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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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Förmlichkeiten aus und über all dem schwebten Christians Augen und sprachen ihm Mut zu, gaben ihm die Kraft durchzuhalten, versicherten ihm, dass alles gut werden, dass sie gemeinsam durchstanden, was auch immer auf sie wartete.
    Noch lange Zeit später wunderte Olaf sich über diese Emotionen, über die schräge Auffassung, über die Verkehrung ihrer Rollen, über seine plötzliche und unerwartete Unterlegenheit, die ihn aus der Bahn geworfen hatte.
    Doch an diesem Abend, in dieser Nacht waren seine Gefühle das Natürlichste der Welt gewesen, logisch und verständlich, notwendig in jedem Fall.
    *
    Und als die Gäste verschwunden, das Personal sich anschickte, mit den Aufräumarbeiten zu beginnen und auch der Tumult in Olafs Innerem nachließ, da war auch Christian wie vom Erdboden verschluckt.
    Doch bevor Olaf sich nach ihm umsehen konnte, nahm ihn sein Vater für ein letztes Glas beiseite, für letzte Instruktionen in Bezug auf sein zukünftiges Vorgehen, nun, da erste Kontakte vertieft und ein notwendiger Eindruck vermittelt worden war.
    „Unsere Branche ist der Stolz und die Sicherheit des Landes“, verkündete Hannibal stolz und stürzte den Inhalt seines Glases ruckartig hinunter. „Auf der ganzen Welt sind wir für unsere hochwertigen Produkte bekannt. Diese Autos werden überall gefahren und überall bewundert.“
    Er räusperte sich, verzog die schmalen Lippen zur Andeutung eines schiefen Lächelns. „Und von heute an habe ich volles Vertrauen darin, dass du dem Unternehmen alle Ehre machen wirst. Eines Tages werde ich mich beruhigt zurücklehnen und dir guten Gewissens das Geschäft überlassen.“
    Das Lächeln verschwand und Hannibal drehte sich zurück zur Bar und füllte sein Glas erneut.
    Olaf schüttelte den Kopf, als sein Vater ihm auch einen Nachschlag anbot, da der Anblick Hannibals, der sich offenbar den Abend über zurückgehalten hatte und nun nachholte, was er vermisst hatte, ihn davon abhielt, demselben Weg zu folgen.
    Helena trat zu ihnen, ein Weinglas in der Hand und einen endlich entspannten Ausdruck in ihren großen Augen, die Olaf auf einmal noch stärker an Christian erinnerten, als sie es je zuvor getan hatten.
    „Am schönsten ist es, wenn man es überstanden hat“, stellte sie fest und hauchte erst Hannibal, dann Olaf einen Kuss auf die Wange.
    Sie sah Olaf mit einem Lächeln an, das ihm ein wenig zu süß erschien, als dass es ehrlich sein konnte.
    „Du solltest zu Bett gehen, Lieber.“ Helena nickte ihm auffordernd zu und Hannibal blinkte zweimal.
    „Deine Mutter hat recht“, stimmte er ihr zu. „Wie immer.“ Er lächelte gequält, hob seine Hand und ließ sie schwer auf Olafs Schulter fallen.
    „Du hast morgen einen weiten Weg vor dir und noch vor Neujahr diverse Termine.“
    „Ich…“, wollte Olaf sich gerade wundern, als Hannibal erläuterte. „Ich habe noch einige Vorstellungsgespräche für dich klargemacht. Es wird gut sein, wenn du dich umsiehst und ein wenig herumkommst, solange es noch geht.“
    Hannibals Blick wanderte unwillkürlich zur Treppe. Einen kurzen Moment nur, und doch bemerkte Olaf ihn, konnte seines Vaters Gedanken ahnen.
    „Wie dein Vater sagt“, stimmte seine Mutter zu und zwinkerte, wenngleich ein wenig geistesabwesend, in Olafs Richtung. „So sehr ich es genieße, dich hier zu haben, Olaf, so stolz bin ich doch darauf, dass du deine Aufgaben mit derartigem Bravour meisterst. Das wäre jede Mutter.“
    Sie lächelte wieder, diesmal ein wenig in sich hinein und warf dann Olaf eine elegante Kusshand zu. „Ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann. Das wir beide es können“, fügte sie hinzu und fing Hannibals Blick.
Olaf verstand den Wink und stellte sein Glas ab, verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
    „Das könnt ihr“, sagte er rau und empfahl sich mit Worten, deren Bedeutung er nicht mehr begreifen konnte.
    Doch da er nichts Unübliches in den Reaktionen seiner Eltern bemerkte, fielen sie ihm wohl in gewohnter Selbstverständlichkeit von den Lippen und Olaf kam erst wieder zu sich, als er vor seiner Zimmertür stand und den Atem ausließ, den er, ohne zu wissen warum, angehalten hatte.
    Hastig öffnete er die Tür, trat in den Raum und stolperte auf sein Bett zu, fühlte die Erschöpfung des Tages wieder mit erhöhter Intensität.
    Vornüber ließ er sich auf die glatten Laken fallen, seufzte mit einer Erleichterung auf, die über alles hinausging, was er sich vorgestellt haben könnte und erlaubte seinen Augen

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