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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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Jacke heraus. „Die wirst du brauchen“, meinte er nachdenklich und reichte sie ihm.
    Ferdinand strich über die weiche, warme Oberfläche. „Wohin gehen wir?“, flüsterte er, als Pascal sein Pferd wieder bestieg.
    „Dorthin, wo sie uns niemals finden werden“, antwortete der.
    Und Ferdinand glaubte ihm, als sie das Land durchquerten, dem Winter entgegen ritten.
    Er vertraute Pascal, als der ihn durch Wind und Kälte führte, als die Hufen ihrer Tiere über den von herabfallenden Blättern bedeckten Boden schritten.
    Und er war glücklich, als sie die weiten Schneeflächen erreichten, die einst fruchtbare Ödnis bedeckten und sich nun in endlosem Weiß ausdehnten, während sie darüber hinweg galoppierten, auf ein Ziel zu, das Ferdinand nicht kannte.
    Die Welt dehnte sich kalt und unwirtlich vor ihnen aus, zugleich war sie von klarer, heller Schönheit.
    Sie ritten lange und es wurde wieder Nacht, als Lichter begannen, den Himmel zu erleuchten, als Farben über die Schneedecken tanzten, die Dunkelheit zum Glühen brachten, bis Ferdinand innehielt und sich atemlos zu Pascal umdrehte.
    „Ist es das?“, fragte er und Pascal nickte nur. „Deine und meine Bestimmung“, sagte der und streckte eine kalte Hand aus, die Ferdinand dankbar ergriff.
    „Das Nordlicht“, fuhr er fort. „Es lockt und droht zu gleicher Zeit. Doch selbst, wenn es uns den Tod bringt, so sind wir wenigstens frei.“
    „Und zusammen“, ergänzte Ferdinand, während violette und grüne Wellen über den Himmel glitten. „Für immer.“
    Ende

Abstand
    Er hörte in den Nachrichten, was geschehen war. Nicht, dass er ernsthaft glaubte, Arthur habe nichts Besseres zu tun, als sich bei ihm zu melden und ihm sein Herz auszuschütten, gleich nachdem er das Polizeirevier verlassen hatte, doch tat es immer noch weh zu spüren, wie weit sie sich voneinander entfernten. Es kam ihm vor, als vergrößere sich der Abstand zwischen ihnen von Tag zu Tag, ohne dass er etwas dagegen tun konnte.
    Natürlich spielte es auch eine Rolle, dass sie nun nicht mehr zusammenarbeiteten, nicht mehr gezwungen waren, sich beinahe täglich zu sehen. Wobei dies nie ein Zwang gewesen, sondern immer den Höhepunkt des Tages dargestellt hatte, den einen Augenblick, dem Matthias erwartungsvoll entgegensah, auch wenn er nicht genau definieren konnte oder wollte, was er sich von ihm erwartete.
    Und nun war Arthur wegen Alkohols am Steuer verhaftet worden, und Matthias fühlte nichts als verletzten Stolz. Und das nur, weil Arthur sich nicht die Zeit genommen hatte, ihn persönlich zu informieren.
    Sie waren sich einmal so nahe gewesen, keine Stecknadel hatte sich zwischen sie drängen können. In schwachen Momenten wünschte Matthias sich diese Zeiten zurück.
    Er rieb sich die Stirn und presste dann seine Fäuste gegen die übermüdeten Augen.
    Es war das Letzte, was Matthias erwartet hatte, und mit Sicherheit das Letzte, was er sehen wollte, wenn er den Fernseher anschaltete. Sich nur vorzustellen, wie Arthur diese Nacht verbracht hatte, machte ihn krank.
Matthias griff zum Telefon, ließ dann seine Hand wieder sinken. Woher sollte er auch wissen, ob es Arthur recht war, wenn er ihn anrief? Vielleicht wollte er gerade jetzt niemanden um sich haben, oder – und viel wahrscheinlicher – er war gerade dabei, seinen Rausch auszuschlafen.
    Matthias ballte seine Hände zu Fäusten und presste sie dann gegen seine Augen. Er stützte die Ellbogen auf die Knie und krümmte sich vornüber.
    Doch das Bild wollte nicht vergehen. Die Aufnahme, die von Arthur auf dem Revier gemacht worden war und durch Umstände, die sich womöglich nie wieder nachverfolgen ließen, in die Presse geraten waren, hatte sich in seine Netzhaut eingebrannt.
    Sicherlich schenkte kaum jemand diesen Nachrichten aus der Sparte Prominenten-Klatsch allzu viel Aufmerksamkeit, aber Matthias kam es dennoch so vor, als habe jeder Kanal mit Wonne und in entsprechend genüsslicher Länge Arthurs Foto ausgestrahlt.
    Wie sah er auch aus? Wie hatte sich der doch gerade eben erst so attraktive Mann verwandelt?
    Seine Haut wirkte bleich und teigig und es war keineswegs die ungünstige Beleuchtung, die dafür verantwortlich zeigte.
    Das Schönste in Arthurs Gesicht, seine dunklen ausdrucksvollen Augen sahen nun blutunterlaufen und verquollen auf den Betrachter. Sie wurden kleiner je mehr sein Gesicht auseinanderging.
    Matthias hatte versucht, es zu leugnen. Aber die Wahrheit ließ sich nicht abstreiten. Arthur ließ sich

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