Ueber den Horizont hinaus - Band 1
wechselte sie das Thema.
„Übrigens – da ist noch etwas, das ich dir sagen müsste“, begann sie und nun war es Olaf, der sich zu ihr umdrehte.
Sie schüttelte den Kopf. „Nein – es ist nichts weiter.“ Ein Lächeln überzog ihr Gesicht. „Die Vernissage heute Abend war derart erfolgreich, dass wir bereits in Verhandlungen stehen mit San Francisco.“
Olaf hob die Augenbrauen. „Mit ganz San Francisco?“
Carola schubste ihn spielerisch. „Du weißt, was ich meine. Die einschlägigen Galerie-Vertreter zeigen immenses Interesse und lassen einiges dafür springen, wenn wir ihnen das Vorrecht einräumen.“
„Das bedeutet wohl…“ Olaf sah Carola auffordernd an, die neckisch mit den Augendeckeln klimperte.
„Du kennst mich“, flötete sie. „Stets zieht es mich in die Ferne.“
Olaf grinste anstelle einer Antwort und Carola zog die Augenbrauen zusammen.
„Das einzige Problem besteht darin“, sie legte eine bedeutungsschwangere Pause ein, „dass ich mir nicht sicher bin, ob ich dich mit deinem Bruder alleine lassen kann?“
Eiskalte Finger berührten Olafs Herz und er brachte alle Mühe auf, um die Kälte zu überspielen.
„Wieso… was meinst du?“, fragte er betont unschuldig, doch sie lachte nur.
„Nun, man hört so dies und das über die Streiche, die Brüder sich spielen und ich habe nicht vor aus San Francisco zurückzukehren und eine verkohlte Ruine vorzufinden.“
„Also hör mal!“ Olaf gab sich entrüstet, während Erleichterung den plötzlichen Schrecken vertrieb.
‚Schrecken vor was eigentlich‘, fragte er sich. ‚Vor Entdeckung?‘
„Ich verspreche hoch und heilig, dass wir jeden Stein auf dem anderen lassen werden“, verkündete er um abzulenken.
Carola lächelte. „Ich weiß, dass du brav bist. Aber hin und wieder erweisen sich gerade stille Wasser als besonders tief.“
„Na warte“, knurrte Olaf belustigt und schüttelte sein Kissen in ihre Richtung.
„Oh nein“, lachte sie. „Jetzt wird geschlafen. Morgen früh muss ich den ersten Flug bekommen, sonst schnappt uns doch noch jemand die Chance weg.“
Olaf knipste das Licht aus und legte sich seufzend zurück. Als ob er es gewagt hätte, Carola anzufassen, solange Christian nur wenige Zimmer weiter schlief.
Niemals.
*
Christian sah sich in der Küche um. „Ist Carola nicht da?“
Olaf schüttelte den Kopf und schenkte dem Bruder von seinem Kaffee ein. „Sie ist unterwegs. Genauer gesagt in San Francisco, um dort Galeristen zu treffen. Es kann ein paar Tage dauern.“
„Cool. Macht sie das öfter?“ Christian nahm die Tasse dankbar entgegen.
„Gehört zu ihrem Job“, antwortete Olaf und verzog das Gesicht, als ihm das heiße Getränk die Zunge verbrannte.
„Vorsicht – heiß!“, warnte er schnell, als Christian seine Tasse an die Lippen hob.
Gehorsam setzte diese sie ab und blickte zu Olaf auf.
Das frühe Licht des Morgens fiel schräg durch die Fensterscheibe, erhellte Christians Haut, vertiefte die Schatten unter seinen Augen und ließ sein ungekämmt wirkendes Haar glänzen.
‚Verdammt‘, dachte Olaf sich im Stillen, als er das Pochen seines Herzens in der Brust spürte, fühlte, wie sich dieses beschleunigte.
‚Das ist nur, weil Carola fort ist‘, redete er sich ein und wandte sich ab.
„Ich muss auch gleich gehen“, sagte er laut. „Ist das okay für dich?“
Er riskierte einen Blick von der Seite, blinzelte, als Christian sich an den Küchentisch lehnte und seine Arme verschränkte, so dass das weit aufgeknöpfte Hemd sich noch ein Stückchen weiter öffnete.
Die Haut darunter schimmerte glatt und weiß, wie Olaf es erwartete und es begann in seinem Magen zu kribbeln. Er schluckte trocken und bemühte sich, seinen Blick von Christians Schlüsselbein zu lösen, das delikat hervorstand.
„Klar“, sagte Christian schließlich und Olaf sah auf und bemerkte das kleine Lächeln, das um des Jüngeren Lippen spielte. Als wüsste dieser, dass Olaf sich gerade gefragt hatte, wie es sich wohl anfühlte, genau diese Stelle mit seiner Zunge zu kosten.
Er schluckte.
„Ich bin ein großer Junge“, fuhr Christian belustigt fort.
„Tja dann…“ Olaf wandte sich rasch ab, schaffte es nicht mehr, den amüsierten Blick des Jüngeren zu ertragen.
Unbedingt sollte er etwas gegen seine Paranoia unternehmen, gegen das Gefühl, dass jeder in der Lage wäre, in ihn hineinzusehen.
Ohne Christian anzublicken, deutete er an den Schlüsselbord neben der Tür. „Wenn du dich umsehen
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