieber langsam angehen«, sagt Colin. »Aber wenn die Alternative ist, dich einfach nach Deutschland verschwinden zu lassen . . .« Er greift schon wieder nach meiner Hand. »Komm, Louisa, lass es uns doch einfach probieren. «
    In meinem Hirn rattert es aufgeregt.
    »Bei uns an der Uni ist am Deutschen Seminar eine Stelle frei – eine einfache Lehrtätigkeit. Wenn du die Stelle bekommst, würdest du Sprachkurse und vielleicht das ein oder andere Seminar geben. Du könntest ja auch weiter Journalistin sein, vielleicht braucht ja eine deutsche Zeitung eine Irland-Korrespondentin.«
    Moment mal, da werde ich doch gleich stocksauer!
    »Das hast du ja alles schon perfekt geplant«, fauche ich Colin an. »Wie kommst du darauf, dass ich Lust hätte, zu unterrichten? Das wäre ja ganz schön praktisch für dich.
Du bräuchtest nichts tun, nichts ändern. Nur ich krempele mein ganzes Leben um, damit du in Ruhe testen kannst, ob es funktioniert?«
    Colin sieht richtig erschrocken aus. »Ich wollte dich doch zu nichts nötigen. Ich dachte, es könnte eine Idee für den Anfang sein. Nur bis du etwas gefunden hat, was dir Spaß macht. Das war nur eine Idee, die zeigen sollte, dass es für uns Möglichkeiten und Perspektiven gibt.«
    »Dann bewirb dich doch als Dozent an einem englischen Seminar in Deutschland«, schnaube ich. Obwohl das natürlich unlogisch ist. Er hat einen Job und einen Plan. Mir fehlt beides und ich hatte selbst gerade gesagt, wie gut es mir hier gefällt.
    Es ist ja auch nicht so, dass ich die Idee richtig schlecht finden würde. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, mit Colin zusammen in Irland zu leben. Ich habe bloß Angst, mein altes Leben komplett aufzugeben und mich in seines einzufügen. So käme mir das nämlich vor. Und wenn es
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