Ueber den Horizont hinaus - Band 1
zuzufallen, ohne sich darum zu kümmern, ob er die Tür wieder hinter sich geschlossen hatte. Er schlief ein.
Seltsame Träume, merkwürdige Empfindungen holten ihn ein. Hände auf seinem Körper, die ihn zärtlich entkleideten.
Durch die Dunkelheit, die Olaf umfing, nahm er verschwommen wahr, wie seine Arme aus den Ärmeln der Jacke gezogen wurden, jemand an seinen Füßen nestelte, bis seine Schuhe mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden landeten.
Mit einem leisen Seufzer ließ er es zu, auf den Rücken gerollt zu werden, empfand durch den Schleier des Traumes das angenehme Kribbeln, während schlanke Finger an seinen Hemdknöpfen tasteten, den Kragen lockerten, die Krawatte entfernten.
Kühle Luft drang an seine Haut, als der Hemdstoff von seinem Unterhemd fortglitt und Olaf bewegte sich, unwillig aus dem Kokon des Schlafes, den er sich gesponnen hatte, heraus gezwungen zu werden.
Hände fühlten an seinem Gürtel, öffneten den Verschluss mit einem leisen Klicken, hielten nicht inne, als sie die Hose erreichten.
Olaf bewegte sich wieder, dieses Mal aufgrund des Blutes, das in seine Leistengegend strömte.
„Sch, schlaf weiter“, wisperte eine vertraute Stimme und Olaf gehorchte nur zu gerne. Erschöpfung und Alkohol übten ihre Wirkung auf ihn aus und so merkte er kaum, wie ihm auch seine Hose ausgezogen wurde, wie die Decken über ihn gebreitet und liebevoll glattgestrichen wurden.
Er sah nicht, dass seine Kleidung sorgfältig aufgehängt wurde, sah nicht, dass Christian das Hemd, das er getragen hatte in beide Hände nahm und es vor sein Gesicht hielt, wie er atmete und den Geruch nach Olafs Rasierwasser, seinen Duft mit geschlossenen Augen aufsaugte.
In tiefen, dunklen und erholsamen Schlaf fiel Olaf dankbar, glücklich, die Last des Tages für einige Stunden vergessen zu dürfen.
Doch die Stunden waren zu kurz, Olafs Schlaf wurde unterbrochen, noch bevor die frühesten Morgenstunden erreicht waren.
Olaf blinzelte in die Schwärze der Nacht, verwirrt für einen Augenblick. Seine Kehle fühlte sich ausgetrocknet an, sein Magen schmerzte und sein Kopf brummte.
Und doch war etwas anders, ein ungewohntes Detail passte nicht ins Bild.
Olaf hob eine schlaffe Hand und rieb sich erschöpft die schmerzende Stirn, bis ihm klar wurde, worin das Gefühl bestand, das ihn irritierte.
Er blinzelte wieder, versuchte sich zu orientieren. Weihnachten und er befand sich in seinem Elternhaus.
Und neben ihm lag eine weitere Person, in seinem Bett war er nicht der Einzige.
Olaf hob den Kopf, stöhnte und die Gestalt regte sich.
„Christian… Chris!“ Olaf wusste es sofort. Und er bemerkte in diesem Augenblick auch, dass er bis auf die Unterwäsche entkleidet war, ohne sich erinnern zu können, wie oder wann er dies fertiggebracht haben sollte.
Angst war das erste Gefühl, das Olaf einholte und er griff nach Christians Schulter, schüttelte diese leicht.
„Mm“, murrte der Jüngere und Olaf sah sich gezwungen vorerst die Information zu verarbeiten, dass auch Christian lediglich sein Unterhemd trug.
Er zuckte davor zurück, weitere Untersuchungen anzustellen, und doch wurde er sich gleichzeitig der Nähe Christians mit schockierender Intensität bewusst.
Zu nah, sie teilten eine Decke, ihre Körper befanden sich nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.
„Christian!“ Olafs Stimme wurde lauter, beinahe zu laut und er verstummte erschrocken.
„Was… was zum Teufel machst du hier?“
Widerstrebend bewegte Christian sich, streckte einen Arm über den Kopf und drehte sich zu ihm um. Olafs Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit, doch vielleicht war es auch nur die Vertrautheit ihrer Nähe, die ihn den Bruder so deutlich vor sich sehen ließ.
Er atmete den Duft Christians, fühlte seine schmalen Glieder neben ihm ruhen, entspannt und gefangen im unschuldigen Schlaf der Jugend.
„Christian!“ Olaf schüttelte ihn erneut, fühlte den Anflug von Panik.
Christian murrte, doch erwachte schließlich genügend, um zu antworten.
„Ich dachte, ich könnte dir Gesellschaft leisten.“ Seine Stimme klang schleppend und verschlafen, gewann jedoch an Substanz, als er fortfuhr. „Und ich wollte es nicht verpassen, wenn du morgen wieder abreist. Ich wollte dich noch einmal sehen… davor.“
„Chris, bist du verrückt?“, zischte Olaf, als sich seine Panik schlagartig in Ärger verwandelte. „Wenn dich jemand sieht.“
Christian brummte nur, besann sich dann allerdings doch, dass der Vorwurf
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